Es ist die absolute Horrorvorstellung: Eine Mama ist mit ihrem Kind unterwegs, sie ist nur einen einzigen Augenblick lang unaufmerksam (und, ja – das passiert jeder Mutter!) und als sie wieder die Hand ihres kleinen Schatzes nehmen möchte, greift sie ins Leere. Sie sieht ihr Kind nicht mehr neben sich. Und auch nicht ein paar Meter entfernt. Ihr Kind ist weg. Irgendwo hin verschwunden, vielleicht sogar noch verschluckt von Menschenmassen.
Ui, sogar beim Schreiben bekomme ich Gänsehaut. Was für eine Urangst aller Eltern.
Und vor allem – was macht man denn in so einer Situation am besten? Wo fängt man an zu suchen, wen spricht man an…
Ein wunderbares, wirkungsvolles Vorgehen hat der Autor des englischen Blogs Olivers Outing beschrieben – aus eigener Erfahrung.
Vor einigen Jahren war seine ganze Familie, inklusive Olivers vierjährigem Neffen Jake, auf einer großen Strandveranstaltung in Bournemouth, einem Badeort im Süden Englands. Es war, wie bei solchen Veranstaltungen üblich, wahnsinnig voll. Jakes Mutter Lucinda hielt die Hand ihres schüchternen Sohnes ganz fest.
Als sie kurz stehenblieben, ließ sie kurz Jakes Hand los, um etwas aufzuheben. Als sie sich danach umschaute, um ihren Sohn wieder an ihre schützende Hand zu nehmen – war er verschwunden.
Sie zwang sich zur Ruhe, begann, Jake zu suchen und dabei seinen Namen zu rufen.
Schnell traf sie dabei auf einen Soldaten, der Dienst auf dem Fest hatte und bat ihn um Hilfe. Er ließ sich den Jungen beschreiben und fing dann an, Lucinda tatkräftig bei ihre Suche zu unterstützen.
Er rief dabei ständig sehr laut: „Wir suchen einen kleinen Jungen. Er ist vier Jahre alt, blond und hat ein rotes T-Shirt an! Haben Sie ihn gesehen?“
Immer mehr Menschen schlossen sich dem Suchtrupp an, Kollegen des Soldaten und auch Fremde. Und ermutigt von dem tollen Helfer, wiederholten sie dabei kontinuierlich und laut seine Worte.
Genau das führte zum Erfolg – und wahrscheinlich auch zu Jakes Rettung.
Denn 15 Minuten später wurde der kleine Junge ein Stück weiter am Strand gefunden. Wie sich dann herausstellte, war er nicht „einfach nur“ weggelaufen. Jake erzählte seiner Mama, dass ihm ein Mann mit Glatze in einem weißen T-Shirt zu einem echten Raketenschiff bringen wollte. Eine echte Verlockung für einen neugierigen Vierjährigen, der nichts Böses auf der Welt kennt.
Der zweite Schockmoment für Lucinda an diesem Tag. Die Polizei gab im Nachhinein an, dass es sich hierbei tatsächlich um eine ungeplante Entführung handeln könnte. Der Mann sah Jake auf dem Fest und versuchte es spontan.
Und hier wird der große Vorteil des Vorgehens deutlich: Weil Jakes Beschreibung und Situation so laut herausgerufen wurde, wussten schnell viele Leute am Strand Bescheid und waren alarmiert. Der Mann konnte die Gegend mit Jake nicht mehr so einfach und unbeachtet verlassen. Also änderte er seine Pläne, ließ Jake stehen und ging schnell alleine weg.
Mögen wir nie in so eine Situation kommen. Aber wenn unser Kind einmal verschwunden ist, denken wir doch an den kleine Jake und…
…schreien, was das Zeug hält! Alter, Haarfarbe, Kleidung, besondere Merkmale.. Alles, was uns einfällt und woran Fremde unser Kind erkennen könnten.
Und wer – wie ich – eher zögerlich damit ist, sich in den Mittelpunkt zu stellen und alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sollte immer daran denken: Ist doch wurscht, wenns vielleicht ein bisschen peinlich ist.
Hauptsache, wir halten unser Kind ganz schnell wieder in den Armen.
Aber was können wir noch tun, wenn wir unser Kind auf einmal verschwunden ist?
Wie sich auch in Jakes Fall gezeigt hat, ist es hilfreich, eine Menge Helfer zu mobilisieren. In geschlossenen Räumen, z. B. im Warenhaus, sollten wir zuerst die Ausgänge, Aufzüge, Rolltreppen etc. absuchen. Und es kann helfen, sich in die Rolle des Kindes zu versetzen: Was in der direkten Umgebung interessiert es besonders, wo würden wir an seiner Stelle hinlaufen?
Und, auch gut zu wissen: Findet man das Kind einige Zeit lang nicht, kann und sollte man die Polizei rufen. Denn bei verschwundenen Kindern schreiten die Beamten sofort ein, sie können auch noch vor Ort helfen.
Der letzte Tipp ist sicher einer der wichtigsten. Und der, der am einfachsten klingt – aber am schwersten sein wird: Möglichst die Ruhe bewahren.