Meine kleine Große,
ich liebe es, deine Mama zu sein.
Ich habe es vom ersten Augenblick an geliebt. Du warst so klein, so zart, so schutzlos und ich wusste sofort, dass es meine Lebens- und Lieblingsaufgabe ist, dich zu beschützen und dir einen guten Start in dein Leben zu ermöglichen. Dich an der Hand zu halten, solange du das möchtest und dich loszulassen, wenn du soweit bist.
Es ging so schnell, dass du so groß geworden bist! Gestern warst du noch mein Baby, die stets fröhliche Einjährige, die neugierige Zweijährige – und jetzt bist du schon vier!
Unsere Tage sind nicht mehr immer nur einfach. Manchmal hast du eine Riesen-Wut im Bauch, manchmal schimpfe ich zu viel. Manchmal willst du so viel mehr schaffen, als du es schon kannst, manchmal erwarte ich so viel mehr von dir, als du es schon kannst.
Ja, wir reiben uns aneinander, wir motzen, toben und schmollen – und wir vertragen uns immer und immer wieder, spätestens vorm Zubettgehen.
Wir kuscheln, lachen miteinander und erzählen uns von unserem Tag – und dann passiert wieder etwas, manchmal weiß man gar nicht was, und ein neuer Streit bahnt sich seinen Weg.
Und dann gibt es all diese kleinen, magischen Momente, in denen du mich so sehr verblüffst. Die ich festhalten möchte, allen erzählen, mit stolzgeschwellter Brust und in denen ich dich vor lauter Liebe so fest drücken könnte, dass dir wahrscheinlich die Luft wegbleiben würde.
Da war beispielsweise der Morgen, an dem du auf einer Geburtstagskarte „unterschreiben“ solltest. Bisher bedeutete das, dass du ein wildes Bildchen auf die Karte gemalt hast, das alle anderen Unterschriften und den Grußtext halb verdeckt hat. Aber am jenem Morgen gabst du mir die Karte zurück und als ich sie anschaute, traute ich meinen Augen nicht: Du hattest deinen Namen geschrieben! Ich hab dich gefragt, seit wann du das denn kannst. Deine lässige Antwort: „Schon länger.“ Dein Tonfall macht unmissverständlich klar: Damit war das Thema für dich beendet. Für mich aber nicht, ich war stolz wie Bolle.
Oder vor Kurzem: Seit Monaten kletterst du irgendwann nachts in Papas und mein Bett. Das ist völlig in Ordnung. Das einzige Problem dabei ist, dass das Bett nicht allzu breit ist und deine Eltern somit irgendwann damit angefangen haben, abwechselnd auf der Couch zu schlafen, damit wir drei in Ruhe schlafen können. Als ich dich neulich (total raffiniert!) gefragt habe, ob es nicht viel „cooler“ wäre, wenn du auf einer Matratze neben unserem Bett „campieren“ würdest, meintest du nur: „Ja, klar! Und dann können Papa und du auch mal wieder kuscheln, ne.“
Und gestern, mein absoluter Höhepunkt. Als ich dich von der KiTa abgeholte, bekamst du den ersten Wutanfall, der sich den ganzen zehnminütigen Fußweg bis in unseren Wohnungsflur hinzog. Kurz darauf, auf dem Balkon, konntest du gar nicht aufhören zu schreien, mir war fast ein bisschen bange, weil du so gefangen warst in deinem Zorn. In einer kurzen Pause hast du mich dann angeschaut und gesagt: ,Mama, ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe heute etwas in einem Körper, dass ich so wütend bin und nicht aufhören kann zu schreien und zu motzen.“ Ich habe dich gefragt, ob ich dir helfen kann oder dich in Ruhe lassen soll. Deine Antwort: ,Einfach ausmotzen lassen.` Und so habe ich still meine Melone gegessen und dich weiterschreien lassen. Dann war alles gut und wir hielten uns in den Armen.
Diese Situationen zeigen mir: Du bist schon so groß – und doch so noch klein. Du lernst gerade die ganze Palette an Gefühlen kennen, bist davon überwältigt und versuchst, sie einzuordnen. Und du machst das alles so wunderbar. Du lernst Zusammenhänge kennen und saugt alles auf, was es zum lernen gibt.
Du überrascht mich immer wieder und es sind diese Momente, die mir unvergesslich sind.
Bleib genau so, wie du bist. Weise, toll, umwerfend, wunderbar!
Ich hab dich lieb und das für immer.
Deine Mama