Die erste Zeit mit seinem neugeborenen Baby stellt man sich wundervoll und kuschelig vor. Manchmal denkt sich das Schicksal aber auch etwas anderes aus – und lässt eine kleine Familie gleich beweisen, dass sie aus echten Kämpfern besteht.
So geht es auch Mama Samantha aus Leipzig. In der 18. Schwangerschaftswoche erfuhren ihr Mann Philipp und sie, dass sie einen Jungen bekommen werden. Und: Dass dieser an einer Aortenklappenstenose, eine Verengung der Aortenklappe am Herzen, leidet.
Nach dieser Diagnose wurde das Herz des Kleinen alle vier Wochen kontrolliert.
Lange sah es so aus, als ob alles gut verlaufen würde –„aber in der 28. Woche haben wir sozusagen ein Todesurteil bekommen“, erzählt Samantha. Die linke Herzklappe des Embryos hatte sich entzündet und war stark aufgebläht.
Die Ärzte zählten den Eltern alle Optionen auf, die sie nun hatten. Keine davon war sehr ermutigend, es drohten viele Risiken, Folgeschäden und eine geringe Lebenserwartung. Und auch das Thema Abtreibung stand im Raum.
Die Eltern wollten sich damit nicht abfinden und recherchierten nach weiteren Möglichkeiten.
Dabei stießen sie auf die Möglichkeit, pränatale Operationen durch die Fruchtblase durchzuführen. Durchgeführt werden diese beispielsweise durch Prof. Dr. Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie & minimal-invasive Therapie (DZFT) in Mannheim, einer von drei deutschen Standorten, die diese OPs durchführen können. Samantha: „Ich setzte alle Hoffnung in diesen Arzt. Und tatsächlich kam unser Baby in Frage.“ Das ist nicht selbstverständlich, denn viele Fälle kommen für die Operation im Mutterlieb gar nicht in Frage. Der Eingriff bei Samanthas Sohn ist daher erst der siebte dieser Art innerhalb von zwei Jahren.
Die Sterberate bei solchen Eingriffen liegt bei 20 Prozent. Aber der kleine Sohn von Samantha und Philip schaffte es! Und der Eingriff klappte so, wie Prof. Dr. Kohl es geplant hatte. „Ich weiß noch, wie ich im Aufwachraum lag und meinen Mann anrief und wir beide vor Glück weinten“, erinnert sich Samantha. Sie fühlt sich in guten Händen, und auch heute telefoniert Prof. Dr. Kohl mehrmals wöchentlich mit den Eltern, um sich nach seinem kleinen Patienten zu erkundigen.
Zur weiteren Versorgung ihres ungeborenen Babys wurde Samantha zum emeritierten Kinderkardiologen Prof. Dr. Dietmar Schranz in Frankfurt/Main geschickt.
Dort kommt der kleine Raphael am 11. November zur Welt, viel zu früh.
Seitdem liegt er auf der Intensivstation des Klinikums und wird liebevoll umsorgt. Und gerettet: Denn Anfang Dezember ist Raphaels linke Herzkammer auf einmal nicht mehr in der Lage, seinen Kreislauf mit Blut zu versorgen, beinahe stirbt der kleine Junge.
Aber Dr. Schranz rettet durch eine seltene Operation sein Leben – diese wurde weltweit bisher nur neun Mal durchgeführt!
„In meinen Augen ist er ein Gott“, sagt Samantha über den Kardiologen. Und er ist wahnsinnig fürsorglich: „Wenn er mit mir spricht, um sich nach Raphael zu erkundigen, fragt er immer: ,Na wie geht es unserem Kind?`“, lächelt Samantha.
Raphaels Aufenthalt im Frankfurter Klinikum ist für die Eltern, die ihren Lebensmittelpunkt in Leipzig haben, nicht nur emotional eine unglaubliche Belastung. Seit seiner Geburt pendeln sie ständig abwechselnd zwischen Leipzig und Frankfurt, um bei ihrem Sohn zu sein. Der andere bleibt jeweils bei der dreijährigen Tochter in Leipzig. Bislang haben sie rund 4.500 Euro für Fahrten und Übernachtungen in Mannheim und Frankfurt ausgegeben. Und die Corona-Pandemie macht die Besuche natürlich noch stressiger.
Ein weiterer großer Schock kam vor wenigen Tagen:
Samantha und ihr Mann wurden darüber informiert, dass sie Erstkontakt mit einem Corona-Infizierten hatten. Ihre kleine Tochter hat sich in der Kita angesteckt. Zu diesem Zeitpunkt war Samantha in Frankfurt bei Raphael. Philipp war zu Hause und muss in Quarantäne. Er wird Raphael frühestens am 27. Dezember wieder besuchen können. Daher wohnt Samantha aktuell in einem Hotel im Frankfurt und darf Raphael ebenfalls nicht sehen. Sie wird von der Klinik ständig auf Corona getestet, denn auch sie hätte sich anstecken können. Falls die Tests nun innerhalb der nächsten zehn Tage weiterhin negativ ausfallen, darf sie einen Tag vor Heiligabend wieder zu Raphael und wird mit ihm dort ein kleines Weihnachten feiern können.
Raphael wurde zur Sicherheit auf ein gesondertes Zimmer verlegt und wird 1.1 von einer Schwester betreut. Das gibt Samantha ein gutes Gefühl, denn die Tage allein im Hotel scheinen mit den ganzen Sorgennatürlich unendlich lang. Dazu kommt, dass ihre Tochter sie vermisst. „Aber sie versteht es“, sagt Samatha, die bis zu sechs Mal täglich mit ihren Lieben zu Hause telefoniert.
Wenn alles gut läuft, darf Raphael im Januar endlich nach Hause.
„Wir haben als Familie entschieden, dass Weihnachten bei uns einfach im Januar stattfindet. Wenn wir alle zu Hause sind, hoffentlich gesund und munter. Uns wurde erst so richtig klar, dass dieses Fest nur die Menschen bestimmen, die man liebt. Und da ich meinen Mann und eventuell auch meine Tochter dieses Jahr nicht mehr sehen werde, startet 2021 für uns mit einem unvergesslichen Weihnachtsfest. Mit beiden Kindern unterm Weihnachtsbaum.“
Wir wünschen dieser tollen Familie, dass ihre Weihnachtspläne in Erfüllung gehen – und natürlich auch darüber hinaus alles, alles Liebe!
Wer ihre Reise verfolgen möchte, kann dies auf Samanthas Instagram-Kanal journeyofsomeone tun.