Vierjährige Kinder sind einfach faszinierend. Sie haben so viel Phantasie und folgen einer ganz eigenen Logik, die uns Erwachsenen ein einziges Mysterium ist. Wie gern würde ich mal einen Blick in die Gedanken meiner Tochter werfen. Was mir da wohl alles begegnen würde…
Versuchen wir es doch einfach mal mit ihren Gedanken an einem ganz normalen Samstag:
6:00 Uhr – „Hm, ich bin wach. Mama hat mich noch gar nicht geweckt. Es muss Wochenende sein… Oder sind Mama und Papa ohne mich weggegangen? Jetzt kann ich nicht mehr schlafen. Ich gehe besser mal gucken, ob Mama und Papa noch da sind.“
6:05 Uhr – „Schön kuschelig hier bei Mama im Bett. Ich bin so froh, dass sie nicht weggegangen ist. Ist sie schon wieder eingeschlafen? Ich fasse sie mal vorsichtig an. Mama? Schläfst du?“
6:10 Uhr – „Wieso will Mama immer so lange schlafen? Es ist doch schon hell draußen. Mir ist langweilig. Ich glaub ich muss Pipi. Ich geh mal auf’s Klo.“
6:13 Uhr – „Jetzt hab ich kalte Füße. Aber Mama ist so warm, die wärmt sie mir wieder auf. Ich kuschel mich ganz nah ran. Oh, jetzt ist sie auch wach. Dann können wir ja jetzt endlich aufstehen. Es ist ja auch schon hell draußen. Vielleicht hat sie das noch gar nicht bemerkt? Ich sag es ihr lieber nochmal.“
6:20 Uhr – „Immer sagt Mama, sie will noch 5 Minuten liegen bleiben. Ich hab aber so einen Hunger. Und mir ist so langweilig. Ich frag Mama mal, ob wir jetzt Frühstück machen.“
6:30 Uhr – „Mmm, Kakao. Aber die Tasse schaffe ich nicht ganz. Ich bin schon soooo satt. Mein Bauch ist ganz voll. Gleich sagt Mama wieder, ich soll wenigstens noch ein halbes Butterbrot essen. Aber ich bin so satt vom Kakao. Mir ist schon ganz schlecht vor lauter Sattheit. Ich zerbrösel das Butterbot einfach so lange, bis Mama sagt, ich soll aufhören und mir den Teller wegnimmt. Das hat gestern beim Abendbrot auch gut geklappt.“
6:35 Uhr – „Wieso braucht Mama immer so lange, bis sie ihren Kaffee leer hat? Mir ist langweilig. Sie soll endlich mit mir spielen, aber sie will gleich noch einen zweiten Kaffee trinken. Dann will ich eben fernsehen! Was? Ich soll lieber was spielen gehen? Bitte, Mama, fernsehen! Bitte, bitte, bitte!“
6:45 Uhr – „Jetzt spiele ich schon sooo lange in meinem Zimmer. Bestimmt schon eine Stunde. Das ist so langweilig. Oh, ich verkleide mich mal.“
6:50 Uhr – „Jetzt bin ich eine Prinzessin. Ich brauche jemanden, der meine Schleppe trägt. Ich frage mal Mama. Sie ist im Esszimmer, da muss ich laut rufen. Ich kann ja nicht rübergehen mit der Schleppe ohne Schleppenträgerin. MAMAAAAA!!!! TRÄGST DU MEINE SCHLEPPEEEE??? … Oh Mann, immer sagt sie, ich soll leise sein, weil Papa noch schläft. Dabei ist es doch schon mitten am Tag!“
…
10:10 Uhr – „Jetzt ist Mama endlich aus dem Bad gekommen. Jetzt hat sie bestimmt Zeit, mit mir zu spielen. Was? Sie packt die Einkaufskiste und den Wasserkasten. Ich glaube, sie will einkaufen. Hä, sie hat mich gar nicht gefragt, ob ich mit will. Hoffentlich sagt sie nicht, dass sie allein fahren will. Ich will nicht, dass sie ohne mich geht! Ich kann das nicht aushalten.
Jetzt hat sie es gesagt. Sie will schnell allein fahren. Schnell. Das dauert aber immer soooo lange, bis sie wieder da ist. Ich will das nicht. Jetzt muss ich weinen. Mama! Maaamaaaaa! Lass mich nicht allein! Ich will mit! Ich will immer bei dir sein! Mamaaaaa! Mamaaaa!
Was hat sie gesagt? Ich darf mit? Ich darf mit, wenn ich mich gut benehme und kein Drama im Supermarkt mache. Ich verspreche es. Ich verspreche es!“
10:35 Uhr – „Oh, da! Elsa und Anna! Das muss ich haben, da sind Elsa und Anna drauf! Was ist das eigentlich? Egal, ich will es unbedingt haben. Aber ich habe versprochen, dass ich kein… was…? Elsa und Anna! Ich LIEBE Elsa und Anna.
Gleich fährt Mama mit dem Einkaufswagen dran vorbei. Mama! Mamaaaa! Ich will das haben! Immer sagst du nein. Aber ich liebe doch Elsa und Anna! Jetzt bin ich wieder so traurig. Ich muss weinen. Mamaaa, bitte kauf mir das mit Elsa und Anna drauf!“
…
14:30 Uhr – „Mama ist jetzt wieder lieb zu mir. Nach dem Einkaufen war sie schrecklich wütend, weil ich aus Versehen doch ein Drama gemacht habe. Sie hat gesagt, sie nimmt mich nie wieder mit. Aber jetzt ist sie wieder fröhlich, weil ich ihr ein schönes Bild gemalt habe. Mit einem Herz drauf. Ich habe Mama so lieb.“
15:00 Uhr – „Papa will mit mir eine kleine Fahrradtour machen. Kommt Mama nicht mit? Was? Mama will sich solange kurz hinlegen? Ich will mich auch hinlegen. Ich bin plötzlich ganz müde. Sooo müde. Ah, gut, Mama nimmt mich mit in ihr Bett.
Ah, das ist schön. Mama sagt, ich soll leise sein und schlafen. Aber ich schaue sie lieber an. Schläft sie schon? Ich kann gar nicht schlafen. Ich hab Langeweile. Ich hole mal meine Puppen.
Mama sagt, wenn ich nicht schlafen kann, soll ich mit Papa eine Radtour machen. Aber dann will ich die Puppen mitnehmen. Papa sagt, das geht nicht. Dann will ich lieber zuhause bleiben und mit den Puppen spielen. Aber allein ist das langweilig.
Hat Mama schon genug geschlafen? Ich gehe mal ganz leise gucken…“
…
19:50 Uhr – „Mama sagt schon wieder, es ist höchste Zeit fürs Bett. Das sagt sie jeden Abend. Dabei bin ich überhaupt nicht müde! Ich soll trotzdem ins Bett. Aber dann will ich noch eine Geschichte. Was, so eine kurze Geschichte? Ich will noch eine.
Was, auch schon vorbei? Noch eine, noch eine! Hoffentlich liest Mama noch eine. Nur eine ganz kurze. Gaaaanz kurz. Nein, Mama macht das Licht aus. Oh nein! Ich kann gar nicht schlafen… Ich will noch bei Mama und Papa bleiben.
Was machen die immer abends ohne mich? Ich weine mal ganz laut, vielleicht kommt Mama dann zurück.“
20:05 Uhr – „Ich hab so einen Durst. Ich verdurste gleich. Mein Hals ist ganz trocken. Ich gehe mal ins Wohnzimmer und sage Bescheid, dass ich noch was trinken will.“
20:15 Uhr – „Jetzt muss ich Pipi. Eigentlich kann ich das schon alles alleine, aber ich sag Mama und Papa besser mal Bescheid. Oh sie, schauen fernsehen. Was schauen sie denn da? Ich will auch fernsehen! Nur eine Minute. Bitte, bitte, bitte, bitte!“
20:25 Uhr – „Was, wenn gleich ein Monster in mein Zimmer kommt!? Ich geh mal zu Mama und Papa und frage sie, ob sie aufpassen, dass auch kein Monster in mein Zimmer kommt.“
20:35 Uhr – „Es kommt kein Monster. Mama und Papa passen wirklich gut auf. Aber ich kann immer noch nicht schlafen. Ich bin gar nicht müde. Gar nicht! Nicht müde. Nicht mü… mü… mmmmm…“
Soooo viele Gedanken, die man sich den lieben langen Tag lang machen muss… Vierjährige sind auch wirklich nicht zu beneiden!