„Endometriose nahm mir die Schwangerschaft – das Gesetz die Mutterschaft.“

Katharina und Sabrina wollten gemeinsam Eltern werden – Katharina wünscht sich sehnlich, schwanger zu werden. Doch dann wird bei ihr Endometriose diagnostiziert und Sabrina trägt das gemeinsame Kind aus. Katharina, die sich sehr gewünscht hat, ein Kind zur Welt zu bringen, hat auf dem Papier keinerlei Rechte, wie sie uns in ihrer echten Geschichte schildert. Denn das Abstammungsrecht sieht nicht vor, dass zwei Mütter ins Geburtenregister eingetragen werden. 

„Wir sind zwei Mamas einer acht Monate alten Tochter. Unsere Kinderwunschreise verlief ganz anders als geplant. Eigentlich war es mein großer Wunsch, schwanger zu werden – ich, Katha, hatte mir das sehr gewünscht. Wir haben zunächst versucht, mit unserem privaten Samenspender und der Bechermethode schwanger zu werden.

Doch leider blieb der Erfolg aus.

Schließlich wurde bei mir Endometriose diagnostiziert, wodurch eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nahezu ausgeschlossen ist – es sei denn, ich würde mich weiteren Operationen unterziehen. Da ich bereits 41 Jahre alt bin, kamen für mich eine solche Behandlung und anschließende Versuche eher nicht mehr infrage. Mein Gynäkologe sprach sogar von einer Gebärmutterentfernung als angemessener Therapieoption.

Sabrina (links) und Katharina.

Sabrina (links) und Katharina. Foto: two.moms.one.journey

Eine Kinderwunschbehandlung kam für uns nicht infrage – nicht nur wegen meiner geringen Erfolgschancen ohne vorherige Operation, sondern auch, weil es uns wichtig war, unseren Spender gut kennenzulernen und unserem Kind später die Möglichkeit zu geben, ihn selbst kennenzulernen. Außerdem fühlte es sich für uns nicht richtig an, dass Embryonen möglicherweise eingefroren oder später vernichtet werden. Eine Embryonenspende an andere Frauen wäre für uns eine schöne Vorstellung gewesen, ist in Deutschland jedoch nicht erlaubt.

Unsere Geschichte nahm dann eine völlig unerwartete Wendung.

Meine Frau, die sich eigentlich nie vorstellen konnte, selbst schwanger zu werden, entschloss sich aus Liebe zu unserem gemeinsamen Wunsch, es ebenfalls zu versuchen – und wurde sofort schwanger. Schon im Vorfeld hatten wir darüber gesprochen, ob eventuell Sabrina das zweite Kind bekommen könnte. Doch sie war sich unsicher – eine Schwangerschaft war für sie nie ein Wunsch. Da aber klar war, dass ich das erste Kind bekommen sollte, war dieses Thema zunächst nicht weiter aktuell.

Als sich dann zeigte, dass es bei mir schwierig werden würde, geschah etwas Unerwartetes: Obwohl Sabrina ihre Periode lange Zeit nicht hatte, bekamen wir plötzlich beide gleichzeitig unsere fruchtbaren Tage. Für uns war das ein Zeichen des Schicksals. Wir entschieden gemeinsam, dass wir es beide versuchen würden. Sabrina wurde sofort schwanger – während es bei mir erneut nicht klappte.

Wir freuten uns, gleichzeitig war es aber auch nicht einfach.

Sabrina fühlte sich in der Schwangerschaft sehr unwohl und erlebte viel Ablehnung. Ich wiederum war fast neidisch, dass sie all das erleben durfte, was mir verwehrt blieb. Sabrina konnte es kaum glauben, dass es tatsächlich funktioniert hatte. Wir waren überwältigt vor Glück – aber sie hatte auch große Angst: vor der Schwangerschaft, vor der Geburt. Aufgrund einer Blutungsneigung war klar, dass ein Kaiserschnitt notwendig sein würde.

Sie hatte große Angst vor dem Eingriff und den damit verbundenen körperlichen Folgen. Schon früh litt sie unter starker Übelkeit und musste später wegen Ringelröteln ins Krankenhaus.

Diese Zeit war schwer – wir hatten große Angst um sie und das Baby.

Mit wachsendem Bauch und Brüsten wurde Sabrina häufig angestarrt, wenn wir unterwegs waren – oft fühlte es sich an wie ein Spießrutenlauf. In den sozialen Medien wurde gefragt, warum ‚der Mann‘ das Kind bekomme, es sei ‚eklig‘, dass ‚ein Mann schwanger‘ sei. Auch körperlich fiel ihr vieles schwer: die zunehmende Unbeweglichkeit, die Veränderungen ihres Körpers.

Aber sie hat auch gestrahlt – und für mich wurde sie in dieser Zeit immer schöner. Gleichzeitig tat sie sich schwer mit dieser so intensiven Weiblichkeit – besonders durch die vielen Reaktionen von außen.

Mich persönlich haben vor allem die Reaktionen im Freundes- und Familienkreis getroffen.

Viele waren davon ausgegangen, dass ich das Kind bekomme – das tat weh. Wir bekamen insgesamt viele verletzende Kommentare – in den sozialen Medien, aber auch im echten Leben. Gegen mich richteten sich etwa Sätze wie: ‚Die war sich zu fein, sich ihre Figur zu ruinieren‘, oder: ‚Warum bekommst du es nicht? Bekommst du dann wenigstens das nächste?‘

Auch Bemerkungen wie: ‚Oh je, hoffentlich wird es ein Mädchen‘ oder Fragen nach dem ‚Papa‘ unseres Kindes haben uns verletzt.

Zum Glück gab es auch viele wunderschöne Momente in der Schwangerschaft.

Besonders emotional war der Moment, als wir das kleine Herz auf dem Ultraschall gesehen haben – da mussten wir beide weinen. Und natürlich die Geburt. Die war einfach überwältigend.

Endlich eine Familie.

Endlich eine Familie. Foto: two.moms.one.journey

Nach der Geburt hat Sabrina ihr Studium fortgesetzt und war unter der Woche nicht bei uns. Ich war also alleine mit unserer Tochter – obwohl ich rechtlich gar nicht sorgeberechtigt war. Dennoch war ich ihre Hauptbezugsperson.

Das Adoptionsverfahren läuft noch.

Ich bin noch immer rechtlich ‚nichts‘ für unsere Tochter. Es war schwierig für mich, denn offiziell durfte ich nicht einmal mit ihr zum Impfen gehen. Zum Glück haben wir uns da gut arrangiert. Und doch fühlte es sich ungerecht an. Ich habe mich Tag und Nacht um sie gekümmert, mein ganzes Leben nach ihr ausgerichtet – und wusste gleichzeitig: Sollte etwas mit Sabrina passieren oder wir uns trennen, hätte ich keine Handhabe. Diese Vorstellung hat mir große Angst gemacht – und mich verletzt.

Zum Glück gab es nur wenige Situationen, in denen das konkret auffiel – weil ich meist ganz selbstverständlich überall als zweite Mama auftrat. Aber ich darf nicht zu viel darüber nachdenken – sonst werde ich traurig und wütend. Der ganze Papierkram fürs Jugendamt war sehr belastend – vor allem, wenn man die Gedanken an sich heranlässt.

Sabrina hat mir nie das Gefühl gegeben, dass ich weniger Rechte hätte.

Katharina und ihre kleine Tochter.

Katharina und ihre kleine Tochter. Foto: two.moms.one.journey

Sie hat sich auf mein Urteil verlassen, weil ich unsere Tochter am besten kannte. Für sie war ich von Anfang an die Mami – und dieses Gefühl hat sie mir auch in Auseinandersetzungen nie genommen. Aber meine Ängste und Gefühle im Zusammenhang mit der Adoption konnte sie nicht wirklich nachvollziehen. Die Unterlagen habe ich allein ausgefüllt – sie war durch ihre Prüfungen sehr eingespannt. Es war nicht böse gemeint, sie konnte einfach nicht nachempfinden, wie sehr mich das belastet hat.

Wie es mir inzwischen damit geht, dass ich unsere Tochter nicht selbst austragen konnte? Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir egal ist. Für mich ist eine Schwangerschaft etwas Wunderbares – und was der Körper dabei leistet, ist zutiefst bewundernswert. Ich habe viel geweint, an mir gezweifelt und mich minderwertig gefühlt, weil ich keine Schwangerschaft austragen konnte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen meiner Frau gegenüber – weil sie es auf sich genommen hat, was ich ihr nicht geben konnte.

Wir wünschen uns ein zweites Kind und machen uns gerade wieder auf den Weg.

Kürzlich hatte Sabrina einen positiven Frühtest – doch dann kam leider doch die Periode. Ich kenne das – mir ist es während unserer Versuche zwei Mal genauso ergangen. Wir waren sehr traurig, denn unser Wunsch nach einem zweiten Kind ist groß. Bald werden wir einen weiteren Versuch mit unserem Spender starten.

Mittlerweile kann ich mit dem Gedanken besser umgehen, dass ich wahrscheinlich nie selbst ein Kind austragen werde. Ich akzeptiere, dass es – aus welchen Gründen auch immer – für mich offenbar nicht vorgesehen ist. Ich liebe unsere Tochter bedingungslos und denke keine Sekunde, dass sie nicht meine Tochter wäre. Ich glaube, dass es auch ein großes Geschenk ist, so tief lieben zu können.

Dafür bin ich unendlich dankbar – dass mein Herz keinen Unterschied macht.

Katharina, Sabrina und ihre Tochter.

Katharina, Sabrina und ihre Tochter. Foto: two.moms.one.journey


Liebe Katharina, liebe Sabrina, vielen Dank, dass wir eure berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen euch alles Liebe für die Zukunft! Wenn ihr wissen möchtet, wie es für die beiden weitergeht, schaut gerne bei ihrem Instagram-Account vorbei: two.moms.one.journey

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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