Elise: „Meine 10-Jährige wurde Opfer von Cybergrooming“

„Ich hab so sehr mit mir gekämpft, ob ich das überhaupt schreiben soll. Aber ich denke, das was ich zu sagen habe, kann die eine oder andere Mama aufmerksam machen. Ich kann leider noch nicht alles erzählen, denn die Ermittlungen der Kriminalpolizei laufen noch. Aber ich möchte andere Eltern informieren!

Wir wissen eigentlich genau, wie Pädophile im Internet vorgehen.

Sie schleichen sich in Online-Spiele mit Chats rein und tun so, als ob sie selbst Kinder oder Teenies sind. Sie nutzen Komplimente und schöne Gespräche, um Vertrauen zu gewinnen. Das alles weiß ich und ich sensibilisiere mein Kind für dieses Thema. Mein Kind besitzt ein eigenes Handy mit Kindersicherung, App-Begrenzung und Zeitlimit.

Über eine Elternkontroll-App kann ich genau bestimmen, was sie darf und was nicht. Das Handy wird regelmäßig kontrolliert und es sind nur Onlinespiele ohne Chats erlaubt. Wir haben Regeln für die Nutzung und mein Kind wurde zuletzt noch eine Woche vor dem Vorfall aufgeklärt.

Nichtsdestotrotz hat mein Kind alle Anzeichen ignoriert. Aus Neugier und weil diese Personen sie manipuliert hat.

Und: Was bringt meine Kontrolle bzw. Regeln, wenn die Schule versagt? Wenn die Kinder mit Ipads Kontakte über Online-Chat knüpfen, ohne dass ich als Elternteil davon weiß? Wenn die Kinder während des Unterrichts unbeaufsichtigt online surfen können? Bei uns ist es leider so gewesen. Und meine Zehnjährige wurde zum Opfer.

Mein Kind besucht die 5. Klasse. Die Kinder haben keine eigenes Ipad, aber ab und zu dürfen sie die Schul-Tablets benutzen. Laut Schule gibt es eine Kindersicherung, allerdings ist die Online-Plattform „Poki.com“ für Kinder geeignet, wenn man die Altersbeschränkung beachtet. Dort gibt’s mehrere Spiele und für die Anmeldung reicht ein Code per SMS. Über Einladungen können auch „private Lobbys“ zum Chatten erstellt werden.

Meine Tochter hat also eine Privatnachricht bekommen mit Handynummer und sie sollte sich dann bei „ihm“ melden.

Er erzählte er sei 13 Jahre alt. Relativ schnell hat der dann Fragen gestellt, wie wie heißt du? Wo wohnst du? Er erzählte auch bisschen was über sich.
Und dann hat „er“ ein Penisfoto verschickt. Obwohl er genau wusste, dass meine Tochter erst 10 ist, weil sie das im Chat geschrieben hatte.

Dann wollte er Bilder von meinem Kind haben und sie hat 1-2 Bilder von sich geschickt (Gesicht). Dann gab’s immer mehr Anforderungen, was er wollte. Er schickte weiter sexuelle Gifs und auch Google-Bilder.

Das alles kam dann durch einen kompletten Zufall raus.

Eine Freundin hat sich einer Lehrerin anvertraut, dass mein Kind ein Penisfoto bekommen hat. Ich konnte das Handy nicht sofort kontrollieren, weil wir unterwegs waren und das Handy lag schon Zuhause. Erst nach diesem großem Druck auf meine Tochter hat sie weinend alles erzählt. Sie hat auch die Nachrichten und Bilder gelöscht.

Als wir Zuhause angekommen sind, habe ich das Handy kontrolliert und tatsächlich waren neue Nachrichten von „ihm“ da, was meine Tochter Gott sei dank nicht mehr gelesen hatte. Da wurde sogar angefordert, dass mein Kind sexuelle Handlungen macht (mehr Details dazu kann und möchte ich nicht preisgeben).

Spätestens da wusste ich, dass wir zur Polizei müssen.

Somit haben wir gerade den ganzen Nachmittag bis in die halbe Nacht bei der Kriminalpolizei verbracht, um eine Aussage zu machen. Die Beamten haben uns sehr ernst genommen und die Gespräche haben extra Frauen übernommen. Das Handy wurde behalten um vielleicht das ein oder andere noch herauszufinden. Vor allem haben sie immer wieder betont, dass mein Kind das Opfer ist. Egal, was sie vorher geschrieben hatte. 

Es ist auch so wichtig, wie wir Eltern nach so einem Vorfall reagieren. Ruhig bleiben und für das Kind da sein. Nicht anschreien und definitiv nicht die  Schuld geben. Da muss man über seinen eigenen Schatten springen. Auch wenn das alles tatsächlich mir als Mutter auch sehr, sehr wehgetan hat. Geht zur Polizei, denn einfach nur die Nummer blockieren reicht nicht aus. Auch gelöschte Bilder und Nachrichten können die Beamten in den meisten Fällen zurückholen.

Bitte liebe Eltern. Rede mit euren Kindern. Achtet darauf, wie die Schule das handhabt. Wir können rechtzeitig das Schlimmste verhindern. Aber dieses Glück haben nicht alle Eltern.“


Liebe Elise, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Jana Krest

Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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