Viele Eltern fragen sich, wann der richtige Zeitpunkt für den ersten Besuch beim Frauenarzt ist. Und wie bereitet man sein Mädchen auf eine sensible und verständnisvolle Weise auf diesen wichtigen Schritt vor? Mit einfühlsamen Ratschlägen und praktischen Tipps von unserer Expertin und Gynäkologin Dr. Stefanie Schultze-Mosgau zeigen wir dir, wie du das Vertrauen deiner Tochter stärkst und ihr die Angst vor dem Unbekannten nimmst.
Wann muss ich mit meiner Tochter zum Gynäkologen?
Das ist tatsächlich sehr individuell. Wenn deine Tochter sich jedoch noch nicht bereit fühlt, keine Beschwerden bei der Regelblutung hat oder noch keinen Geschlechtsverkehr hatte, ist es kein Muss, regelmäßig den Frauenarzt zu besuchen.
Gib ihr die Zeit, die sie braucht und lass sie selbst entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt für den ersten Besuch ist. Unterstütze sie liebevoll in ihren Bedürfnissen und gehe sensibel mit dem Thema um, denn Druck verstärkt nur Unsicherheiten und Ängste.
In diesen Fällen sollte laut Dr. Stefanie Schultze-Mosgau allerdings nicht mit einem Termin beim Gynäkologen gezögert werden:
- wenn die Regelblutung mit 16 Jahren noch nicht eingesetzt hat
- wenn die Regelblutung vor dem 9. Lebensjahr eintritt (der Beginn der Periode mit 9 gilt übrigens nicht als zu früh)
„Zudem sollte ein junges Mädchen sich vorstellen, wenn sie Sorge hat schwanger zu sein, ein Verhütungsmittel benötigt oder die Vermutung hat, eine Infektion zu haben. Auch unklare Unterbauchschmerzen sollten immer frauenärztlich abgeklärt werden“, betont die Ärztin.
Besprich mit deiner Tochter bevor du einen Termin für sie ausmachst, ob sie zum Beispiel zu deinem Gynäkologen gehen möchte und ob ihr ein Mann oder eine Frau lieber ist. Für viele Mädchen spielt das nämlich eine große Rolle. Je natürlicher und sachlicher du mit dem Thema umgehst, desto normaler ist es auch für deine Tochter.
Wie kannst du dein Mädchen auf den ersten Besuch beim Gynäkologen vorbereiten?
Um deine Tochter auf den ersten Besuch beim Gynäkologen vorzubereiten und die Angst zu nehmen, ist es natürlich hilfreich, wenn es bei euch nicht erst zum Thema wird, wenn es so weit ist. Sprich das Thema also am besten schon vor der ersten Periode an!
„Beim ersten Besuch, wenn ein junges Mädchen also das erste Mal zur Beratung in die Frauenpraxis kommt, ist eine gynäkologische Untersuchung meist gar nicht zwingend notwendig“, erklärt die Gynäkologin. Und falls doch aufgrund von Beschwerden eine Untersuchung notwendig sein sollte, dann gingen sie und ihre Kolleginnen gerade bei der allerersten Untersuchung besonders einfühlsam und vorsichtig vor.
Um die Nervosität zu lindern, kannst du deiner Tochter im Vorfeld genau den Ablauf erklären, damit sie weiß, was auf sie zukommt.
Zu wissen, dass sie beim ersten Mal in der Regel nicht direkt auf „den Stuhl“ muss, nimmt ihr sicherlich schon einmal die größte Sorge. Zudem wird die Gynäkologin ihr jeden Schritt genau erklären. Vielleicht erinnerst du dich ja auch noch an deinen ersten Besuch beim Gyn und deine drängendsten Fragen?
Und falls die Angst besteht, sich zu entblößen, kann Stefanie Schultze-Mosgau damit beruhigen, dass Frauenärztinnen überhaupt nicht darauf achten, wie jemand “untenherum“ aussieht. „Wir haben wirklich einen rein fachlichen Blick und schauen nur, ob ein behandlungsbedürftiger Befund vorliegt. Es sollte einem jungen Mädchen also nicht unangenehm sein, sich untersuchen zu lassen. Ich höre ganz oft ‚Das war es schon? Das war ja garnicht schlimm!’“
Biete deiner Tochter an sie zu begleiten, aber respektiere auch, wenn sie doch lieber alleine hingehen möchte.
Viele Gyn-Praxen bieten mittlerweile übrigens auch sogenannte „Mädchen-Sprechstunden“ an, die gezielt für junge Mädchen und die ersten Besuche sind.
Wie wichtig ist es, regelmäßig zum Frauenarzt zu gehen?
Der regelmäßige Besuch beim Frauenarzt ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsvorsorge und es gibt mehrere gute Gründe, warum er nicht vernachlässigt werden sollte.
„Wichtig sind vor allen Dingen die regelmäßigen Krebsabstriche“, erklärt Dr. Stefanie Schultze-Mosgau. „Sobald man den ersten Geschlechtsverkehr hatte, sollte man zum Frauenarzt gehen. Das muss nicht sofort sein, aber man sollte sich dann einmal um einen Termin kümmern.
Viele Praxen haben einen monatelangen Vorlauf, daher sollte man sich am besten rechtzeitig um einen Termin kümmern. Einmal im Jahr sollte man ab dem ersten Geschlechtsverkehr nämlich zur Untersuchung kommen. Dies gilt dann übrigens lebenslang. Jede Frau sollte sich bis ins hohe Alter (hier gibt es übrigens kein „Enddatum“) mindestens einmal jährlich bei ihrem Frauenarzt vorstellen.“
Neben der Vorsorge ist auch die Verhütungsberatung ein wesentlicher Punkt.
„Wie kann ich verhüten? Was ist die beste Methode für mich? Was ist möglich und worauf muss ich achten?“ Der Frauenarzt hilft dabei, die passende Verhütungsmethode zu finden und sicherzustellen, dass sie den persönlichen Bedürfnissen entspricht.
Wenn es um hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille oder den Verhütungsring geht, wird die regelmäßige Kontrolle noch wichtiger: „Auch in diesem Fall sollten junge Frauen einmal jährlich in die Praxis kommen, damit wir sehen, ob das Verhütungsmittel weiterhin das Richtige ist, es gut vertragen wird, die Anwendung richtig erfolgt und ob es eventuelle Nebenwirkungen gibt“, betont die Ärztin.
Auch wenn es manchmal nervt und mühsam ist, die Termine zu organisieren:
Vermittle deiner Tochter von Anfang an die Wichtigkeit und etabliert für euch eine feste Routine. So wird der Besuch beim Gynäkologen ganz schnell normal und hilft als präventive Maßnahme dabei, größere Probleme zu vermeiden und sich rundum wohlzufühlen.
Ist es eine gute Idee, dass Mütter ihre Töchter zur eigenen Vorsorge mitnehmen?
Wenn du dich fragst, ob es eine gute Idee ist, deine Tochter zu deinem eigenen Frauenarztbesuch mitzunehmen, dann könnte es hilfreich sein, darüber nachzudenken, wie solche gemeinsamen Besuche empfunden werden könnten. „Das erlebe ich eher nicht. Meine Patientinnen kommen eher mit Töchtern, die sich noch nicht im Teenageralter befinden“, sagt Dr. Stefanie Schultze-Mosgau.
Viele Mädchen, besonders ab einem gewissen Alter, könnten es unangenehm finden, ihre Mutter bei einem so persönlichen Termin zu sehen. Ein Besuch beim Frauenarzt kann sehr privat sein und für Teenager ist es oft eine sensible Angelegenheit.
Stattdessen könntest du überlegen, ob es vielleicht sinnvoller ist, deine Tochter zu einem eigenen Termin zu begleiten, wenn sie bereit ist und es für sie stimmig ist. Dies kann ihr helfen, sich sicher und unterstützt zu fühlen, ohne sich überfordert zu fühlen. Letztendlich geht es darum, eine Balance zu finden, die beiden Seiten gerecht wird und den individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt.
Was können Eltern tun, wenn es der Tochter unangenehm ist, über solche Themen zu sprechen?
Wenn es deiner Tochter unangenehm ist, mit dir direkt über Themen wie den Besuch beim Frauenarzt oder Sexualaufklärung zu sprechen, gibt es genügend Alternativen, wie du sie trotzdem liebevoll begleiten kannst. Das Wichtigste ist, dass du ihr das Gefühl gibst, als „Backup” bei Fragen immer da zu sein, auch wenn es ihr vielleicht lieber ist, sich eigenständig zu informieren.
Natürlich gibt es auch in der Schule den vorgeschriebenen Sexualkundeunterricht, der die wichtigsten Themenfelder abdeckt und meist in Kleingruppen abgehalten wird. Erinnern wir uns an unsere eigene Schulzeit, wissen wir aber auch, wie schambehaftet und kichernd wir da saßen, oder? Erkläre deiner Tochter also zusätzlich, wo sie sich im Internet fundiert informieren kann und woran sie vertrauenswürdige Seiten erkennt. Vielleicht steht ja plötzlich auch einfach ein Buch dazu in ihrem Schrank? 😉
Ein Glück, dass es heutzutage auch noch Social Media gibt, wo sich Teenager niedrigschwellig und anonym informieren können. Hier eine kleine Auswahl an tollen Accounts, die du deiner Tochter empfehlen könntest:
- Gynäkologe & Journalist “Gynäkollege” auf Instagram
- “Mädelsabende” auf Instagram – ein journalistisches Angebot für Mädchen und junge Frauen von ARD und ZDF
- „Liebesleben“ auf Instagram – Infos rund um Sexualität und Vielfalt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung