Dass das Leben mit einem Kind deutlich teurer wird, spüren alle Eltern. Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt nun schwarz auf weiß, dass insbesondere arme Familien in den bisherigen Statistiken reicher gerechnet wurden, als es der Realität entspricht.
Dafür ermittelte ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum die zusätzlichen Kosten, die entstehen, je nachdem ob eine Familie aus dem Elternpaar mit einem, zwei oder mehr Kindern besteht oder ob es sich um alleinerziehende Eltern handelt.
Dabei kam heraus: Je niedriger das Einkommen von vornherein ist, desto schwerer wirkt sich die finanzielle Belastung mit jedem weiteren Familienmitglied aus. Logisch, oder?
Laut Bertelsmann Stiftung wurde die finanzielle Belastung von Familien bisher noch nicht so genau untersucht. Stattdessen würden üblicherweise für die Bewertung starre Werte der sogenannten OECD-Skala herangezogen werden.
Die OECD Skala ist ein System der Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung), um Einkommensberechnungen international und regional vergleichen zu können.
Laut Bertelsmann-Stiftung zeigt die neue Studie jedoch, dass die OECD-Skala die Einkommen armer Haushalte systematisch überschätzte. Das Einkommen reicher Haushalte wurde dagegen unterschätzt.
Das Armutsrisiko steigt mit jedem Kind
Konkret bedeutet dies, dass das Armutsrisiko für weniger einkommensstarke Familien mit jedem Kind ansteigt – sofern nicht beide Eltern arbeiten gehen und ihre Einkommenssituation nachhaltig verbessern können, um die höheren Ausgaben mit Kind(ern) zu decken.
Bei Familien, die diese Möglichkeit nicht haben, steigt das Armutsrisiko deutlicher, als bisher angenommen: Paare mit einem Kind sind zu 13 Prozent gefährdet, haben sie zwei Kinder, steigt das Armutsrisiko auf 16 Prozent. Bisher ging man hier von 11 bzw. 14 Prozent aus. Bei Paaren mit drei Kindern sind es bereits 18 Prozent.
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, fasst in der Pressemitteilung zu Studie zusammen: „Von Armut sind vor allem die Familien betroffen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund besonders großer Betreuungsverantwortung nicht steigern konnten.“ Das heißt…
Mehr als zwei Drittel aller Alleinerziehenden sind von Armut bedroht
Die mit Abstand gefährdeste Gruppe sind also wieder einmal die Alleinerziehenden. Das ist keine Überraschung, denn bisher hieß es bereits, 48 Prozent aller Alleinerziehenden seien akut von Armut bedroht. Schließlich haben sie neben der alleinigen Erziehungs- und Betreuungsverantwortung kaum die Möglichkeit, ihr Einkommen auszubauen.
Die neuen Zahlen zeigen jedoch, dass es noch viel schlimmer um die Ein-Eltern-Familien bestellt ist, als angenommen: Ganze 68 Prozent, also mehr als zwei Drittel aller Alleinerziehenden, gelten als arm!
Erschreckende Zahlen! Auch im Studienbericht heißt es fordernd, die Politik solle mehr Gewicht auf die Armutsbekämpfung legen. „Vor allem Alleinerziehende brauchen stärkere Unterstützung“, sagt Jörg Dräger und schlägt vor, der Staat solle sich konsequent an den Bedürfnissen der Kinder orientieren.