Meine Tochter ist eine ganz typische Vierjährige. Und wie fast alle Vierjährigen möchte sie abends nur ungern schlafen gehen. Nicht weil es ihr schlecht geht, sie Angst hat oder ähnliches. Ich glaube, sie will einfach nichts verpassen und wäre viel lieber so lange wie möglich bei Mama und Papa. Und wenn eine Tür zwischen uns ist, ist das schließlich einfach nicht das gleiche.
Abends kommt es dann oft vor, dass sie noch zwei, drei, vier Mal versucht, sich zu uns auf das Sofa zu schmuggeln. Immer wieder hat sie neue wichtige Gründe parat, warum sie jetzt wirklich dringend noch eine Minute bei uns sein muss. Das ist einerseits niedlich, andererseits muss sie aber einfach schlafen, um fit zu sein für den nächsten Tag. Und auch ihr Papa und ich möchten am Ende des Tages mal ein wenig Zeit für uns, bevor wir selbst schlafen gehen.
Wenn sie auf ihre Versuche hin ein Nein hört, ist schlechte Stimmung vorprogrammiert. So ging es zuletzt einige Wochen jeden Abend. Schon beim Zubettbringen merkte ich, wie angespannt ich selbst war, weil ich uns allen das immer gleiche „Nein“ und die Folgen ersparen wollte. Und je mehr ich sie ermahnte, heute aber wirklich im Bett zu bleiben, desto sicherer war, dass sie fünf Minuten später wieder im Wohnzimmer stehen würde.
Doch dann las ich, dass es ein sehr wirksames Mittel gibt, mit dem das Einschlafen sehr viel besser klappen soll. Ein Mittel, das keinerlei negative Nebenwirkungen hat, nichts kostet, glücklich macht, Bindung schafft, tiefenentspannt und so für beste Voraussetzungen zum Schlafengehen sorgt.
Das Mittel, um das es geht, ist das Lachen!
Wir alle versuchen, unseren Kindern vor dem Schlafengehen Ruhe zu vermitteln und leise Töne anzuschlagen. Schließlich haben wir gelernt, dass an Schlaf nicht zu denken ist, wenn sie vor der Zubettgehzeit nochmal zu sehr aufdrehen.
Doch wenn man darüber nachdenkt, macht das mit dem Lachen sehr viel Sinn:
Für die Kleinen (aber auch für uns Große) sind sowohl Lachen als auch Weinen Wege, um Emotionen zu verarbeiten. Vergießen wir beispielsweise emotionale Tränen, spült unser Körper darin überschüssige Stresshormone wie Cortisol aus, wie Untersuchungen am Ramsey Medical Center in Minneapolis ergaben. Gleichzeitig soll die Produktion der als Glückshormone bekannten Endorphine durch das Weinen angeregt werden. Tränen zu vergießen ist also eine sehr gesunde Reaktion auf unschöne Emotionen, deren Effekt wir alle spüren, wenn es uns nach einigen Tränen wieder ein wenig besser geht.
Auch das Lachen ist so eine gesunde Reaktion, um Stress abzubauen. Ich habe das selbst oft im Büro erlebt, wenn an besonders arbeitsintensiven Tagen gegen Feierabend die Stimmung im Team plötzlich albern wurde und wir uns gegenseitig zum Lachen zu bringen versuchten.
Das passierte gar nicht unbedingt bewusst. Es war eher fast ein wenig magisch, wenn diese Stimmung wie von selbst aufkam An diesen Abenden ging ich viel entspannter nach Hause, auch wenn der Tag echt stressig war.
Ähnlich muss es unseren Kleinen gehen, wenn sie abends beginnen, herumzualbern und aufzudrehen. Sie lassen auf diese Weise ihren Gefühlen freien Lauf und das auf eine positive Art, die wir im Sinne eines friedlichen Einschlafrituals durchaus mitspielen sollten, auch wenn wir es anders gelernt haben.
Im Büro schaffte das Herumalbern außerdem ein tolles Gemeinschaftsgefühl im Team. Denn zusammen Spaß zu haben, über etwas Lustiges zu lachen, verbindet ungemein. Vermutlich ist es auch dieses Gemeinschaftsgefühl, das unsere Tochter vor dem Einschlafen sucht, wenn sie noch unzählige Male ins Wohnzimmer kommt. Ein Gefühl, dessen Abwesenheit sie vom Einschlafen abhält.
Für die beruhigende Wirkung des Lachens gibt es aber auch wissenschaftliche Beweise. So wurde in einer Studie des Moriguchi-Keijinkai Krankenhauses im japanischen Osaka festgestellt, dass bei Müttern, die vor oder während dem Stillen viel Lachen, ein höheres Level Melatonin in der Muttermilch enthalten ist. Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus unseres Körpers steuert und somit für das Schlafen sehr wichtig ist. Menschen, die einen Melatonin-Mangel haben, leiden meist unter Schlafstörungen.
Mit diesem Wissen musste ich es gleich selbst ausprobieren. Ich legte es gezielt darauf an, meine Tochter mit lustigen Gute-Nacht-Geschichten zum Lachen zu bringen. Mal habe ich beim Vorlesen auch absichtlich Versprecher eingebaut, die meine Tochter zum Schießen fand. Oder ich habe die Stimmen der Protagonisten absichtlich besonders ulkig inszeniert, was sie jedes Mal laut auflachen ließ.
Und siehe da, an diesen Abenden kam sie tatsächlich nicht mehr ins Wohnzimmer, sondern schlief direkt selig ein. Folgte darauf ein Abend, an dem ich meine Komikeinlage einmal vergaß, schien der Effekt dennoch nachzuwirken. Denn auch da kam sie nicht.
Ok, das ist jetzt keine repräsentative Studie meinerseits, aber ich bin dennoch fasziniert, dass es gleich klappte – ob es nun Zufall war oder nicht. Ich werde es auf jeden Fall weiter versuchen, denn auch für mich ist diese Art des Zubettbringens so unglaublich angenehm und beglückend.
Auch ich spüre die Bindung und jede Anspannung löst sich mit dem ersten Lachen in Luft auf. Während meine Tochter dann mit unserem gemeinsamen Gemeinschaftsgefühl selig schlafen kann, sitze ich mit derselben Glückseligkeit auf dem Sofa.
Und dieses Gefühl lässt sich von keiner Tür der Welt aufhalten.