„Mein Freund und ich sind seit fünf Jahren glücklich miteinander und erwarten jetzt unser erstes Kind. Doch zusammenziehen werden wir deswegen nicht.
Als ich meinen Partner Moritz kennengelernt habe, hat mir eines an ihm direkt gut gefallen: Die innere Ruhe und die Unabhängigkeit, die er ausstrahlte. Mir war klar: Dieser Mann ist mit sich selbst im Reinen. Und das mag ich bis heute an ihm. Denn Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig, ich brauche meinen Freiraum, auch in einer festen Partnerschaft. In vorherigen Beziehungen hatte das immer wieder zu Streitigkeiten geführt. Es war meinen Exfreunden meistens unverständlich, wieso ich nicht rund um die Uhr für sie zur Verfügung stand und durchaus auch andere Prioritäten im Leben setzte.
Keine faulen Kompromisse
Bei Moritz und mir war deswegen von Anfang an klar: Wir wollen eigenständige Menschen bleiben mit einem eigenen Leben. Und dafür gehörte von uns von Anfang an dazu, dass keiner seine Wohnung aufgeben muss. Ich bin gerne bei Moritz, ich fühle mich wohl bei ihm. Seine Star-Wars-Poster und das Schlagzeug im Wohnzimmer stören mich nicht, im Gegenteil. Gleichzeitig liebe ich meine eigenen vier Wände, in denen alles seinen Platz hat. Und, offen gesprochen, ich bin natürlich auch doch froh, dass neben meiner Designercouch kein Schlagzeug steht und über meinem Fernseher kein Star-Wars-Poster prangt.
Also warum irgendetwas verändern oder auf Teufel komm raus Kompromisse machen, wenn wir beide so zufrieden sind? Das würde für Moritz und mich einfach keinen Sinn ergeben. Diese Meinung habe ich auch nicht geändert, als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin. Moritz und ich hatten schon oft über gemeinsame Kinder gesprochen und waren überglücklich, als es dann endlich geklappt hat. Trotzdem möchten wir deswegen nicht zusammenziehen, da waren wir uns sofort einig.
Verletzende Vorwürfe im Bekanntenkreis
Doch während bei uns Klarheit herrscht, sind die Menschen in unserem Freundes- und Bekanntenkreis schwer irritiert. Vorher haben die meisten kommentarlos akzeptiert, dass Moritz und ich getrennt leben möchten und trotzdem zusammen sind. Aber mit meiner Schwangerschaft gaben wir offenbar das Go für eine heftige Diskussion über unsere Lebensverhältnisse. Wir seien unrealistisch oder wir würden uns nicht lieben, das waren die verletzenden Schlussfolgerungen, die uns entgegengeworfen wurden. Den Vorwurf einer Freundin fand ich besonders schlimm: Sie schrieb mir, dass sie meine Pläne, mit dem Baby in meiner Wohnung zu bleiben, egoistisch findet. Schließlich gehe es um das Wohl des Kindes und das würde nun mal beide Elternteile brauchen.
Bin ich also egoistisch, weil ich trotz Schwangerschaft anders leben möchte als die meisten anderen Frauen? Nur, weil wir beide unsere eigenen Wohnungen haben, heißt es doch nicht, dass ich das Kind von seinem Vater trennen möchte – ganz im Gegenteil. Wir planen, dass Moritz die erste Zeit mit dem Baby so viel wie möglich bei mir ist. Wir werden schließlich beide Eltern! Nicht nur, dass wir aufeinander angewiesen sind, um uns gegenseitig dabei zu helfen, dieser neuen Aufgabe gerecht zu werden: Mein Partner würde es sich gar nicht nehmen lassen, jede freie Minute mit mir und unserem Kind zu verbringen. Und das geht ganz unabhängig davon, ob wir zusammenwohnen oder nicht.
Jeder ist für die eigene Wohnung verantwortlich
Ganz bestimmt wird es oft unpraktisch sein, dass wir als Familie in zwei Haushalten leben, da mache ich mir nichts vor. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich auch viele Vorteile daraus ergeben, die uns überzeugt haben. Wir bewahren uns so unsere Eigenständigkeit und haben einen Rückzugsraum, der manchmal nur uns gehören wird. Zwei getrennte Haushalte bedeuten für mich auch eine kompromisslose Arbeitsteilung im Haushalt. Denn seien wir mal ehrlich, die Realität sieht leider oft anders aus. Bei den meisten meiner Freundinnen übernehmen sie neben der Arbeit und der Kinderbelustigung auch noch den Großteil der Haushaltspflichten. Das wird es bei uns nicht geben, jeder ist für seine eigene Wohnung verantwortlich.
Wenn unser Kind groß genug sein wird, darf es natürlich mitreden, wo es wann sein möchte. Ein Kinderzimmer gibt es selbstverständlich in beiden Wohnungen. Doch einmal in der Woche soll jedes Elternteil einen kinderfreien Tag haben, an dem wir unsere Wohnung ganz für uns haben. Mit dieser Regelung bekommen wir das, was den meisten Eltern fehlt: Wertvolle Zeit, die wir nur für uns nutzen können. Das wird sicherlich nicht nur helfen, die Akkus wieder aufzuladen, um danach mit neuer Kraft wieder ganz für mein Kind da zu sein, sondern auch dabei, dem Partner wieder liebevoller gegenüberzutreten.
Nicht nur Mama und Papa sein
Schließlich möchten wir uns langfristig nicht nur als ,Mama und Papa` erleben, sondern auch noch als eigenständige Menschen, deren Anwesenheit nicht selbstverständlich ist. Deswegen freue ich mich darauf, gemeinsam mit Moritz ein Kind zu bekommen und trotzdem nicht zusammenzuziehen. Möglicherweise merken wir auch nach einer gewissen Zeit, dass unser Wunschmodell doch nicht so praktikabel ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Dann werden wir reagieren und unsere Lebensverhältnisse entsprechend unserer Bedürfnisse als Familie anpassen. Glücklicherweise haben sowohl mein Freund als auch ich die Möglichkeit dazu.
Wahrscheinlich muss ich mich einfach damit abfinden, dass uns trotz reiflicher Überlegung und Planung viele Leute schlichtweg für unreif oder beziehungsgestört halten, aber ich würde mir dennoch wünschen, dass ich für unsere Entscheidung mehr Akzeptanz erfahren würde.“
Liebe Luisa, vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe!
WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
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Ich muss sagen, ich empfinde diese Entscheidung als großartig, modern, sinnig und wohl überlegt. Dem Baby wird rein gar nichts weggenommen.Wer hat denn wem zu sagen was wie wann warum zu sein hat. Das muß doch jedes Paar für sich selbst entscheiden.
Meine Freundin und ich erwarten ein Baby und wollen es ganz genauso machen. Aus Interesse, ob es andere auch so probieren, habe ich mal gegoogelt,denn das Erste (nach den Glückwünschen) war natürlich die Frage, ob wir nun endlich zusammenziehen. Hat es denn so funktioniert wie ihr zwei euch das vorgestellt habt?
Toll. Ich liebe meinen Mann, er ist leidet gegen so ein Modell, was.unsere Beziehung retten würde. Nun zwinge ich mich zur gemeinsamen Zeit und wenn er die Wohnung verlässt, spüre ich körperlich Erleichterung. Alles geht irgendwie leichter von der Hand. Selbst die Atmung.
Er denkt unsere Tochter wird leiden. Aber sie leidet unter den Streitereien.
Ich weiss nicht weiter.
LIEBE GRÜßE