Die meisten schwangere Frauen hören irgendwann davon: Haare färben sei tabu. Doch stimmt das wirklich? Und trifft es auch auf die Stillzeit zu? Wir haben mit unserem Experten Dr. Wolfgang Paulus über das Thema „Haare färben Stillzeit und Schwangerschaft“ gesprochen. Seine Antworten:
1. Haare färben Stillzeit und Schwangerschaft – ja oder nein?
Um es gleich vorwegzunehmen, die Antwort lautet: grundsätzlich ja!
Frauen, die stillen, können sich ihre Haare färben – ohne Nebenwirkungen fürs Kind. Auch Schwangere dürfen Haare färben.
Wir waren selbst überrascht, als wir mit unserem Experten gesprochen haben – Dr. Wolfgang Paulus, Leiter des Instituts für Reproduktionstoxologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Und der Mann muss es wissen: Er forscht seit über 25 Jahren zu den Themen Arzneimittel und Chemikalien in der Schwangerschaft.
2. Das sagen Studien zum Thema Haare färben in Stillzeit und Schwangerschaft
Dr. Paulus: „Diverse Studien haben ergeben, dass die Mengen an Haarfärbemitteln, die beim Friseur eingesetzt werden, nachweisbar keinen Schaden beim ungeborenen Kind verursachen.“
Es wurden dabei verschiedene chemische Substanzen wie Lösungsmittel oder Alkohole untersucht, die beim Haare färben zum Einsatz kommen. Ebenso ungefährlich für ungeborene Babys seien auch Haarfarben für zu Hause bzw. natürliche Färbemittel wie Henna. Hier gilt es, auf eine gute Qualität und etwaige Zusatzstoffe zu achten.
Bei Studien immer Ausgangssituation betrachten
Bei Studien, die von Vergiftungen und möglichen Fehlbildungen durchs Haare färben in der Stillzeit oder Schwangerschaft sprechen, müsse man sich laut Paulus die Ausgangssituation anschauen: Basis dieser Studien seien oft Tierversuche, bei dem dem Muttertier extrem hohe Dosen eines Wirkstoffs gespritzt wurden, wie sie in der Realität nie vorkommen.
Diese Dosen sind laut dem Gynäkologen aber in keinster Weise mit den Mengen vergleichbar, die man in der Blutbahn einer Schwangeren oder stillenden Mutter findet. Das heißt: Man darf sich prinzipiell auch in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten die Haare färben.
Viele Frauen verzichten allerdings darauf, weil sie sich dann besser und auf der sicheren Seite fühlen. Im ersten Trimester werden nämlich die Organe des Ungeborenen angelegt, und die Empfindlichkeit für Fehlbildungen ist am größten.
Kein Risiko für Friseurinnen
Selbst bei Friseurinnen konnten Forscher in Toronto keine Zunahme von Problemen in der Schwangerschaft nachweisen. „Das Risiko für eine Früh- oder Fehlgeburt ist durch das lange Stehen höher als durch das Haarefärben,“ weiß Dr. Paulus. Trotzdem wird empfohlen, dass die Frauen Handschuhe tragen, der Raum gut gelüftet ist und sie sich selbst nicht mehr als drei bis vier Mal die Haare färben lassen.
Die Erkenntnisse werden auch vom Bundesinstitut für Risikobewertung bestätigt: „Hinweise auf gesundheitliche Risiken durch Haarfärbemittel, die während der Schwangerschaft und Stillzeit verwendet werden, liegen derzeit nicht vor.“ (Zum PDF)
3. Du hast Bedenken oder Fragen? Tipps auf einen Blick
Musst du zwar nicht, aber mit folgenden Empfehlungen gehst du auf Nummer sicher:
- Am besten gehst du zum Friseur deines Vertrauens und lässt dich beraten. Sage unbedingt, dass du stillst oder schwanger bist.
- Frage nach, ob das Haarfärbemittel in Deutschland hergestellt wurde. Diese seien laut netdoktor.de in puncto Inhaltsstoffe gut kontrolliert.
- Sanfte Naturhaarfarben oder Henna ohne chemische Inhaltsstoffe wie PPD (P-Phenylendiamin) oder Ammoniak sind eine natürliche Möglichkeit, dein Haar in der Stillzeit oder Schwangerschaft zu färben.
- Vielleicht ist auch Tönen eine Alternative für dich? Die nicht dauerhafte Farbe ist auswaschbar, legt sich nur außen auf die Haarsubstanz und gelangt damit nicht in die Muttermilch.
- Juckt dein Kopf? Sofort raus mit der Farbe!
- Weniger ist mehr – sowohl in der Häufigkeit des Färbens, als auch in der Intensität der Farbe.
- Lieber Strähnen als eine komplette Haarfarbe. Der Kontakt mit der Kopfhaut ist weitaus geringer.
Und was ist mit Blondieren?
Angst vor Haare blondieren in der Schwangerschaft musst du übrigens auch nicht haben. Das Wasserstoffperoxid, das die Haare aufhellt, verfällt in der Luft zu Sauerstoff und Wasser – also in zwei natürliche und unproblematische Stoffe.
Wenn du deine Haare selbst färben willst
Achte immer auf die Packungsbeilage und die Inhalte des Mittels. Außerdem solltest du Gummihandschuhe tragen, den Raum gut lüften und die Farbe nicht länger als nötig einwirken lassen. Und: immer gut auswaschen.