Als hätte eine Mutter im Baby- und Kleinkindalltag nicht schon genug Sorgen, gibt es immer wieder Leute, die sich mit gut gemeinten Ratschlägen einmischen – und dabei alles im Zweifelsfall noch schlimmer machen.
Ihr kennt auch solche wandelnden Ratgeber und habt die Nase voll? Dann erklärt ihnen mit den folgenden 5 Gründen, warum sie ihr Wissen gern für sich behalten können – und wie sie euch stattdessen viel besser helfen können.
1. Medizinisches und pädagogisches Wissen sind stets im Wandel
Immer wieder geraten junge Mütter mit ihren (Schwieger-)Eltern oder Großeltern in Streit darüber, was das Beste für das Kind sei. Das war schon immer so und wird wohl auch nie enden.
Der Grund für die unterschiedlichen Einstellungen und das Konfliktpotential ist einfach: Was in den 80er und 90er Jahren noch gängige Praxis war, wenn es ums Kindeswohl ging, muss heute nicht unbedingt mehr als guter Rat gelten.
Die Erkenntnisse, was gut für ein Baby ist, ändern sich nämlich ständig, weil immer neues Wissen dazukommt. Manchmal zeigt sich auch, dass sehr altes Wissen oder Traditionen aus anderen Ländern jahrzehntelang unterschätzt wurden und plötzlich durchaus wieder als empfehlenswert gelten können. So kommt es sehr häufig vor, dass Ratschläge älterer Generationen nicht den heutigen Ansichten entsprechen.
Ein Beispiel: Eine Nachbarin wurde vor kurzem zum dritten Mal Mutter. Ihr Baby schrie in den ersten zwei Monaten sehr viel, oft schon tagsüber und mit Gewissheit jeden Abend bis in die Nacht hinein. Die ganze Familie litt sehr darunter und richtete sich wochenlang nur nach dem kleinen, neuen Familienmitglied. Doch meiner Nachbarin und ihrem Mann war klar, das dies eben eine Phase ist, durch die sie durch müssen.
Eine ältere Dame aus der Nachbarschaft kommentierte jedoch, die Mutter sei selbst schuld. Ständig trage sie das Baby, kein Wunder, dass es nun verzogen sei und immer schreie, sobald sie es ablege. Ihr Rat wäre also, das Baby schreien zu lassen, bis es lernt, dass es sich so nicht durchsetzen kann.
Was für die älteren Dame noch eine gängige Erziehungsmaßnahme aus „ihrer“ Zeit war, ist für uns kaum noch vorstellbar und zum Glück längst in Verruf geraten. Und obwohl solche Kommentare eine erfahrene Mutter wie meine Nachbarin nur zum Kopfschütteln bewegen, sind sie für weniger selbstsichere Mütter extrem verunsichernd.
2. Neu-Mamas sind ausgelaugt und brauchen einfach nur ein Lob
Nach der Geburt beginnt für jede Mama eine Achterbahnfahrt der Hormone. Die Hormone machen uns verletzlich, weinerlich, jähzornig – und doch sind sie so wichtig. Denn sie machen uns empfänglich für all die leisen, feinen Botschaften, die unser Baby uns mit seiner Mimik, Körpersprache und Stimme sendet.
Eine Nebenwirkung ist allerdings, dass gutgemeinte Ratschläge von all den feinen Antennen oft überintepretiert werden. Sie sollen zwar nur helfen, kommen bei der Mutter jedoch als Kritik an.
Was dagegen immer richtig ankommt ist ein einfaches Lob, dass sie ihre Sache gut macht, dass sie eine gute Mutter ist und dass sie (natürlich!) das schönste Baby der Welt geboren hat.
3. Jede Familie hat ihren eigenen Rhythmus
Ich kenne Familien, deren Kinder immer überall dabei sind, oft auch spät abends noch. Wenn die Kleinen müde sind, schlafen sie eben im Buggy oder auf dem Sofa. Wenn sie hungrig sind, gibt es einen Snack.
Und dann kenne ich Familien, die einen festen Tagesablauf mit immer gleichen Essens- und Schlafenszeiten, Spiel- und Ausgehzeiten haben. Verabredungen sind bei ihnen eben nur zwischen diesen festgelegten Etappen möglich.
Auch mein Mann und ich waren in den ersten Jahren recht „unflexibel“, denn unsere Tochter hatte eine sehr ausgeprägte und lang andauernde Fremdelphase. In dieser Zeit traf ich meist maximal zwei Verabredungen in der Woche, um ihr danach immer ausreichend Erholung zu ermöglichen. Für sie war es anstrengend, unter anderen Menschen zu sein.
Auch Reisen vermieden wir, denn an fremden Orten (selbst bei Oma oder Tante) konnte sie auch mit Kuscheltieren und Einschlafbegleitung einfach nicht zur Ruhe kommen. Viele Freunde konnten das nicht nachvollziehen und sogar meine Familie belächelte mich für meine „Gluckenhaftigkeit“.
Doch für uns war es in dieser Zeit eben das, was wir brauchten. Solange die Kinder (und auch Eltern) in ihrem individuellen Familienalltag gesund und glücklich sind, ist es doch in Ordnung.
Niemand hat das Recht, von außen darüber zu urteilen und kluge Ratschläge zu erteilen. Denn niemand kennt die Bedürfnisse einer Familie so gut, wie die Familie selbst.
4. Eltern erhalten STÄNDIG unterschiedliche Ratschläge von ALLEN Seiten
Erzählt eine Mutter von den Herausforderungen mit ihrem Baby, will natürlich jeder helfen, so gut er kann. Sofort überlegt man: Wie war das bei uns? Was hat uns damals geholfen? Und schon ist der gut gemeinte Ratschlag da.
Und weil es eben jedem so geht und jeder andere Erfahrungen hat, bekommen Mütter unendlich viele, zum Teil widersprüchliche Tipps, die sie am Ende einfach nur überfordern.
Deshalb ist es manchmal die größere Hilfeleistung, sie einfach nur weiter von ihren Sorgen erzählen zu lassen und ein guter Zuhörer zu sein.
5. Ungefragte Ratschläge sind selbstsüchtig
Alle freuen sich, wenn ein Kind zur Welt kommt. Klar, dass jeder auch ein wenig daran teilhaben möchte.
Sich ständig mit Ratschlägen einzumischen kann also auch einfach aus dem Wunsch heraus entstehen, am Glück der Mutter teilzuhaben oder im neuen Leben des kleinen Babys eine Rolle zu spielen.
Doch wenn eine Mama wirklich einen Rat braucht, dann wird sie bestimmt darum bitten. Wenn sie aber nicht danach fragt, heißt das ziemlich sicher, dass sie gerade einfach keinen braucht.
Wer wirklich helfen will, sollte deshalb besser einfach nachfragen, was die Mama braucht. Ein schönes Bespiel ist da etwa meine frühere Nachbarin. Sie ist dreifache Mutter, das erste Kind ist schon aus dem Haus.
Obwohl sie also sehr erfahren war, hielt sie sich nach der Geburt meiner Tochter mit Ratschlägen stets zurück, bis ich sie gezielt danach fragte. Manchmal half sie mir dann auch einfach mit einer Gegenfrage auf die Sprünge, die ich mir selbst beantworten musste.
Eines Tages, als ich wegen kurzer Schlafphasen und langer Schreiphasen gerade verzweifeln wollte, gab sie mir das Buch „Babyjahre“ des Schweizer Kinderarztes Remo H. Largo und sagte dazu: „Schau einfach mal rein. Mir hat es damals geholfen, als meine Kinder klein waren. Vielleicht ist für dich auch etwas dabei, das dir hilft.“
Ihr schönstes Geschenk an mich war übrigens ein Gutschein über drei Mal „Zeit für mich“, in der sie meine Tochter für ein paar Stunden betreuen wollte. Ich habe ihn nie eingelöst, denn mit ihr gemeinsam auf der Terrasse eine Tasse Tee zu trinken, während meine Tochter vor mir auf der Krabbeldecke lag, gab mir immer genug Energie zurück.
So eine Nachbarin wünsche ich allen frischgebackenen Mamas: eine erfahrene Frau und Mutter, die sich mit ungefragten Ratschlägen zurück hält, aber nicht mit (wirklich hilfreichen) Taten.