Die Grundschule meiner Tochter gibt in der Regel keine Hausaufgaben. Am frühen Nachmittag gibt es in der Schule eine „Lernzeit“, in der Aufgaben, die im Unterricht nicht geschafft wurden, erledigt werden sollen. Dabei ist ein/e Lehrer/in, die für Fragen und Erklärungen zur Verfügung steht. Zu Hause müssen wir wirklich nur ganz selten mal am Wochenende etwas fertigmachen.
Dieses Konzept fand ich von Anfang an toll! Denn meine Große ist – wie die meisten ihrer Mitschüler – bis zum Nachmittag in der Schule, bevor ich sie nach der Arbeit abholen kann. Ich finde das echt schon lang, wenn ich an meine Schultage früher denke. Wie super ist es also, dass man sich dann nicht noch zu Hause an die Schulsachen setzen muss!
WIE toll ich dieses Konzept aber wirklich finde, habe ich erst kürzlich gemerkt.
Meine Tochter hatte ungewöhnlich geballt einen Batzen an Klausuren, die vor den Zeugniskonferenzen noch zu schreiben waren. Das hieß, wir mussten ausnahmsweise fast jeden Nachmittag zumindest ein bisschen lernen.
Puh… Was soll ich sagen? Noch nie wurde bei uns so viel gestritten, gezickt, gestöhnt und geweint wie an diesen Tagen.
Am Ende genügte es schon, dass ich gespielt heiter daran erinnerte, dass wir uns „jetzt noch ein winziges halbes Stündchen hinsetzen müssen!“, damit die Stimmung auf beiden Seiten sofort kippte.
Ich kann es meiner Tochter ja nicht verdenken. Wir hatten beide keine Lust und wussten es genau. Wir hatten beide schon einen langen Tag hinter uns und hätten auch lieber gequatscht und gekuschelt Es hat uns beiden viel Energie geraubt und besonders viel Stoff ist bei der schlechten Stimmung auch nicht hängengeblieben.
Aus Gesprächen mit anderen Eltern weiß ich, dass wir wahrlich kein Einzelfall sind – eher im Gegenteil! Deswegen hab ich mich gefragt:
Geht das denn nicht auch anders? Und ein paar kleine Stellschrauben sind mir tatsächlich eingefallen:
1. Der richtige Zeitpunkt
Ich bin der Typ: „Je eher daran, desto eher davon“ und kann erst so richtig abschalten, wenn alles erledigt ist. Tja – mein Problem, ne? So wollte ich es aber auch lange mit meiner Tochter handhaben: Einmal kurz noch direkt nach der Schule hingesetzt und dann ist wirklich Feierabend! Das habe ich mir schnell abgeschminkt, denn meine Tochter braucht erstmal eine Pause, in der sie zu Hause ankommt und kurz durchatmen kann. Und das – zu ihrem Leidwesen – am besten nicht vor dem Fernseher, sondern bei einem kleinen Snack und ein bisschen Getratsche über den Tag. Das gilt auch für mich, oh Wunder: Nach einer entspannten halben Stunde können wir uns beide viel besser auf „Addition im Tausenderbereich“ & Co. konzentrieren.
2. Eine gute Balance zwischen Helfen und Freiraum lassen
Ich soll beim Lernen am liebsten direkt neben meiner Tochter sitzen. Klaro, am liebsten hätte sie es, wenn ich die Aufgaben erledige 😉 Mache ich natürlich nicht – aber wenn ich direkt neben ihr sitze, macht es mich schon manchmal kribbelig, wenn ich einen Fehler sehe oder sie gefühlt ewig an einer winzigen Aufgabe sitzt. Das merkt sie natürlich (ich kann sehr laut atmen), und das ist nicht förderlich für ihre Konzentration. Deswegen haben wir uns darauf geeinigt, dass ich „fürs Gefühl“ mit im Raum war und am Ende einmal alles mit ihr durchschaute.
3. Prioritäten setzen
An manchen Tagen merke ich von Anfang an, dass irgendwie der Wurm drin ist – und die Konzentration nicht lange anhalten wird. Oder aber es sind ECHT VIELE Hausaufgaben und viel zu wenig Zeit. Dann frage ich meine Tochter, ob ihr irgendein Teil der zu erledigenden Hausaufgaben besonders schwerfällt – und wir konzentrieren uns auf diesen. Wenn dann was anderes nicht geschafft wird, sehe ich an solchen Tagen darüber hinweg. Qualität statt Quantität, oder so.
Seit wir diese Punkte beachten, läuft es bei uns wirklich besser. Auch in hausaufgabenreicheren Zeiten.
Ich bin aber total neugierig, ob ihr mir noch andere Tipps geben könnt!