Ausbildung abgebrochen: Unter diesen Umständen will ich keine Hebamme werden

Hebammen sind unverzichtbar. Sie stehen Frauen in einer Zeit zur Seite, die neu, aufregend und oftmals angsteinflössend ist. Sie geben Sicherheit und Vertrauen.

Allerdings bekommen Hebammen von der Gesellschaft und Politik nicht nicht genügend Rückhalt und Unterstützung. Es kommen immer mehr Kinder auf die Welt, während die Situation für Hebammen immer schlechter wird. 

Die Kreißsäle sind zu voll und immer mehr Geburtsstationen schließen. Dazu brechen viele Hebammen unter der finanziellen Last der gestiegenen Haftpflichtversicherung zusammen.

Wir können dankbar sein, wenn sich junge Frauen trotz dieser Missstände für die Ausbildung zur Hebamme entscheiden. Und es ist zu schade, wenn eine von ihnen dann doch noch die Ausbildung abbricht und alles hinschmeißt.

Eine ehemalige Hebammenschülerin hat uns ihre Geschichte erzählt und uns erklärt, warum sie unter diesen Umständen keine Hebamme sein möchte. Und das, obwohl der Beruf irgendwann einmal ihr Traumjob war.

Hebamme und Mutter wickeln Baby

Hebammen sind für viele Mütter in der ersten Zeit nach der Geburt der wichtigste Ansprechpartner.
Foto: Bigstock

Es ist ein persönlicher Erfahrungsbericht, der keineswegs pauschalisiert werden kann. Aber er gibt einen guten Einblick, was während einer Ausbildung alles schief laufen kann und wie man junge Auszubildende demotiviert und letztendlich sogar abschreckt:

„Vor Kurzem habe ich meine Ausbildung zur Hebamme abgebrochen.

Ich stehe zu meiner Entscheidung, aber glücklich macht sie mich auch nicht. Ganz im Gegenteil, ich bin sogar sehr traurig, schließlich habe ich immer an diesen Beruf geglaubt und mich mit ihm identifiziert.

Ich finde, das Schönste im Alltag einer Hebamme ist es zu sehen, wie glücklich die Eltern sind. Natürlich sind sie auch manchmal etwas überfordert, aber das gehört eben auch dazu. Ich konnte Menschen in einem sehr persönlichen und intimen Moment zur Seite stehen und Gutes bewirken. 

Oft haben mich Frauen angesprochen, die verzweifelt waren und Hilfe benötigten. Und wenn ich ihnen dann einen passenden Tipp oder eine Methode gezeigt habe, die dann auch noch eine gute Wirkung hatte, war das unglaublich erfüllend.

Die Dankbarkeit, die ich erlebte, war unbezahlbar.

Zudem fand ich das Wissen, welches ich mir durch die Hebammen-Ausbildung aneignen konnte, sehr bereichernd. Es war nicht nur für meine Arbeit als Hebamme wichtig, sondern hat mir auch im alltäglichen Leben geholfen. Man lernt sehr viel über den eigenen Körper, und viele Sachen waren mir vorher gar nicht so klar.

Was mich jedoch zum Beenden der Ausbildung gebracht hat, war das Krankenhaus. Ganz ehrlich – Krankenhäuser sind für mich zu reinsten Hass-Orten geworden.

Mama mit neugeborenem Baby im Krankenhaus

Im Krankenhaus kümmerten sich oft die Hebammen-Schülerinnen um die werdenden und Neu-Mamas
Foto: Bigstock

Ja, sie sind wirtschaftliche Betriebe, und es gelten gewisse Regeln und Rahmenbedingungen. Aber das entschuldigt nicht, wie dort mit Auszubildenden umgegangen wird.

Im Krankenhaus wurde ich ständig nur als „Schülerin“ abgestempelt. Ich war in der Hierarchie ganz unten und wurde dementsprechend auch behandelt. Mein Selbstwertgefühl fiel während der Zeit im Krankenhaus, bis ich mich ganz unten fühlte. Immer fielen Sätze wie: „Darf die Schülerin denn dabei sein?“, „Muss sie hier sein?“.

Okay, ich war noch in der Ausbildung, aber ich war ja vor Ort, um etwas zu lernen. Darum ging es doch.

Und dann gab es noch die andere Seite. Ich habe immer wieder erlebt, wie Hebammen-Schülerinnen viel zu viel Verantwortung und Arbeit bekommen haben. Immer saßen die Schülerinnen an der Seite der gebärenden Frauen. Sie atmeten mit den Frauen, massierten sie und redeten ihnen gut zu. Die examinierten Hebammen ließen sich manchmal gar nicht blicken.

Zu den werdenden Müttern konnte ich in solchen Situationen eine gute Bindung aufbauen. Und ich habe gespürt, wie dankbar viele Frauen waren. Die Hebammen bekamen davon oft überhaupt nichts mit, da sie höchstens einmal in der Stunde vorbeikamen, um zu sehen, ob das CTG-Gerät noch läuft.

Während meiner Ausbildung kam ich sehr oft erschöpft nach Hause. Oft erst gegen 22 Uhr wegen der Spätschichten. Und dann musste ich um 4:30 Uhr wieder raus. Und das immer 14 Tage hintereinander. Ich weiß, so ist das Schichtsystem. Jedoch bekam ich manchmal keine Ausgleichstage. Viele meiner Klassenkameradinnen musste sich ihre Ausgleichstage sogar regelrecht erkämpfen.

Ich fühlte mich überarbeitet und hatte das Gefühl, mein Leben zu verpassen. Ständig war ich arbeiten oder bereitete mich auf meinen neuen Dienst vor. Oder ich ging sehr früh schlafen, um wieder bei der nächsten Schicht frisch und ausgeruht zu sein.

Hebammen-Schülerin ist überarbeitet und erschöpft

„Im Krankenhaus fühlte ich mich überarbeitet und hatte das Gefühl, mein Leben zu verpassen.“
Foto: Photo by Finn Hackshaw on Unsplash

Und dann gab es noch einen Punkt, der mich während meiner Ausbilung extrem störte. Der raue Ton der ausgebildeten Hebammen und ihre mangelnde Empathie.

Bei einigen meiner ehemaligen Kolleginnen frage ich mich wirklich, warum sie diesen Beruf gewählt haben. Wieso sind sie Hebammen geworden, wenn sie sich insgeheim an den „anstrengenden, nörgelnden Frauen“ und den „nervigen Neugeborenen“ stören? Gerade in diesem Beruf sollte Empathie doch nicht fehlen.

Im Nachhinein denke ich, dass mir dieser schöne Beruf versaut wurde. Viele unschöne Situationen haben mich geprägt. Ständig hatte ich das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Alles falsch zu machen. Ich hatte das Gefühl, dass Pfeile auf mich abgeschossen wurden, die nicht abprallten, sondern eingedrungen sind. Und es interessierte niemanden.

Meine Mutter war auch Hebamme und ich wurde quasi in diesen Beruf „reingezogen“. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich viele Erfahrungen durch meine Ausbildung gemacht habe, und ich bin auch dankbar für alle einzigartigen Momente, die ich mit den Frauen hatte.

Aber ich konnte und wollte mich dem Krankenhaus-Klima nicht mehr aussetzen. Mir hat es irgendwann einfach gereicht.“

Wiebke Tegtmeyer

Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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