„Es wird ein Mädchen!“ Seit dem Ultraschall bei meiner Frauenärztin war ich mir sicher: Also, unsere Tochter, die wird immer richtig cool aussehen.
Mehr Räuber- als Königstochter, eher Pippi als Annika. Nur ganz wenig Rosa und Glitzer! Eben Typ süße freche Göre.
Jetzt mit zweieinhalb Jahren ist sie tatsächlich eine ganz bezaubernde freche Göre. Nur die Idee mit dem wenig Rosa und Glitzer, von der habe ich mich ganz schnell verabschiedet.
Es fing schon vor ihrer Geburt an. Freundinnen und Omas waren verzückt: Endlich ein Baby-Mädchen, das man beschenken konnte! Rosa Bodies, rosa Leggings, rosa Jäckchen: Beim Öffnen der ersten Geschenke grinsten mein Freund und ich uns noch verstohlen an. Und packten die Sachen zu der Kleidung, die wir gekauft haben: blaue, grüne, graue Stücke, sogar schwarze Mini-Metal-Band-Shirts und Bodys im Tattoo-Style waren dabei.
Ich dachte, ich wäre gut gegen die Pink-Invasion gerüstet.
Mit der Zeit merkte ich jedoch, dass auch ich mehr und mehr zu mädchenhaften Sachen griff. Zu meiner Entschuldigung: Gab es beim Discounter zum Beispiel Bodies, war das Set für Mädchen mit den Herzen und rosa Kaninchen wirklich so viel süßer als die orangefarbenen Dinos neben grünen Flugzeugen. Und die rosa Bilderrahmen passten eben perfekt zu den weiß-rosa Möbeln des Kinderzimmers. Die wir übrigens selbst so ausgesucht hatten.
Und damit nicht genug: Seit meine zweieinhalbjährige Tochter ein paar Worte sprechen kann, hat sie beim morgendlichen Anziehen die Hosen an. Aber nur, wenn diese pink sind. Sonst verlangt sie lieber lautstark nach einem „schönen Kleid, Mamaaaaa!“ Dieses wird dann umgehend Papa präsentiert, inklusive Tanzen. Neuerdings hat sie sogar Ideen für ihre Frisuren! „Zwei Zöpfe über den Ohren, genau wie Ida heute in der Krippe!“ Ha – aber gerne. Da habe ich wenigstens einen kleinen Pippi-Langstrumpf-Moment. Wenn die kleinen Haarpinsel nur nicht von Hello-Kitty-Gummis gehalten werden würden.
Gerade wollte ich ihr übrigens beim elendigen Winterstiefel-Kauf ein dunkelgraues Modell andrehen, das ich gut fand. Ich hatte wirklich keine Chance. Nicht gegen die Verkäuferin, nicht gegen meine Tochter. Nach Hause gingen wir mit einem Paar zartrosa Stiefelchen mit Glitzerdetails. Immerhin sieht es jetzt, nach zwei Mal Tragen im Matsch, eher hellgrau aus – wie um mich zu trösten.
Ist ihre Liebe zu Rosa nun angeboren oder anerzogen?
Da sind sich die Forscher nicht ganz einig. Eine Untersuchung, die für einen genetischen Einfluss sprechen, ergaben, dass bereits drei Tage weibliche Babys eher auf Gesichter reagieren als männliche Neugeborene, die sich eher bewegten Objekten und Geräuschen widmen. Eine Hinwendung zu Personen und eine Farbpräsenz (Gesichter sind rosa!) könnten deshalb angeboren sein, so Prof. Dr. Doris Bischof von der Ludwig-Maximilians-Universität
München.
Mit einer anderen Ergebnissen kamen Forscher der University of Virginia um die Ecke: Für eine Studie zeigten sie sieben Monate alten Babys bis fünfjährigen Kindern acht Paare von identischen Objekten. Der einzige Unterschied: Eines war immer rosa, das andere hatte eine andere Farbe. Welches Kind mochte nun welches Objekt am liebsten? Bis zu einem Alter von zwei Jahren wählten Mädchen und Jungen ungefähr die gleichen Farben. Danach wollten Mädchen vor allem eines: pink!
Inzwischen finde ich, dass man als Mutter eines Mädchens nicht an Rosa und Pink vorbeikommt und auch nicht an allem anderen, was sonst typischerweise zu Mädchen gehört. Ich gehe jetzt entspannter an die Sache ran.
Ist das völlige Verweigern von „typischem Mädchenkram“ nicht genauso albern wie das konsequente Aufrüschen der kleinen Mäuse? Meine Tochter trägt alle Farben des Regenbogens, sieht in allen umwerfend süß aus – und zu ihrem Geburtstag bestelle ich ihr einen pinken Minnie-Maus-CD-Player und eine Feuerwehr-Uniform.
Sie wird beides lieben!