Für die meisten von uns ist er ein absolutes Mysterium: Der Beckenboden. Viele hören erst im Geburtsvorbereitungskurs das erste Mal davon. Und wenn es dann im Rückbildungskurs heißt „Jetzt den Beckenboden anspannen!“, hat bestimmt die Hälfte der Mamas im Kursraum erstmal keine Ahnung, was zu tun ist. (Ich darf das so schreiben, mir ging es nämlich nicht anders…) Und das ist am Ende tatsächlich richtig problematisch: Denn wer so gar nicht weiß, worum es hier geht, kann früher oder später gesundheitliche Probleme kriegen.
Deswegen habe ich hier einmal alle Infos gesammelt, die man braucht:
Was ist denn eigentlich der Beckenboden?
Du kannst dir den Beckenboden vorstellen wie eine Hängematte, die in deinem Becken aufgespannt ist. Was sich so einfach und gemütlich anhört, ist in Wirklichkeit ein sehr ausgeklügeltes Netz verschiedener Muskeln und Bindegewebe.
Diese Muskulatur arbeitet mit vielen verschiedenen anderen Bereichen des Körpers zusammen:
Dem Bauch:
Und zwar erstens der Bauchmuskulatur. Ist diese kräftig, kann sie den Beckenboden unterstützen und Stöße beim Niesen etc. abfedern. Und zweitens dem Bauchraum, weil der Beckenboden dafür sorgt, dass die inneren Organe an ihrem Platz bleiben und diese abfedert, z. B. wenn du springst.
Dem Rücken:
Auch mit der Rückenmuskulatur ist der Beckenboden eng verbunden. Die kleinen und großen Rückenmuskeln stützen und bewegen die Wirbelsäule, auch das Becken hängt damit zusammen. Die Spannung und Flexibilität der Rückenmuskeln beeinflussen die Arbeit des Beckenbodens unmittelbar.
Der Blase:
Wenn sich Urin in der Blase sammelt, verschließt der Beckenboden die Harnröhre. Um die Blase zu entleeren, muss sich der Beckenboden entspannen. Nach der Entleerung nimmt die Spannung der Beckenbodenmuskulatur langsam wieder zu. Sie enthält Muskelfasern, die sehr schnell arbeiten. Denn sie halten auch ruckzuck die gefüllte Blase im Bereich der Harnröhre dicht, wenn diese zum Beispiel beim Niesen unter Druck gerät.
Dem Darm:
Hier gilt quasi dasselbe wie bei der Blase: Der Beckenboden stützt den Enddarm ab. Während sich der Stuhl im Enddarm sammelt, ist die Beckenbodenmuskulatur angespannt. Soll der Darm entleert werden, müssen die Muskeln gezielt loslassen können.
Die Gebärmutter:
Die obere Muskelschicht umschließt den Gebärmutterhals und die Scheide. Während der Schwangerschaft ist die Beckenbodenmuskulatur somit die wichtigste Stütze für die Gebärmutter und das Ungeborene. Bei der Geburt ist dann ihre Elastizität gefragt: Sie trägt dazu bei, das Kind durch die Scheide „auf die Welt“ zu befördern.
Der Atmung:
Der Beckenboden hilft der Lunge, die Luft beim Ausatmen schön langsam abzugeben.
Wo genau liegt er?
Die Muskulatur des Beckenbodens umgibt unseren Mastdarm, den After, die Scheide und die Harnröhre.
Oberhalb des Beckenbodens liegen deine Bauchorgane. Sie werden in dieser Hängematte an Ort und Stelle gehalten und gestützt, wenn du aktiv bist.
Dieses Video veranschaulicht die Lage und die Funktion der„Hängematte“ sehr gut:
Es werden der vordere und der hintere Beckenboden sowie die Schwellkörper- und Schließmuskelschicht unterschieden. Jede Schicht übernimmt ihre eigenen Aufgaben.
Wie kann ich den Beckenboden spüren?
Ein gesunder Beckenboden erfüllt seine Aufgaben, ohne, dass seine „Besitzerin“ es merkt. Er ist also sehr uneigennützig – und genau deswegen wird er auch meist vergessen, solange er reibungslos funktioniert.
Aber auch, wenn es scheinbar erstmal nicht nötig ist: Man kann die Schichten der Beckenboden-Muskeln aber tatsächlich ganz bewusst anspannen – und auch wieder loslassen. Und das bedeutet auch: Der Beckenboden lässt sich trainieren! Und mit genau diesem Training können wir dafür sorgen, dass unser Beckenboden beispielsweise einer Schwangerschaft standhält und bis ins hohe Alter stabil bleibt. Damit du ihn weiterhin die meiste Zeit vergessen kannst 😉
Versuch doch mal, die Beckenbodenmuskeln langsam anzuspannen. Diese Bewegung bekommst du gut hin, wenn du dir vorstellst, dass du deinen Urin zurückhälst. (Aber Achtung: Dieses Bild dient nur zur besseren Veranschaulichung der Lage der anzuspannenden Muskeln. Du solltest die Übung nie wirklich beim Wasserlassen machen, denn das ist nicht gut für die Blase.) Du kannst ein wenig mit der Stärke der Anspannung spielen, um ein besseres Gefühl zu bekommen – tadaaaa, da ist er, dein Beckenboden!
Warum wird der Beckenboden durch eine Schwangerschaft belastet?
Während der Schwangerschaft lastet über Monate ein ganz schönes Gewicht auf deinem Beckenboden. Gleichzeitig wird er hormonbedingt weicher und lockerer. Das i-Tüpfelchen ist dann die Geburt, hier wirken riesige Kräfte auf die „Hängematte“ ein – die anschließend ganz schön durchhängen kann. Das Geflecht kann schlichtweg überdehnt werden.
Trainierte und flexible Muskeln erleichtern die Geburt und schützen vor Verletzungen des Beckenbodengewebes.
Aber auch andere Faktoren können dem Beckenboden schaden. Mit fortgeschrittenem Alter kann eine Bindegewebsschwäche den Beckenboden weich machen. Und extreme Sportarten mit vielen Erschütterungen durch Stöße und Sprünge können die innere „Hängematte“ ausleiern.
Welche Übungen gibt es, um den Beckenboden zu stärken?
Wenn du die Beckenbodenmuskeln anspannst, schau, ob du sie noch ein wenig mehr anspannen kannst – und dann wieder etwas weniger. Achte darauf, dass dir das gelingt, ohne dabei Po und Beine anzuspannen. Spanne die Beckenbodenmuskeln etwa drei Sekunden lang richtig fest an. Dann entspanne sie langsam wieder. Wiederhole die Übung mehrere Male und lass dir dafür Zeit. Es ist wichtig, dass du sie langsam machst, denn so spürst du mehr.
Das ist sozusagen die „Grundübung“ fürs Beckenbodentraining. Wer möchte, kann noch viel mehr machen! Hier findest du Übungen für jede Gelegenheit und hier kannst du nachlesen, was unserem Beckenboden im Alltag gut tut.
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