„Hilfe, wie stoppe ich mein gesprächiges Kind ohne gemein zu sein?”

Wenn das Kind anfängt zu sprechen, ist das für viele Eltern ein ganz besonderer Meilenstein. Endlich kann es sich auch verbal äußern und lernt gefühlt täglich ein neues Wort. Unvorstellbar, dass es mal nerven könnte, wenn dein kleiner Schatz dir etwas erzählen möchte. Aber es gibt Kinder, die zu richtigen kleinen Quasselstrippen werden und ihr Umfeld ununterbrochen an ihren Gedanken teilhaben lassen.

So erlebt es eine Mama, die sich an das Ratgeber-Forum von parents.com wendet, weil ihr Kind ihr keine Sekunde Ruhe lässt. Sie bekommt dort ein paar gute Tipps, die vielleicht auch dir helfen, wenn du den Redefluss deines Kindes stoppen willst, ohne verletzend zu sein.

„Hilfe, meine Vierjährige hört nicht auf zu reden!“

„Meine 4-jährige hört nicht auf zu reden. Sie redet buchstäblich durchgehend von 7 bis 20 Uhr auf mich ein. Sie sagt 5.000 Mal am Tag ‚Mami‘ und besteht darauf, dass ich auf jeden Satz aus ihrem Mund antworte. Ich verliere den Verstand und fühle mich schrecklich, wenn ich das sage, aber ich kann ihre Stimme in letzter Zeit nicht mehr ertragen. Wie kann ich mein gesprächiges Kind bremsen, ohne eine gemeine Mutter zu sein?”

Mit diesen Worten wendet sich die verzweifelte Mama an die Kinderpsychologin Emily Edlynn, die den Eltern im Forum Rat gibt.

Dauerquasseln als wichtiger Entwicklungsschritt

Zunächst kann die Psychologin die Mama beruhigen: So eine kleine Rednerin ist für viele Eltern eine Geduldsprobe. Die Themen eines vierjährigen Kindes sind nicht die, die die Aufmerksamkeit von uns Erwachsenen auf die Dauer fesseln und außerdem ist Stille unerlässlich für die geistige Gesundheit.

Für Kinder ist es aber nicht ungewöhnlich, dass sie ihre innere Stimme erproben, indem sie eine gewisse Zeit lang jeden Gedanken aussprechen. Ganz wichtig: Das Kind möchte seine Eltern also nicht bewusst mit dem Gerede nerven! Dieses Verhalten ist einfach ein Entwicklungsschritt, damit es sich irgendwann selbst regulieren kann. Die beschriebene Tochter sei wahrscheinlich ein extrovierter Mensch, denn diese lassen ihr Umfeld besonders gerne daran teilhaben, was sie gerade beschäftigt.

Das bedeutet aber nicht, dass die Mama sich keine Ruhe gönnen darf und rund um die Uhr für den Redeschwall ihres Kindes verfügbar sein muss. Im Gegenteil, Eltern sollten ihr Kind darin unterstützen, dass es lernt, besser zu filtern, welche Informationen es mitteilt.

Tipps der Kinderpsychologin

Die Psychologin hat mehrere Ideen, was Eltern und Kindern in so einem Fall helfen kann:

1. Unterschied zwischen Selbstgespräch und Dialog erkennen

„Eltern sollten unterscheiden, welches Geschwätz Selbstgespräche sind, auf die sie eigentlich nicht achten müssen, und welches Geschwätz dazu gedacht ist, Gefühle zu teilen. Zweites hat höhere Priorität für eine Antwort, um zu zeigen, dass sie sich dafür interessieren, was das Kind zu sagen hat.

In dem speziellen Fall hört es sich so an, als müsste das Kind diesen Unterschied selbst noch lernen, da es aktuell auf jeden Gedanken eine Reaktion der Mutter erwartet. Edlynn nennt auch Beispiele, um den Unterschied zu verdeutlichen: „Ich werde ein Bild zeichnen und ich werde Rot und Blau und Lila verwenden”, wäre ein Selbstgespräch, anders als „Mama – schau dir das Bild an, das ich gezeichnet habe!”

2. Grenzen setzen

Die zweite Empfehlung lautet: „Setze Grenzen und erkläre deinem Kind, dass du dich den ganzen Tag über auf andere Aufgaben konzentrieren müssen und du sicherstellen möchtest, dass du wirklich auf das hörst, was deinem Kind am wichtigsten ist.”

Am besten wäre es, wenn die Mutter eine feste Zeit einrichtet, in der sie ihrer Tochter genau zuhören kann. In diesen Momenten bekommt die Kleine dann die volle Aufmerksamkeit. „Verbinde diese konzentrierte Zuhörzeit mit einem Teil der täglichen Routine, damit sie weiß, was sie erwartet; zum Beispiel nach den Mahlzeiten.”

3. Negative Aussagen vermeiden

Auch wenn es sich manchmal kaum unterdrücken lässt, Eltern sollten laute negative Aussagen wie „Du hörst nie auf zu reden!“ unbedingt vermeiden. „Diese können zu Scham und zu einem negativem Selbstbild führen. Erkläre ihr stattdessen, dass du ihr nicht den ganzen Tag zuhören kannst, so sehr du es auch liebst, ihr zuzuhören. Dieses Feedback hilft ihr, für die reale Welt gerüstet zu sein, in der niemand stundenlang ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt.”

4. Selbstregulation und -Kontrolle üben

Die Psychologin erinnert daran, dass alle kleinen Kinder zuerst lernen müssen, ihre Impulse zu regulieren. Deswegen ist es wichtig, bei den Übungen den Spaß in den Vordergrund zu stellen und ihnen einen spielerischen Charakter zu geben.

So können Eltern zum Beispiel einen Timer stellen und mit ihrem Kind darum wetten, ob es es schafft, eine Minute zu schweigen. Wenn das klappt, kann diese Zeit auf 3 bis 5 Minuten verlängert werden. In dieser Zeit könnten Mama oder Papa das Kind bitten, eine kleine sportliche Übung auszuführen oder zum Beispiel in Gedanken ein Bild auszumalen – manchen Kindern fällt die Stille dann leichter. Außerdem lernen sie dadurch, den Drang zu sprechen durch andere Eindrücke zu ersetzen.

Auf eine ähnliche Art und Weise können Eltern mit ihrer kleinen Quasselstrippe auch das Zuhören üben: Sie stellen einen Timer und fangen an, über etwas zu sprechen, was für das Kind spannend ist. Ziel ist es, dass das Kind es immer etwas länger aushält, bis es seine eigene Geschichte erzählt. Wenn es gar nicht klappt, können Eltern dem Kind kleine Hilfen beibringen, zum Beispiel, dass es dreimal tief durchatmet, bevor es beginnt zu sprechen.

Was die Ursachen für übermäßiges Reden bei Kindern sind

Vielleicht ein kleiner Trost für alle angestrengten Eltern: Das viele Reden kann ein Zeichen dafür sein, dass dein Kind besonders sprachtalentiert und begabt ist. Solche Kinder brauchen manchmal etwas mehr Reize und geistige Herausforderungen. Ihnen hilft es, wenn die Eltern gemeinsam mit ihnen noch andere Möglichkeiten erkunden, sich auszudrücken.

Wenn das Dauerreden allerdings themenübergreifend erfolgt und auch das ständige Unterbrechen von anderen beinhaltet, könnte es auch ein Hinweis für ADHS sein. Das ununterbrochene Quasseln ist in einem solchen Fall ein Indikator dafür, dass die Kinder sehr unter Strom stehen und nicht zur Ruhe kommen können.

Niemand ist gemein, weil er sich ein bisschen Ruhe wünscht

Abschließend erinnert die Psychologin daran, dass es ganz normal ist, wenn Eltern von ihrem kleinen Redetalent genervt sind und sich überwältigt fühlen. Das ist also kein Grund, sich schuldig zu fühlen. Wichtig ist nur, wie die Eltern dann mit der Situation umgehen.

Dafür macht Edlynn noch einmal Mut: „Niemand liebt dein Kind so wie du und deswegen bist du die perfekte Person, um es durch diese Phase zu coachen – sowohl damit du überlebst als auch damit dein Kind sich gut entwickelt.”

Hast du auch eine kleine Quasselstrippe zuhause? Wenn ja, wie gehst du damit um? Verrate es uns gerne in den Kommentaren!

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Alex
Alex
1 Jahr zuvor

Nach einer Stunde mit meiner 5-Jährigen hat sie mein Hirn zu Mus gequasselt. Total süß, aber anstrengend, wenn man versucht, den Alltag zu managen. Ich sage ihr dann manchmal, dass ich gerade nachdenken oder mich konzentrieren muss und ich ihr deshalb gerade nicht so zuhören kann wie ich das möchte und sie es verdient hat. Keine Ahnung, ob sie das wirklich versteht.