Die Schwangerschaft ist eine sehr emotionale Zeit, voll Freude, Hoffnung, aber manchmal auch voller Angst. Dabei braucht es manchmal nur ein wenig mehr Vertrauen aufs Bauchgefühl. „Echte Mama“ Melanie erzählt uns ihre Geschichte:
„Wenn ich mir mein zufrieden schlafendes Baby ansehe, kann ich kaum glauben, dass ich wegen ihm in der Schwangerschaft so viele Tränen vergossen habe.
Und doch ist es so, denn ich musste erfahren, wie es sich anfühlt, als Risikoschwangerschaft eingestuft zu werden.
Plazentainsuffizienz (geschwächter Mutterkuchen), damit erhöhte Gefahr einer Schwangerschaftsvergiftung, Unterversorgung des Babys und zu kleiner Fötus: Das waren die Diagnosen, die mir während der neun Monate um die Ohren geworfen wurden.
Nur ein Brief, kein Gespräch
Die fürchterliche Zeit begann im vierten Monat, als ich zum ersten Mal hörte, ich müsste ab sofort „engmaschig kontrolliert“ werden. Dabei hätte die Untersuchung, die dazu führte, genau das Gegenteil ergeben sollen: Wegen einer angeborenen Familienkrankeit wollte ich wissen, wie es um die Organe des Babys stand, um mich für oder gegen eine Entbindung in einem Krankenhaus mit Kinderklinik entscheiden zu können. Beim Doppler-Ultraschall wurde besagte Krankheit ausgeschlossen.
Aber statt mich zu freuen, hörte ich, dass das Baby etwas klein geraten sei und ich unbedingt bald wiederkommen sollte. Zuhause las ich den Arztbrief, und bekam das erste Mal ein bisschen Angst. Verminderte Durchblutung, so die Diagnose. Gesagt hatte man mir davon nichts, es gab kein Gespräch, in dem ich die 1000 Fragen stellen durfte, die ich nun hatte.
Weitere Arzttermine
Auch bei den weiteren Untersuchungen, zu denen ich brav ging, gab es auch keine Antworten. Aber schließlich erklärte mir eine Ärztin, mein Kind sei viel zu klein. Dass ich selbst unter 1,60 m groß bin und ein Vorschwangerschaftsgewicht von unter 50 Kilo hatte, wurde zwar in die Diagnose mit einbezogen, aber es hieß „Unter der untersten Perzentile ist unter der untersten Perzentile“. Mein Kind fiel bei der Größe also aus jeder Statistik. Ich hatte also offiziell eine Risikoschwangerschaft.
Liegen sollte ich viel, mich schonen, Stress vermeiden. Denn das geschätzte Untergewicht war nicht der einzige Grund zur Sorge. Meine Gefäße seien nicht durchlässig genug. Mein Baby sei unterversorgt. Mein Lebensalter von 30 Jahren ja auch schon nicht mehr ideal – zu alt!
Die ständigen Kontrollen und die damit verbundenen, sich wiederholenden Konfrontationen mit den Dingen, die so gar nicht normal seien, sorgten nicht unbedingt für Stressvermeidung. Im Gegenteil. Ich weiß, dass Ärzte manchmal übervorsichtig sind bzw. übervorsichtig sein müssen, aber ich hätte zwischendurch etwas Zuspruch gebraucht.
Die Sorgen wurden immer größer
Nach jeder Untersuchung war ich fertig mit den Nerven, streichelte meinen Bauch und versuchte, einen letzten Rest Mut und Glauben in mir zu finden. Im achten Monat bekam ich es schwarz auf weiß: Plazentainsuffizienz. Eine spontane Geburt könne für die Plazenta noch mehr Stress bedeuten, dazu führen, dass ich viel Blut verlieren würde, das Baby Schäden davontragen würde. Ein Kaiserschnitt wurde angeraten. Eine weitere Ärztin erklärte mir, dass das außerdem bedeute, dass ich ein sehr hohes Risiko für eine Schwangerschaftsvergiftung hätte. Bei jedem Anflug von Kopfschmerzen oder Sodbrennen sah ich nun schon den Arzt mit Skalpell vor meinem inneren Auge. In meinen Gedanken wälzte ich das Wort Risikoschwangerschaft hin und her.
Und dann, als ich nervlich schon völlig am Ende war, gab es zwei Menschen, die mir halfen, wieder gelassener zu werden und die letzten Wochen meiner Schwangerschaft doch noch zu genießen: meine Hebamme und mein Baby selbst.
Endlich: Entspanntere letzte Wochen
Meine Hebamme beruhigte mich, so gut sie konnte, erzählte mir geduldig und immer wieder, dass die Ergebnisse von Messungen nicht allein ausschlaggebend wären. „Ja, dein Kind ist klein, aber das bist du auch. Dein Baby wächst! Es geht ihm gut!“, so meine Hebamme. „Hör nicht zu viel auf die Statistiken, mit ihren Zahlen und Normen.“
Sie zeigte mir Entspannungstechniken, sorgte dafür, dass ich mir täglich Zeit nahm, einfach nur dazuliegen und in mich hineinzufühlen, mit meinem Baby zu sprechen und es zu streicheln.
Es wirkte. Ich begann, auf die Bewegungen in meinem Bauch mehr zu hören als auf die niederschmetternden Diagnosen. Ich begann, zu entspannen. Ich legte die Füße hoch und die Hände auf meine Kugel, spürte die stärker werdenden Tritte, streichelte das Köpfchen und fühlte durch die Haut die kleinen Fäuste. Mein Baby und ich – wir wurden ein Team, kommunizierten. Die „engmaschigen Kontrollen“ ließ ich sausen. Meine Hebamme war damit einverstanden.
Trotz ständiger Senkwehen und der Prophezeiung der Ärzte, dass ich bestimmt vor dem Termin entbinden würde, ließ sich das Kind nun auch Zeit und ich mir mit ihm.
Am Ende kam es, wie es kommen musste: Bei der Kontrolle zwei Tage nach dem errechneten Entbindungstermin hörte ich den Satz: „Ich möchte Sie zur Einleitung der Geburt ins Krankenhaus schicken.“ Gestärkt durch alles, was zuvor gewesen war, winkte ich ab und ging einfach nach Hause.
Genau eine Woche später durfte ich mein Baby zum ersten Mal in den Händen halten – ohne Kaiserschnitt, ohne Komplikationen, ohne Blutverlust, groß und stark genug, um gleich mit mir nach Hause zu gehen und dafür mit der Erkenntnis, dass man nicht immer der Norm entsprechen muss, um gesund und glücklich zu sein.