Als Mama Hannah nach der Geburt Schmerzen bemerkt, denkt sie zunächst, dass ihr Körper einfach noch Zeit braucht. Nie wäre sie darauf gekommen, dass ohne ihr Einverständnis ein Eingriff an ihr vorgenommen wurde. Erst als die 23-Jährige erneut schwanger wird, erfährt sie endlich, was die grausame Ursache ihrer Beschwerden ist.
Die neue Frauenärztin der jungen Mutter sieht sofort, dass etwas nicht stimmt.
Der Ausgang ihrer Vagina ist viel zu eng, das Gewebe völlig vernarbt. Ohne ihre Erlaubnis und sogar ohne ihr Wissen hat Hannahs ehemaliger Arzt direkt nach der Geburt einen sogenannten „Husband Stitch” bei ihr durchgeführt.
Der Husband Stitch, auch Daddy Stitch genannt, bezeichnet die Praktik, Frauen nach der Geburt „enger“ zu nähen, um den Geschlechtsverkehr für den Mann lustvoller zu machen. Im Internet findet man viele Berichte von Frauen, die wahnsinnig darunter leiden, dass der Arzt ein, zwei, drei Extrastiche gemacht hat, um dem Partner der Neu-Mama eine „Gefallen“ zu tun. Oder von Ärzten, die berichten, dass sie im Kreissaal mehrfach von Neu-Papas gefragt wurden, ob sie nicht einfach noch ein paar Stiche mehr machen könnten.
Auch Hannah erzählt auf TikTok von ihrer Erfahrung mit dieser Praxis, die nichts anderes als Gewalt im Kreißsaal ist.
Das Ganze ist 2019 passiert, als sie und ihr Mann in einer Militärbasis in Alaska wohnten. Im dortigen Krankenhaus wurde auch Hannahs Sohn geboren. Während der Geburt erlitt Hannah einen Dammriss, eine Weichteilverletzung zwischen Vulva und After, die während der Geburt entsteht.
Da es sich um eine typische Geburtsverletzung handelt, war Hannah nicht allzu besorgt. Ihr Arzt nähte sie direkt nach der Geburt und sie wusste, dass der Körper nun etwas Zeit zur Heilung benötigen würde. Sechs Wochen später hatte sie ihre Nachsorgeuntersuchung und ihr Arzt teilte ihr mir, dass alles wunderbar verheilt sei und sie nun auch wieder Sex haben könne.
Doch als Hannah und ihr Mann miteinander intim werden, bemerkt sie sofort, dass etwas nicht stimmt.
Jede Art von Penetration sei „extrem unangenehm” gewesen, oft sogar „schmerzhaft”. Die junge Mutter ist beunruhigt und sucht noch einmal Rat bei ihrem Arzt. Doch dieser tut ihre Einwände ab und schiebt ihre Probleme beim Sex auf die Hormone. Hannah solle einfach mehr Gleitgel verwenden, dann würde das schon klappen.
„Ich war zum ersten Mal Mutter und wusste nichts“, gesteht sie in ihrem Video. „Ich habe einfach den Vorschlag angenommen und dachte: ‚OK, das muss normal sein.‘“ Doch leider änderte auch zusätzliches Gleitgel nichts daran, dass der Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann für sie eine schmerzhafte und unangenehme Erfahrung wird, egal was sie und ihr Partner versuchen.
„Ich habe zwei Jahre lang unter Schmerzen und Beschwerden gelitten – 2 Jahre!“
Erst als sie und ihre Familie auf eine andere Militärbasis zogen und Hannah 2020 wieder schwanger wurde und eine neue Gynäkologin aufsuchte, kam alles ans Licht. Während eines routinemäßigen Abstrichs unterbrach die Ärztin die Untersuchung, um ihr mitzuteilen, dass „die Dinge dort unten definitiv nicht normal“ waren.
Die Frauenärztin fragt die Schwangere vorsichtig, ob sie Schmerzen habe, wenn etwas in ihre Vagina eingeführt wird. Als Hannah das bejaht, erklärt die Gynäkologin ihr, dass sie nach der Geburt falsch zusammengenäht wurde. Die Öffnung zu ihrer Vagina ist erheblich kleiner, als sie hätte sein sollen. Es gibt zusätzlich eine Menge Narbengewebe in der Nähe des Eingangs.
Die Gynäkologin konnte sich nicht erklären, warum dies nicht von ihrem vorherigen Arzt erkannt wurde.
Leider erfährt Hannah bei der Untersuchung auch, dass sie durch das „falsche Zusammennähen” nach der ersten Geburt, bei der zweiten definitiv wieder aufreißen wird. Doch ein Gutes hat das immerhin: Ihre neue Frauenärztin kann nach der Geburt das überschüssige Narbengewebe wegnehmen und sie wieder normal zusammennähen. Deswegen hat die 23-Jährige seit der Geburt ihres zweiten Kindes keine Probleme mehr, „ich bin geheilt.”
Der Ausdruck „Husband Stitch” fällt im Gespräch mit der neuen Gynäkologin zwar nicht, aber als Hannah im Netz auf Erfahrungsberichte von anderen Frauen stößt, wird ihr einiges klar. „Es hat mich umgehauen, buchstäblich umgehauen. Nun ergibt alles einen Sinn, es ist verrückt.” Sie fühlt sich misshandelt und verletzt, als ihr bewusst wird, dass sie einer Straftat zum Opfer gefallen ist.
Sie teilt nun ihre Geschichte, um werdende Mamas vor dem Husband Stitch zu warnen.
„Sprecht es unbedingt bei euren Ärzten an, sagt es den Krankenschwestern und allen, die bei der Geburt dabei sein werden. Schreibt es am besten auch in euren Geburtsplan“, drängt Hannah. „Weil einige Ärzte es ansonsten einfach tun werden.”
Leider bestätigen das auch einige Kommentare unter Hannahs TikTok: „Das ist fast Wort für Wort meine Geschichte”, schreibt eine Mama. Eine andere Frau teilt mit: „Danke, dass du junge Frauen aufklärst und darüber sprichst. Mir ist das gleiche passiert und ich durfte nicht darüber reden.”
Abschließend möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass der Husband Stitch selten ist.
Die meisten Partner und Ärzte kommen nicht einmal auf die Idee, diese grausame Art des Sexismus in Betracht zu ziehen. Trotzdem kommt diese Praktik immer wieder einmal vor – und man muss auf sie hinweisen und über sie aufklären, um ihr hoffentlich in naher Zukunft ein Ende zu bereiten.
Hast du auch Gewalt unter der Geburt erlebt? Tausche dich gerne in den Kommentaren dazu aus!