„Meine Tochter, die ich liebevoll das Weidenkind nenne, hat das hypoplastische Linksherzsyndrom. Sie hat also nur ein halbes Herz und somit einen der schwersten Herzfehler, der lediglich eine palliative Behandlung möglich macht. Nach außen hin unsichtbar, aber eine schwere Behinderung, die das alltägliche Leben beeinflusst. Und da sie nicht auf den ersten Blick auffällt, mussten wir schon mehrfach erleben, dass andere Menschen meinen Umgang mit ihr verurteilen, ohne Hintergründe zu kennen.
Als Beispiel möchte ich euch von unserem letzten Besuch auf dem Spielplatz erzählen:
Das Weidenkind strahlt. Sie traut sich ganz alleine die große Rutsche hinunterzurutschen. Das ist neu und sie ist unheimlich stolz. Ein breites Lachen, funkelnde Augen: ‚Guck, Mama!‘ Der Berg zur Rutsche ist hoch und steil. Ihr Aufstieg wird von Mal zu Mal langsamer. Ich sehe, dass ihre Kräfte nachlassen. Schließlich legt sie sich auf halber Strecke auf den Boden. Sie kann nicht mehr. Es ist anstrengend.
Ich gehe hin und streichle ihr sanft den Rücken, um zu hören, wie sie weitermachen will. ‚Ich möchte auf dem Bauch rutschen‘, sagt sie leise. Sie möchte so gerne. Ich trage sie den Rest hoch und das Strahlen kehrt zurück. Das Weidenkind rutscht. ‚Huuuui, nochmal!‘ Sie geht wieder zum Berg und bleibt unschlüssig stehen, streckt die Arme nach mir aus: ‚Kannst du mich tragen, bitte?‘ Ihre Lippen sind blau. Ich trage sie wieder hoch. Und dann nochmal. Sie rutscht, sie lacht, sie freut sich. Normalität. Kind sein. Ich freue mich mit ihr.
Ich spüre Seitenblicke der anderen Eltern, mit denen wir zuvor nett geplaudert haben.
Es wird getuschelt. Eine Familie mit zwei Jungs geht sogar von uns weg. Ich höre etwas von ‚verwöhntes, faules Kind‘ und „nicht, dass unsere das dann auch wollen.‘ Ich versuche mir zu sagen, dass es mir egal ist. Sollen sie doch denken, was sie wollen. Aber ganz klein in mir ist auch das Bedürfnis, zu erklären, denn dann würde uns niemand mehr verurteilen. Aber ich unterdrücke es.
Es geht sie nichts an. Und das Weidenkind sollte das nicht mitanhören müssen und womöglich anfangen, sich Gedanken dazu zu machen. Das soll für sie gerade kein Thema sein. Sie ist einfach ein Kind, das rutscht. Ein fröhliches Kind. Und das ist doch alles, was ich will.”
Liebe Lea, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und dem Weidenkind alles Liebe für die Zukunft! Wenn ihr Lea und ihre Tochter auf ihrem Weg verfolgen wollt, schaut gerne bei ihrem Instagram-Account @lilienherz_ vorbei.
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