Meine große Kleine,
du warst ein absolutes Wunschkind. Nachdem dein Papa und ich wirklich lange Jahre getestet haben, ob es das Wahre, Große und Richtige mit uns ist, waren wir uns irgendwann sicher: Nur du fehlst uns noch zu unserem kompletten Glück.
Und dann hielt ich ihn irgendwann morgens in der Hand, den positiven Schwangerschaftstest.
Es war so unwirklich, und ich erzählt deinem noch schlafenden Papa davon. Und du weißt, wie er ist, wenn man ihn weckt – ich bin mir bis heute nicht sicher, ob er es überhaupt mitbekommen hat. Später am Tag tat er es aber auf jeden Fall 😉 Und war aufgeregter als ich.
Ich liebte es, mit dir schwanger zu sein.
Mir ging es gut, ich fand alles aufregend und wunderbar. Und irgendwann, ausgerechnet im Büro, spürte ich dich das erste Mal. Wie zarte Schmetterlinge in meinem Bauch. Wunderschön! Ich war so glücklich. Aber wie eine Mama fühlte ich mich noch nicht.
Schon früh, in der 24. Schwangerschaftswoche, wurde uns unsere Unbeschwertheit genommen.
Es bestand die Gefahr, dass du viel zu früh auf die Welt kommen würdest. Ehe ich wirklich begriff, was mit mir (uns!) geschah, lag ich im Krankenhaus, umgeben von besorgten Ärztinnen und Hebammen. Dort blieb ich fünf Wochen, in denen ich gerade mal fürs Klo oder einen kleinen Gang zum Teewagen im Flur aufstehen durfte.
Fünf Wochen, in denen es mir vorkam, als ob jemand bei meinem Leben die Stopptaste gedrückt hätte. Heute weiß ich, wie sehr sich das alles gelohnt hat. Würde mich auch zwanzig Wochen ins Bett legen, wenn du dadurch nur gesund zur Welt kommen würdest. Aber in dieser Zeit wollte ich nur eines: Nach Hause. Aufstehen. Mein Leben weiterleben. Natürlich wollte ich auch, dass du möglichst lange in meinem Bauch, in deinem Nest, behütet wachsen kannst. Aber wie eine Mama fühlte ich mich noch nicht.
Wieder zu Hause lag ich weiterhin, jetzt immerhin auf dem eigenen Sofa.
Bis du es in der 34. Schwangerschaftswoche nicht mehr abwarten konntest, die Welt zu sehen. Meine Fruchtblase platzte, du wurdest per Kaiserschnitt geboren. Bevor du auf die Neonatologie musstest, durfte ich dich einmal sehen. Du hast mir quasi zugezwinkert, weil eines deiner Augen noch verklebt war. Du sahst lustig, skeptisch und wunderschön aus. Ich war dir verfallen. Aber wie eine Mama fühlte ich mich noch nicht.
Als Papa und ich dich dann in deinem Zimmer besuchen durften und du, winzig klein, in deinem Wärmebettchen schliefst, war das Gefühl unbeschreiblich. Du warst so süß, du warst unser Kind, wir wollten dich halten und von all den Sonden und Schläuchen befreien. Wir liebten dich! Aber wie eine Mama fühlte ich mich noch nicht.
Eines Tages dann gab es Probleme, wir durften nicht zu dir, immer mehr Ärzte und Schwestern liefen in dein Zimmer.
Und wir sollten in der Sitzecke auf dem Flur warten. Es würde ein Kinderchirurg angerufen werden, der dich vielleicht noch in dieser Nacht operieren sollte.
Wir saßen stumm nebeneinander, hielten uns an den Händen und wussten nicht, was wir sagen sollten. Eben war doch noch alles gut und jeder gratulierte uns zu dem „fittesten Frühchen“ auf der Station, das wir schon in ein paar Tagen mit nach Hause nehmen sollten!? Ich hatte so große Angst wie noch nie in meinem Leben. Du, mein Baby, was geschah mit dir? Ich liebte dich mehr als mein Leben, ich wollte dich doch beschützen und ich konnte nichts tun? Ich – war doch deine Mama! Denn genau jetzt begriff ich es endgültig: Ich bin Mama, du bist mein Kind, und das ein Leben lang. Unglaublich. Ein Wunder. Und das Tollste, was mir jemals passierten konnte.
Zum Glück ging nach vielen aufregenden Tagen alles gut aus. Und, mein Schatz, dieses Gefühl des Mamaseins hörte nie mehr auf. Es bedeutet meistens Freude, öfter mal Stress und Müdigkeit und ab und zu eben auch Sorgen, die einem fast den Atem rauben. Und das alles macht es aus, das Mamasein. Mit Haut und Haar und vor allem Herz und Seele.
Es ist und bleibt das schönste Gefühl der Welt. Ganz egal, ob und wann man begreifen kann, dass man Mutter ist.
Ich hab dich lieb, und das für immer.
Deine Mama
Verratet ihr mir, wann ihr euch das erste Mal als Mama gefühlt habt? Mit dem positiven Schwangerschaftstest, bei der Geburt? Ich bin wahnsinnig gespannt auf eure Geschichten.