Wenn euer Kind ein „Kann-Kind“ ist, steht irgendwann eine Entscheidung an, die sicher vielen von euch gar nicht so leicht fällt. „Lass deinem Kind doch noch ein Jahr zum Spielen. Groß werden sie früh genug“, raten die einen. Die anderen sind überzeugt: „Dein Kind ist bestimmt total unterfordert, es kann doch schon so gut reden/malen/turnen.“
Diese Zerrissenheit hat Diana aus unserer Community erlebt. Ihre Tochter wurde mit fünf Jahren eingeschult. Jetzt hat Diana uns erzählt, warum sie das bereut – und warum das nicht heißt, dass eine frühe Einschulung auch für eure Kinder verkehrt sein muss.
Manchmal wünschte ich, ich hätte keine Wahl gehabt
„Meine Tochter ist im vergangenen Jahr sechs Jahre alt geworden, am 15. August. Warum nicht drei Monate später? Oder früher? Oder in einem anderen Bundesland? Dann hätte ich mir keinen so großen Kopf machen müssen. In Niedersachen können Kinder, die nach dem 1. Juli Geburtstag haben, ein Jahr später zur Schule gehen – wenn man eine schriftliche Erklärung abgibt. Ich war hin- und hergerissen. Für mich als ihre Mama war sie immer noch meine Kleine, und auch die Großeltern waren sich einig: ‚Lass ihr doch noch ein Jahr zum Spielen‘.
Hätte ich sagen sollen: Das kannst du noch nicht?
‚Wenn ich nun aber erkläre, dass meine Tochter noch nicht schulreif ist, traue ich ihr dann zu wenig zu?‘, bohrte eine andere Stimme in meinem Kopf. Meinem Mann ging es so wie mir, er hatte keine eindeutige Meinung. Die Erzieherinnen fanden: ‚Sie ist so weit.‘ Auch die Mama-Freundinnen, die ich in der KiTA kennengelernt hatte, plädierten dafür. Ihre Kinder waren schon etwas älter, aber die dicksten Freundinnen für meine Tochter. Sicher wäre Pia todtraurig, wenn die Mädels sie allein mit den „Kleinen“ zurücklassen würden? Was hätte ich ihr dann sagen sollen: „Du darfst noch nicht zu Schule, weil du das noch nicht kannst?“
Mein Mann und ich schwankten. Schließlich kamen wir zu einem Entschluss: Wenn anderswo Kinder in diesem Alter ganz selbstverständlich zur Schule geschickt werden, kann es nicht ganz verkehrt sein, oder? Ich schrieb die Erklärung also nicht, zumal wir auch bei der Schuleingangsuntersuchung zu hören bekamen, dass nichts dagegen spreche, Pia in die Schule zu lassen.
Ich hätte genauer hinsehen sollen.
Pia konnte schon sehr früh sehr gut reden. Die Erzieherinnen waren begeistert und – wie wir – vielleicht auch ein klein wenig geblendet. Wenn jemand sich gut ausdrücken kann, wird er oft für reifer gehalten, als er ist. Wir hätten zum Beispiel sehen sollen, dass sie für ihr Alter eher klein ist. Dass ihr viele kleine motorische Dinge – wie einen Schnürsenkel zuzubinden – noch eher schwer fallen.
Am Anfang war sie überglücklich, in die Schule zu dürfen. Doch schon bald traf ich sie mit verweinten Augen an. Ich nahm sie in den Arm, bis sie erzählte, dass sie in die Hose gemacht hatte, und die anderen sie deswegen ärgerten. Es brach mir das Herz, zu sehen, wie peinlich ihr das war. Ich habe mich nur ein bisschen gewundert, weil ihr das eigentlich nicht mehr passierte. Die Aufregung, dachte ich. Doch als es wieder und wieder geschah, hakte ich nach und erfuhr: Sie hat Probleme, die Toilettentür von innen aufzubekommen. Die ist sehr schwer. Gerade erst hatte ein Junge in ihrer Klasse sie „Baby“ genannt. Wen wundert’s, dass sie niemanden fragen mochte, ob er ihr hilft?
Unsere Große schrumpfte vor unseren Augen.
Der Unterricht selbst bereitete ihr zum Glück wenig Probleme. Wohl aber das ganze Drumherum. Der Stolz und die Freude darüber, die Große zu sein, verflogen. Denn hier war sie plötzlich wieder die Kleine, die sich unter den Älteren und Größeren behaupten musste. Unser mutiges Kind mit der großen Klappe schien vor unseren Augen zu schrumpfen. Wir haben so gut wie möglich dagegen gesteuert, sie in der Freizeit ihre Talente ausleben lassen und ihr gezeigt, was sie schon alles kann. Tatsächlich ist vieles besser geworden. Sie hat nette Schulfreundinnen – und traut sich inzwischen auch, die mal um Hilfe zu bitten.
Schulreife bedeutet mehr, als stillsitzen zu können
Trotzdem denke ich heute: Ich hätte sie noch ein Jahr länger in der KiTa die Große sein lassen sollen. Dann hätte Pia diejenige sein können, die den Kleineren hilft. Vielleicht wäre sie dann mit viel stärkerem Selbstvertrauen in die Schule gekommen? Was ich begriffen habe: Schulreife bedeutet viel mehr, als eine Weile stillsitzen oder den Anweisungen des Lehrers folgen zu können. Es bedeutet, jeden Tag den Schulalltag und die Begegnungen dort meistern zu können. Das hatte ich vielleicht unterschätzt. Das heißt aber nicht, dass ich generell dagegen bin, Kinder früher einzuschulen. Ich denke es kommt auf das Kind an. Bitte hört deshalb genau auf euer Bauchgefühl – und nicht auf den Eindruck anderer.“
Danke, liebe Diana, für deine echte und ehrliche Geschichte.
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Der sogenannte Stichtag gehört meiner Ansicht nach abgeschafft! Zur Schulreife gehören viele Aspekte, auf die genau geschaut werden sollte. Diese vielschichtigen Fertigkeiten schauen nicht, wann das Kind Geburtstag hat! Es gibt Fünfjährige, die sie haben und andere Kinder haben sie eben erst mit sieben Jahren. Eltern sollten im Kindergarten frühzeitig darüber aufgeklärt-auch und vor allem, dass es kein Anzeichen von mangelnder Intelligenz ist, wenn ein Kind etwas länger braucht. Sie sind alle kleine, besondere Menschen, die sich die Welt in ihrem Tempo erarbeiten. Es tut mir leid, dass es bei euch nicht so gut geklappt! Meine sind beide ein komplettes Jahr zu früh eingeschult worden und wir (und auch sie) haben es nie bereut! Wir konnten dies allerdings mit gutem Gewissen entscheiden, da ich im pädagogischen Bereich arbeite und für unsere Schule ein Konzept erarbeitet habe, um die notwendigen Kriterien vor der Einschulung zu „überprüfen“. Dies ist sehr zeitaufwendig und nur wenige Schulen und Kitas nehmen sich dafür die Zeit! Ich hoffe, dass es eurer Maus inzwischen seelisch besser geht und sie wieder Freude an Schule hat
Uns ging es ein bisschen so mit unserm dritten Kind, das jetzt in der ersten Klasse ist. Wir waren auch hin und hergerissen und entschieden uns schließlich dafür, unsere Tochter einschulen zu lassen.
Allerdings wurde es bei uns nicht ganz schlimm. Unsere Tochter geht überwiegend gerne in die Schule, kommt leistungsmäßig mit und auch mit den anderen Kindern zurecht und hat nette Freunde.
Aber in den ersten Wochen und nach Ferien fällt das immer noch auf, möchte sie, dass wir sie zur Bushaltestelle begleiten, weil sie Angst hat alleine. Sie hat eine richtige Trennungsangst wie wir sie in der Kindergartenzeit bei ihr nie hatten.
Und sie kommt nachmittags nach Hause und bricht entweder sofort einen Streit mit ihrem Bruder vom Zaun oder mit mir. Dann fängt sie an zu weinen und manchmal auch zu wüten. Es scheint, als sei das ihr Stressabbau, der dann dringend nötig wird und dann muss es raus.
Dies sind Anzeichen, dass sie manchmal überfordert ist mit den vielen Verpflichtungen und Rahmenbedingungen, die man als Schulkind eben hat.
Auf der anderen Seite hat sie sich auch toll entwickelt und ist selbständiger und in vielerlei Hinsicht auch selbstbewusster geworden.
Trotzdem würde ich heute anders entscheiden, wenn ich diese Entscheidung noch einmal treffen müsste/könnte. Ein Jahr länger Kindergarten hätte ihr bestimmt gut getan.
Ich wurde mit 5 eingeschult. Grundschule war noch okay, wobei ich direkt angefangen hatte Hausaufgaben zu verweigern. Hatte ja auch schon so deutlich weniger Freizeit…
Gymnasium, lag aber auch an der unglücklichen Wahl der Institution, war unglaublich schrecklich.
Bin immer der jüngste der Klasse gewesen, wurde ausgegrenzt und konnte so nicht sonderlich effizient sozial lernen. Während es immer Fächer(wie Geschichte) gab, wo ich aufgrund Eigeninitative anderen weit voraus war, wurde ich von anderen Lehrern als dumm, naiv und faul eingeschätzt. Faulheit mag mitgespielt haben, aber etwas Zeit, wo ich ich selbst sein konnte, wollte ich haben. Begabtenprogramme oder Juniorstudium, was mich beides unglaublich interessiert hätte, waren vom Tisch. Erst in der Oberstufe wurde ich mir nach einem Schulwechsel bewusst, dass ich keine totale Flachpfeife bin.
Dann hatte ich mit 17 das Abitur, sogar ein recht gutes. Schön schön, aber dafür fühle ich mich immer noch sozial wie 7 jähriger…
Jetzt höre ich mir von meinem Vater an, dass es ja nur eine faule Ausrede sei, dass ich etwas Zeit nach dem Abi brauchte, um mich zu finden.
ich finde es ganz wichtig genug lange zu warten mit der einschulung , eher das kind zurückversetzen wenn man die Wahl hat. Erfahrung von drei Kinder , eins musste gehen, und war immer das schlusslicht und die ganze schulzeit wurde ein desaster, zwei andere zurückversetzt und die schule lief wie am schnürchen