„Ich möchte eine Beschneidung für unser Baby, mein Mann ist dagegen.”

Auch die harmonischsten Partnerschaften werden auf eine Probe gestellt, wenn aus zwei Menschen plötzlich drei werden (oder vier, oder…). Denn spätestens wenn Kinder dazukommen, gibt es ein paar Punkte, die diskutiert werden müssen. Erziehung, Gesundheit und Betreuung, viele Paare geraten über diese Themen in Streitigkeiten.

Bei mom.com schreibt Laura Clark über ein besonders sensibles Thema, dass bei ihr und ihrem Mann für dicke Luft sorgt. Sie ist schwanger mit einem kleinen Sohn und möchte ihn sobald wie möglich beschneiden lassen, ihr Mann ist strikt dagegen.

Aus welchen Gründen Kinder beschnitten werden dürfen

Mama Laura lebt mit ihrer Familie in den USA, dort empfiehlt die Interessenvertretung der US-Kinderärzte die Beschneidung männlicher Neugeborener. Dort geht man davon aus, dass der gesundheitliche Nutzen der Beschneidung neugeborener Jungen die Risiken überwiege. In Deutschland gibt es dagegen keine generelle Empfehlung zur Beschneidung.

Anders als die US-Kinderärzte sehen deutsche Kinderärzte keinen medizinischen Nutzen einer Routinebeschneidung. So hätten beschnittene Säuglinge zwar zehnmal weniger Harnwegsinfekte im ersten Lebensjahr, doch diese Infekte seien generell so selten, dass 100 Beschneidungen notwendig wären, um einen einzigen Harnwegsinfekt zu verhindern. Eine Beschneidung von Kindern ist in Deutschland nur aus bestimmten gesundheitlichen Gründen oder aus religiösen Aspekten erlaubt.

Zurück zu Mama Laura und dem Streit über die Beschneidung ihres Sohnes

Sie erzählt, dass sie sich mit ihrem Mann meistens einig wäre. Nur bei einem Thema nicht: Die Beschneidung ihres Sohnes. „Ich habe das Gefühl, dass es so viele Gründe gibt, den Eingriff zu machen, zum Beispiel ein verringertes Risiko für Harnwegsinfektionen, HIV und sexuell übertragbare Krankheiten. Doch mein Mann hat mich gefragt: ‚Warum willst du unnötige Operationen an einem Baby durchführen lassen?‘”

Deutsche Ärzte meinen dazu übrigens: Der von der WHO propagierte Schutz vor sexuell übertragbaren Erregern wie HIV gelte nur in Regionen mit hohem Ansteckungsrisiko, iin Deutschland ergebe die vorbeugende Beschneidung daher epidemiologisch keinen Sinn.

Auch Laura plagen natürlich Zweifel: „Gefällt mir die Vorstellung, dass mein wenige Tage altes Kind beschnitten wird, während es gerade lernt, ein Leben außerhalb des Mutterleibs zu führen? Nein. Gefällt mir die Vorstellung, dass er Schmerzen haben könnte, besonders als Säugling? Nein. Und mag ich die Idee, das Windelwechseln mit der Pflege einer offenen Wunde einhergeht? Sagen wir es so: Ich bin die Mutter, die ohnmächtig wurde, als ihre Tochter von einem Hocker fiel und sich das Kinn aufschlug.”

Bleibt die Frage, warum sie sich für die Beschneidung des Babys einsetzt.

„Ich würde es auf mich nehmen, in dem Wissen, dass es meinem Sohn langfristig gesundheitliche Vorteile bringt. Außerdem überzeugen sie Aspekte der Hygiene: „Wird mein Sohn im Teenageralter darauf achten, sich vernünftig unter der Vorhaut zu säubern?” Außerdem ist Laura überzeugt, dass es für ihn besser wäre, wenn er ‚untenherum‘ aussieht wie Papa – denn ihr Mann ist beschnitten.
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Wie schätzt du die Beschneidung bei Kleinkindern und Babys ein?x

Die Mutter kann sich gut vorstellen, dass ihr Sohn sich später sowieso eine Beschneidung wünscht oder diese sogar medizinisch nötig sein könnte. Laura glaubt: Dann wäre der Eingriff für ihn viel schmerzhafter und unangenehmer, als wenn es direkt nach der Geburt gemacht wird.

Doch Vorsicht!

Hier könnte Laura einem alten Irrglauben auf den Leim gegangen sein: Für Neugeborene ist der Eingriff alles andere als schmerzfrei. Dazu sagte Boris Zernikow, Leiter des Deutschen Kinderschmerzzentrums in Datteln, jüngst in einem SPIEGEL-Interview: „Das schmerzunterdrückende System ist erst einige Monate nach der Geburt funktionstüchtig. Neugeborene empfinden mehr Schmerzen als ein Erwachsener.”

Es bleibt offen, ob Laura ihren Mann letztendlich überzeugen kann.

In Deutschland ist der häufigste medizinische Grund für eine Beschneidung übrigens die Phimose, also eine Vorhautverengung. Doch auch das gilt mittlerweile als umstritten. So hat uns eine Mama geschrieben, die es inzwischen bereut, ihren Sohn der OP ausgesetzt zu haben. Ihre Geschichte kannst du HIER lesen.


 
Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Judith
Judith
7 Monate zuvor

Es sollte vielleicht erwähnt werden, dass neuerdings die WHO die Beschneidung als Maßnahme zur Vorbeugung des Gebärmutterhalskrebses befürwortet, zusätzlich zur HPV-Impfung! Vielleicht ist es nicht repräsentativ und auch schon lange her, aber ich hatte auch hierzulande von mehreren jungen Frauen gehört, dass sie eine Beschneidung aus diesem Grund andachten, wenn sie einmal einen Sohn haben sollten.

Ben
Ben
1 Jahr zuvor

Wir hatten die Debatte zuletzt auch, und waren uns, obwohl meine Frau in den USA sozialisiert ist, sofort einig, es nicht machen zu lassen. Sie sieht die ästhetisch-hygienische Übertreibung in den USA, die übrigens derzeit auch abflacht, kritisch und freut sich, die Körper unserer Kinder so belassen zu können, wie sie von Natur aus sind. Eine ihrer Freundinnen eröffnete letztens das Thema, und versuchte uns zu überzeugen, dass ein Mann beschnitten schöner aussähe und sexuell ausdauernder wäre. Daraufhin habe ich sie gefragt, wie sie es fände, mit freiliegender Klitoris an der Unterhose reibend, durch den Alltag zu gehen, nur weil der Zeitgeist und das sexuelle Verlangen das so vorgäben. Daraufhin folgten dann wüste Beschimpfungen und vollkommenes Missverständnis Ihrerseits. Wie auch immer: meine Frau und ich hoffen, dass die Akzeptanz des männlichen Körpers auch hier in Deutschland durchsetzt und bei medizinischen Schwierigkeiten im Genitalbereich weniger radikale Therapien eingesetzt werden.

Andilein
Andilein
2 Jahre zuvor

männlich oder weiblich?

Heiny
Heiny
2 Jahre zuvor
„Ich würde es auf mich nehmen, in dem Wissen, dass es meinem Sohn langfristig gesundheitliche Vorteile bringt. Außerdem überzeugen sie…" Weiterlesen »

aussehen wie papa? Was ist das denn für ein dämlicher schwachsinn? Demnächst hackt man den kleinen noch ein bein ab, weil der vater im krieg ne granate abbekommen hat!

Tim
Tim
2 Jahre zuvor

Was für ein Schwachsinn, eine medizinisch unnötige Beschneidung ist meines Ermessens – als Mann mit Penis und Vorhaut – Kindesmisbrauch.
Es gibt keinerlei wisenschaftliche Indikation, dass die Beschneidung IRGENDEINEN Vorteil hat, und dutzende dafür, dass sie sich negativ auf sexuelle Gesundheit/Potenz, soziale/gellschaftliche Verhältnisse, Selbstbewusstsein und weiteres auswirken kann.

Und selbst wenn es keine Beweise dafür gäbe, dass sie sich negativ auswirkt:
Es ist immernoch eine MEDIZINISCH UNNÖTIGE AMPUTATION AN EINEM KLEINKIND.

Wenn man das Ganze mal ohne den kulturellen und religiösen Hintergrund oder irgendwelche überholten Studien aus dem frühen 20. Jahrhundert wahrnehmen könnte, würde man doch sofort die Polizei rufen wenn der Partner/das andere Elternteil einem sowas vorschlägt oder davon erzählt!

Ich fasse es nicht dass die Staaten da immer noch so im 18. Jahrhundert stehengeblieben sind, geschweige denn dass es in Deutschland immer noch ein Thema ist.

Maria
Maria
2 Jahre zuvor
„Ich würde es auf mich nehmen, in dem Wissen, dass es meinem Sohn langfristig gesundheitliche Vorteile bringt. Außerdem überzeugen sie…" Weiterlesen »

Warum will man, dass die Genitalien eines Kindes aussehen wie die der Person mit der man Sex hat?

Sehr realer nicht throwaway Account
Sehr realer nicht throwaway Account
2 Jahre zuvor

„Die Mutter kann sich gut vorstellen, dass ihr Sohn sich später sowieso eine Beschneidung wünscht“

Also ich finde ich sollte 2 Stimmen beim wählen bekommen, weil ich ja weiß, für was sich mein ungeborenes Kind irgendwann entscheiden wird.

Was ist das denn bitte für ein Argument?

Micha
Micha
2 Jahre zuvor

Zum Thema Beschneidung und Verbeugung sexuell übertragbarer Krankheiten (Geschlechtskrankheiten)

Davon abgesehen, dass die Beschneidung als Vorbeugungsmaßnahme gegen sexuell übertragbarer Krankheiten von vorneherein Irrsinn ist, da das Erkrankungsrisiko vor allem vom jeweiligen Sexualverhalten des Einzelnen abhängt (und nicht von der Anwesenheit bzw. Fehlen der Vorhaut), kamen jüngst veröffentliche umfangreiche Studien zu dem Ergebnis, dass die Beschneidung das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten nicht verringert.

* Eine erst im Herbst letzten Jahres veröffentlichte dänische Studie des Statens Serum Instituts kam zu dem Ergebnis, dass die Beschneidung das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten nicht verringert, sondern sogar erhöht. Laut dieser Studie, die auf den Daten von über 800 000 dänischen Männern beruht, hatten beschnittenen Männer ein um 53 % erhöhtes relatives Risiko, an sexuell übertragbaren Krankheiten zu erkranken. (Frisch M, Simonsen J. Non-therapeutic male circumcision in infancy or childhood and risk of human immunodeficiency virus and other sexually transmitted infections: national cohort study in Denmark. Eur J Epidemiol. 2021 Sep 26.)

* Eine etwa zeitgleich veröffentlichte große kanadische Studie von der Universität Toronto mit über 500 000 untersuchten Männern, bei der speziell das HIV-Risiko untersucht wurde, fand heraus, dass die Beschneidung keinen! Einfluss auf das HIV-Infektionsrisiko hatte. (Nayan M, Hamilton RJ, Juurlink DN, Austin PC, Jarvi KA. Circumcision and Risk of HIV among Males from Ontario, Canada. J Urol. 2022 Feb;207(2):424-430.)

Die verfügbaren Studien zum Zusammenhang zwischen Beschneidung und sexuell übertragbare Krankheiten sind also keineswegs so eindeutig für eine Risiko-Verringerung nach Beschneidung. Es gibt auch große Studien, die keinen Einfluss der Beschneidung bzw. sogar ein erhöhtes Risiko durch die Beschneidung feststellten.

Georg
Georg
2 Jahre zuvor
„Ich würde es auf mich nehmen, in dem Wissen, dass es meinem Sohn langfristig gesundheitliche Vorteile bringt. Außerdem überzeugen sie…" Weiterlesen »

Der wiederum dagegen ist. Fragt sich wieso und ob Laura nicht besser auf ihren Mann hören sollte. Der will augenscheinlich nicht, daß sein Sohn „untenherum“ aussieht wie Papa. Das möchte er ihm dann wohl ersparen. Warum nicht auf jemanden hören, der aus Erfahrung sprechen kann?