Nicht jede Mutter ist sofort schockverliebt, wenn sie ihr Baby zum ersten Mal im Arm hält. Manche brauchen Zeit, um in ihrer neuen Rolle anzukommen. Sabrina hat erlebt, wie es ist, wenn die Mutterliebe nicht auf Knopfdruck da ist – und erzählt in ihrer Echten Geschichte, wie sie trotzdem wachsen kann.
„Mein (mittlerweile Ex-)Mann und ich hatten beschlossen, noch ein Kind zu bekommen. Er hatte bereits einen Sohn, aber wir wollten gern ein gemeinsames Kind. Es hat ein Jahr gedauert, bis ich endlich schwanger wurde – ich war ja auch nicht mehr die Jüngste mit meinen 37 Jahren.
Als der Test dann endlich positiv war, war ich überglücklich.
Umso überraschender war es für mich, dass ich mich als Schwangere nicht wohlgefühlt habe. Manche Frauen blühen ja regelrecht auf, bekommen diesen berühmten Schwangerschafts-Glow. Ich nicht. Zumindest habe ich ihn nicht gespürt. Mit jedem Kilo, das dazukam, habe ich mich unwohler in meinem Körper gefühlt.
Der Tag der Geburt kam, unsere Tochter wurde per geplantem Kaiserschnitt geboren – sie lag falsch herum. Und dann lag sie da, dieses wunderschöne, gesunde Mädchen, in meinem Arm. Aber irgendetwas fühlte sich fremd an. Nicht sie, sondern dieses Gefühl: ‚Jetzt bist du Mutter.‘
Die Schmerzen des Kaiserschnitts haben mich komplett überrumpelt.
Ich dachte, ich halte einiges aus – aber das war eine neue Dimension. Ich war überzeugt, nie wieder gerade aufrecht laufen zu können. Damit hatte ich einfach nicht gerechnet.
Ich lag also in meinem Zimmer, konnte mich kaum bewegen vor Schmerz – und die Kleine schrie. Viel und oft. Zwei Nächte habe ich kaum geschlafen, und trotzdem wird erwartet, dass du am nächsten Tag aufstehst, dein Baby stillst und dich kümmerst.
Ich habe mir eher Sorgen gemacht, wie ich es überhaupt schaffen soll, irgendwann wieder zu laufen.
In der dritten Nacht liefen mir die Tränen übers Gesicht, weil sie wieder schrie und ich nicht helfen konnte. Ich schämte mich für den Gedanken, der mir kam: ‚Du hattest es doch so schön, bevor du schwanger wurdest.‘
Zuhause wurde es etwas besser – endlich war mein Mann da. Wegen Corona durfte er im Krankenhaus nur zwei Stunden täglich zu Besuch kommen. Das war hart.
Unsere Tochter wurde ruhiger.
Aber nur, wenn sie auf mir lag. Sobald ich sie ablegen wollte, fing sie an zu weinen. Wir verbrachten Stunden auf der Couch, manchmal sechs oder sieben am Stück – auf derselben Stelle. Natürlich gab es auch schöne Momente dabei. Aber ich war neidisch, wenn mein Mann das Haus verließ, zur Arbeit ging oder mit dem Hund spazieren war.
So schön die Kuscheleinheiten auch waren – mir fehlte etwas. Das normale Leben. Und obwohl mir meine Tochter mit der Zeit immer mehr ans Herz wuchs, fehlte mir dieses ‚bedingungslose Liebe‘-Gefühl, von dem alle sprachen. Ich habe mich nicht getraut, das jemandem zu sagen – ich schämte mich.
Irgendwann habe ich mich dann meiner Hebamme anvertraut.
Ich fragte sie, was mit mir nicht stimmt. Sie hat gelächelt und gesagt: Alles ist in Ordnung. Dass viele Frauen sich so fühlen, aber kaum jemand darüber spricht. Und dass es wichtig sei, dass ich das tue. Sie hat zur Sicherheit einen kleinen Test gemacht – aber ich hatte keine Wochenbettdepression.
Zwei Dinge haben mir letztlich sehr geholfen. Erstens: eine Federwiege mit Motor. Meine Tochter hat darin tagsüber 3–4 Stunden Mittagsschlaf gemacht – und ich konnte duschen, mich bewegen, mit meinem Hund kuscheln. Noch nie waren 500 Euro besser investiert.
Zweitens: das Abstillen.
Nach etwa drei Monaten habe ich entschieden, nicht mehr zu stillen. Mein Mann hat ihr abends die Flasche gegeben, und ich hatte jeden Tag 20 Minuten nur für mich. Sie hatte ohnehin nicht mehr genug zugenommen, also mussten wir zufüttern. Da habe ich den Schritt gewagt.
Man könnte denken, es wurde besser, als ich mich ein Stück weit ‚entfernt‘ habe – und ja, genau so war es. Ich musste ein Stück vom Mamasein zur Seite treten, um mich nicht zu verlieren.
Ich habe seit meinem 16. Lebensjahr gearbeitet, also über 20 Jahre lang.
Und plötzlich war ich Hausfrau und Mutter. Für manche ist das eine Aufgabe, für die sie geboren wurden. Für mich war es fremd. Ich habe die Gespräche mit Kolleg*innen vermisst, den Kopf anstrengen, mich hübsch machen. Zuhause herrschten Jogginghose und Leggings.
Aber: Auch wenn ich mich nie ganz als ‚nur Mama‘ gesehen habe, ist mein Herz für meine kleine Tochter gewachsen. Die Gefühle kamen mit der Zeit. Die Verbindung wurde stärker. Meine Hebamme sagte damals zu mir: ‚Irgendwann wirst du sie anschauen – und einfach weinen, weil du sie so sehr liebst.‘ Und genau das ist passiert.
Gegen Ende der Elternzeit haben mein Mann und ich uns getrennt.
Ich bin mit der Kleinen ausgezogen, unser Hund ist gestorben, und ich habe einen neuen Job angefangen. Es war hart. Ich habe nur funktioniert, dabei hatte ich mich so sehr aufs Arbeiten gefreut.
Doch nach ein paar Monaten, neuer Routine und wieder Leben – leben wir heute das beste Mama-Tochter-Leben. Und für nichts in der Welt würde ich sie je wieder hergeben. Ich würde ohne zu zögern mein Leben für sie geben.
Niemand sollte sich schämen, wenn er sein Baby nicht sofort liebt.
Es ist wundervoll, wenn das passiert. Aber es ist genauso okay, wenn es Zeit braucht. Da liegt ein kleiner Mensch, den man noch nicht kennt. Und selbst wenn man sich sehr auf ihn gefreut hat – manchmal muss man ihn eben erst richtig kennenlernen.”
Liebe Sabrina, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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