Wie so viele Familien, begann ich schon kurz nach der Geburt mit der Suche nach einem Kita-Platz – vor lauter Angst, keinen zu bekommen. Mit meiner fünf Wochen alten Tochter saß ich auf Mini-Stühlen und nahm an Informationsnachmittagen teil, inklusive (mehr oder weniger verbindlichen) Interessentenlisten. Überall trug ich ein, dass wir ab Mai des kommenden Jahres einen Platz suchten. Dann wäre unser Kind 15 Monate alt.
Ich dachte, der frühe Vogel (also ich) fängt bestimmt einen Wurm (also Kita-Platz).
Ich fing keinen Wurm. Ab Sommer kamen die Absagen. Und die Rückmeldungen: bisher nur Wartelisten. Später als Mai ging nicht, weil wir uns für die Eingewöhnung, mindestens sechs Wochen Zeit nehmen wollten. Und nur von einem Gehalt zu leben, hätten wir nicht geschafft.
Neue Krippe, neue Chance?
In diesem Sommer öffnete direkt bei uns um die Ecke eine neue, kleine Krippe. Alles sah toll aus, ein wunderbarer Garten, ein schöner Neubau. Wir gingen im September mit dem sieben Monate alten Baby zum Info-Nachmittag. Um uns herum nur Hochschwangere oder Mütter mit Neugeborenen. Interessanterweise hatten alle diese Kinder im Spätsommer oder Herbst Geburtstag und sollten ziemlich genau mit Vollendung des ersten Lebensjahres einen Platz bekommen.
Ich fühlte, dass ich keine Chance hatte. Ich war die einzige, die unterjährig einen Platz wollte. Es ist leichter einen Platz im Herbst zu bekommen, wenn die Kinder von der KiTa in den Kindergarten bzw. die vom Kindergarten in die Schule wechseln. Trotzdem gab ich an, frühestens ab Februar und spätestens ab Mai einen Platz zu benötigen. Während wir wieder auf diesen winzigen Stühlchen saßen, erkundete meine Tochter den Gruppenraum. Sie war mit fast acht Monaten sehr mobil, rollte und robbte von Spielzeug zu Spielzeug. Sie lachte jeden an und freute sich über die vielen Menschen.
Mein Mädchen war sehr forsch, selbstbewusst und neugierig. Das wusste ich ja schon. Und es schien ihr in der Einrichtung zu gefallen – sehr zu meinem Bedauern. Denn hier würde sie wohl nicht betreut werden.
Mit zehn Monate in die KiTa – ist das zu früh?
Dann, einen Monat später, rief uns die Krippenleiterin an: Sie könnte uns ab November einen Platz anbieten. November. Baby wäre dann erst zehn Monate alt. Die Entscheidung fiel uns nicht leicht. Aber die Krippe gefiel uns sehr gut, die Gruppen waren klein und der Betreuungsschlüssel hoch. Ich hörte mich bei Bekannten und Nachbarn um. Tatsächlich ging ein Kind seit Sommer dort in die KiTa und die Eltern waren sehr zufrieden. Wir sagten zu. Mit zitternden Knien zwar, aber wir waren uns sicher, dass unsere Tochter das hinkriegt. Sie war tough und mein Gefühl sagte mir, dass wir es wagen können.
Der November kam und mit ihm die Eingewöhnung. Kurz gesagt: Alles klappte wunderbar. Meine Tochter war die Jüngste. Und so wurde sie auch behandelt. Die Erzieherinnen nahmen sie viel auf dem Arm. Das merkte ich daran, dass sie nach „fremder Frau“ roch. Sie durfte (und konnte auch) schlafen, wann sie wollte. Immer war jemand für sie da. Und wir hatten so viel Zeit für die Eingewöhnung, dass wir es wirklich ganz langsam angehen konnten.
Wie viele bösen Kommentare kann es geben?
Meine Erleichterung darüber wurde ziemlich schnell getrübt: Von Eltern, die fanden, dass ich mein Kind zu früh in die KiTa gab (und die offenbar entweder passenderweise Herbst-Kinder hatten oder mehr als ich verdienten). Sie zeigten mir deutlich ihre Meinung. In ihren Augen gehörte ein Kind unter zwei, besser noch drei Jahren gar nicht in fremde Hände.
Sie versuchten, bei meinem Kind Verhaltensauffälligkeiten festzustellen oder bemerkten, wie müde sie ja nach der Krippe aussehe. Genau zum ersten Geburtstag lief meine Tochter. Das lag angeblich nur daran, dass sie bereits in die KiTa ging und sie sich dort die ganze Zeit „durchsetzen“.
Zum Glück gab es auch Unterstützung. Meine Freunde, ebenfalls viele Mamas mit gleich alten Kindern, teilten diese Meinung nicht. Sie wussten, wie wichtig für uns die gute Betreuung war. Eine Mama startete ebenfalls mit ihrem zehn Monate alten Kind in derselben Krippe.
Und was meinen Pädagogen und Entwicklungspsychologen? Sie weisen vor allem darauf hin, dass jedes Kind anders ist. Manchen fällt es mit zwei Jahren noch sehr schwer, sich von den wenigen festen Bezugspersonen, Mama und Papa, zu trennen und einer neuen Person, also einer Erzieherin oder Tagesmutter zu vertrauen. Sie sind in großen Gruppen deutlich gestresst und können sich nur schwer anpassen. Andere Kinder sind mit einem Jahr schon sehr offen und schaffen eine Eingewöhnung leicht.
Allgemein heißt es, dass der Besuch eines Kindergartens spätestens mit drei bis vier Jahren sinnvoll ist, um soziale Kompetenzen zu schulen. Dazu gehört zum Beispiel, in einer Gruppe zu agieren und sich so auch langsam auf die Schule vorzubereiten.
Und meine Tochter? Sie verbrachte bis zum Schluss eine wundervolle Krippenzeit. Die Kommunikation mit den Erzieherinnen war immer gut, wir fanden in schwierigen Phasen gemeinsam Lösungen und insgesamt war die Krippengemeinschaft toll. Meine Tochter fand Freunde, die sie heute noch hat, sie war beim Abschiedsfest unendlich traurig und ist nun ein glückliches Kindergartenkind.