Die meisten Eltern haben schon vor der Schwangerschaft ein gewisses Bild im Kopf, wie ihr Leben mit Kind aussehen könnte. Viele hegen insgeheim einen Wunsch zum Geschlecht des Kindes und sind enttäuscht, wenn sich dieser Wunsch nicht erfüllt. Für dieses Phänomen gibt es sogar einen Begriff: Gender Disappointment.
Uns erreichen vor allem immer wieder Geschichten von Frauen, die sich ein Mädchen gewünscht hätten. Eine Frau geht so weit, dass sie an Abtreibung denkt, als sie erfährt, dass das Baby in ihrem Bauch ein Junge wird. Eine andere nutzte beim dritten Kind die Möglichkeit der Gender Selection in Thailand, um sicherzustellen, dass es die ersehnte Tochter wird.
Eltern bevorzugen Töchter
Die Mamas, die sich mit ihrem Wunsch nach einem Mädchen an uns wendeten, scheinen kein Einzelfall zu sein. Eine Studie aus den USA legte nun weitere Hinweise offen, dass Eltern eine Tendenz hätten, Mädchen zu bevorzugen. Forschende werteten für die Studie 30 Untersuchungen sowie Datenbanken mit insgesamt knapp 20.000 Teilnehmenden aus, überwiegend aus den USA und Westeuropa. Dabei berücksichtigten sie unter anderem Geschwisterfolge, Geschlecht und Charakterzüge, wie die Zeit berichtet.
Dass Eltern Lieblingskinder haben, haben bereits andere Studien gezeigt – auch wenn viele sich dessen nicht bewusst sind oder es zumindest niemals zugeben würden. Das Thema ist ein Tabu, schließlich haben alle Kinder das gleiche Recht auf Liebe. Trotzdem sind wir Menschen und unsere Gefühle können wir nicht einfach steuern.
Und noch etwas anderes ist bereits belegt:
Es kam ebenfalls ans Tageslicht, dass das Lieblingskind mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung von seinen Eltern erhält. Auch dann, wenn die Eltern sich gar nicht der Tatsache bewusst sind, dass sie eines ihrer Kinder favorisieren. Zum Glück passiert das in den meisten Familien sehr subtil.
Laut der neuen Studie aus den USA sollen eben diese Lieblingskinder meistens die Töchter sein: Der Auswertung zufolge bevorzugen Eltern tendenziell Mädchen eher als Jungen. Das gelte nicht nur für Mütter, sondern auch für Väter. Zudem würden gewissenhafte, verantwortungsbewusste Kinder eher favorisiert.
Warum sind Mädchen beliebter?
Die Autoren der Studie führen an, dass Mädchen bessere Werte bei der Selbstregulation erzielen. Ihr Temperament wird von den Erziehungspersonen also als angenehmer empfunden. Sie machen es ihren Eltern also durchschnittlich betrachtet leichter, mit ihnen umzugehen. Dieser „Vorzug” könnte den Eltern durchaus bewusst sein, weshalb sie Mädchen favorisieren.
In den Ergebnissen der Studie heißt es aber auch, dass die meisten Eltern wahrscheinlich dennoch in der Erziehung keine deutlich wahrnehmbaren Unterschiede machen, sodass diese Bevorzugung für die Kinder zum Glück nicht spürbar sei.
Wir haben auch mit Dr. Dagmar Brandi, Kinder- und Jugendärztin sowie Psychotherapeutin, über das Thema „Lieblingskinder” gesprochen. Sie erklärt die psychologischen Hintergründe und wie Eltern damit umgehen sollten HIER >>>