Eigentlich hatte Missy Ohden eine ganz normale Kindheit. Gemeinsam mit ihrer Schwester wuchs sie in einem liebevollen Zuhause auf. Bis ein Streit eines Tages ihre Welt auf den Kopf stellte: Sie fand heraus, dass ihre leibliche Mutter sie eigentlich hatte abtreiben wollen.
Ihre Zieheltern hatten nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass Missy adoptiert worden war. Ihr machte das nichts aus, schließlich fühlte sie sich geliebt. Sie wuchs auf in dem Glauben, dass ihre leiblichen Eltern zu jung gewesen seien, um sich um sie zu kümmern.
Abtreibung im achten Monat
Doch im Streit ließ ihre Schwester irgendwann eine komische Bemerkung fallen: „Immerhin wollten meine Eltern mich“, wirft sie der damals 14-jährigen Missy entgegen. Erst danach erfährt sie die wahre Geschichte: Ihre Adoptiveltern erzählen ihr, dass ihre Mutter sie in der 32. Schwangerschaftswoche hatte abtreiben lassen.
Der Eingriff wurde durchgeführt, eine Totgeburt wurde eingeleitet. Aber die kleine Missy überlebte wie durch ein Wunder. Trotzdem landete sie im „biologischen Abfall“ des Krankenhauses, bis eine Krankenschwester bemerkte, dass sie noch lebte und die kleine Missy auf die Frühchen-Station brachte, wo sie wie durch ein Wunder ohne Folgeschäden überlebte. Mit zweieinhalb Monaten lernten ihre Adoptiveltern sie dann kennen und holten das Baby zu sich nach Hause.
Die Suche nach den leiblichen Eltern
Nach dieser Offenbarung versucht Missy die Fassade aufrechtzuerhalten, aber innerlich kämpft sie mit großen seelischen Schmerzen: „Ich konnte es einfach nicht ertragen, wie ich auf diese Welt gekommen bin“, erzählt die heute 42-Jährige der Sun. Mit 19 entschließt sie sich schließlich, ihrem Schicksal ins Auge zu blicken und ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen.
Zehn Jahre lang stellt Missy Nachforschungen an und kann schließlich ihren leiblichen Vater ausfindig mache. 2007 schreibt sie ihm einen Brief, doch er antwortet nie. Nach sechs Monaten sieht sie plötzliche seine Todesanzeige in einer lokalen Zeitung: Ihr Vater ist mit 51 Jahren plötzlich verstorben – und damit auch jede Chance für sie, ihn jemals kennenzulernen.
Kontakt zu leiblichen Mutter
Trotzdem gibt Missy nicht auf und konzentriert ihre Suche nun auf ihre leibliche Mutter. Weitere Jahre vergehen, doch 2013 erhält sie plötzlich einen Anruf von einer fremden Frau, die sich als Cousine ihrer leiblichen Mutter Ruth vorstellte. Sie bietet an, den Kontakt zwischen den beiden herzustellen.
Endlich kann Missy ihre leibliche Mutter kennenlernen: Sie und die 62-jährige Ruth beginnen sofort Nachrichten auszutauschen. Mutter und Tochter nähern sich langsam über E-Mails, Grußkarten und Briefe an. Nach und nach kommt dabei die ganze, traurige Geschichte ans Licht.
„Ich konnte dich nicht mal halten!“
Missy muss erfahren, dass Ruth damals von der eigenen Mutter zur Abtreibung gezwungen wurde. Nach dem Eingriff habe diese außerdem gewusst, dass Missy überlebt habe und das medizinische Personal trotzdem dazu angehalten, das Baby zu entsorgen. Vor Ruth wurde jahrzehntelang geheim gehalten, dass ihr Kind die Abtreibung überlebt hatte.
Als Missy und Ruth sich dann 2016 das erste Mal treffen, wollen sie sich gar nicht mehr loslassen: „Ich konnte dich nicht mal halten“, soll Ruth als erstes gesagt haben. Seitdem sehen sich die beiden regelmäßig und sind ein fester Bestandteil des Lebens der Anderen. Die beiden entdecken Tag für Tag neue Gemeinsamkeiten aneinander.