„Ich stehe mal wieder am Babybett und versuche mein Kind zum Mittagsschlaf zu bewegen. Manchmal geht das ganz schnell und ich muss nicht helfen. Manchmal dauert es aber länger und ich bin gezwungen mit Gitterstäben zu kuscheln…
Mein Baby lässt sich mit der sanften Hand auf dem Rücken beruhigen, wenn es nicht einschlafen kann. Leider sind die Gitterstäbe nicht gerade rückenfreundlich für Eltern. Mühsam schwankt man zwischen Hinhocken und den Arm absterben lassen oder sich längs auf das Gitter zu legen und ein Bein absterben zu lassen. Ein Opfer muss gebracht werden. Doch welches?
Das zu Lösen ist gar kein Problem für mich. Ich bin ja nicht von vorgestern. Ich wende einfach meine rudimentären Yogakenntnisse an und begebe mich in die Pose des herabschauenden Hundes. Über die Gitterstäbe gebeugt hängt mein Kopf nun nach unten und die Beine baumeln durchgestreckt auf der anderen Seite des Bettes herunter. Das Tönen aus dem Yogaunterricht kann ich auch gleich anwenden, nur das ich das tiefe „oohhhm“ in ein „psssccchh“ umwandele. Das ist gleichzeitig Yoga für die Gesichtsmuskeln.
Ach, wie sinnvoll könnte ich die Zeit stattdessen nutzen! Ich könnte jetzt mit meinem Smartphone die Einkaufsliste schreiben und die Bestellung beim Supermarkt-Lieferservice für übermorgen abgeben. Ich könnte gleichzeitig mit den Füßen die Wäsche sortieren. Aber die liegt dummerweise im Bad. Mein Kind guckt mich an: „Mami, leg das Smartphone weg und konzentriere dich bitte!“, sagt sein Blick. Na gut, schnell noch die Bestellung abgeschickt und dann weiter „Psssccch“.
Mein Kind kämpft weiter mit dem Schlaf. Mich übermannt der Schlaf jedoch. Soll mein Kind doch machen, was es will. Ich brauche jetzt ein Mittagsschläfchen.
Es klingelt. Ich werde wach. Der Supermarkt Lieferservice ist da. Ich muss hier schon seit zwei Tagen stehen. Sorry, aber Bestellung falsch verschickt. Kann ich überhaupt noch von meinem herabschauenden Hund aufstehen? Wahrscheinlich verschrecke ich den armen Lieferanten mit meinem Aussehen. Die Stangen des Gitterbettes haben tiefe Abdrücke im Gesicht und am Körper hinterlassen. Außerdem müsste mein Gesicht grün und blau sein vom Kopfüber hängen. Meine Sicht ist verschwommen. Mein Gehirn ist nach unten an meine Schädeldecke gerutscht. Ich sehe wahrscheinlich aus wie ein Picasso-Gemälde.
Da höre ich plötzlich ein leises Schnarchen. Mein armes Kind ist vollgesabbert von meinem Schlafspeichel. Aber es schläft – sogar trotz Türklingel! Die Freude überkommt mich. Mein Kind schläft endlich! Vor Begeisterung springe ich ruckartig aus meiner Yogahaltung auf. Es knackt sehr laut. Das muss meine Wirbelsäule gewesen sein. Vor Schmerz schreie ich auf. Und dann höre ich noch einen Schrei. Der Zweite war nicht von mir. Mein Kind ist wieder wach…“
Wir danken Julia für diesen offenen und aufmunternden Text! Besucht doch einmal ihren Blog Flausenkind oder Julias Facebookseite und klickt euch durch ihre wunderbaren Geschichten.