Ganz egal, was ihr euch vielleicht mal vorgenommen habt in Sachen Kinder und Medien: Es ist einfach Fakt, dass technische Geräte wie Smartphones oder Tablets heute zu unserem Leben dazugehören. Ob zum Chatten, Spielen, Videogucken, Lernen – heute kommt kein Kind mehr an den digitalen Welten vorbei.
Umso wichtiger, dass wir ihnen einen richtigen Umgang damit vermitteln und ihre Digitalkompetenz fördern. So lassen sich nicht nur die oft diskutierten Gefahren der Medien minimieren, sondern auch die vielen positiven Möglichkeiten voll ausschöpfen. Wir haben deswegen mit Stephanie zu Guttenberg gesprochen, sie ist seit mehr als 20 Jahren eine bekannte Expertin in Sachen digitale Bildung und Medienaufklärung
Wie viel Bildschirmzeit ist für Kinder okay?
Zur Bildschirmzeit bei kleinen Kindern hat Stephanie zu Guttenberg eine klare Haltung: „Bei der Bildschirmzeit ist es so, dass Kinder unter zwei Jahren überhaupt keine Bildschirmzeit brauchen. Die maximale Ausnahme wäre vielleicht ein FaceTime Anruf mit Familie oder Freunden.”
Ab zwei Jahren dürfen Kinder laut der Expertin erste Erfahrungen mit den digitalem Endgeräten machen: Sie sieht sie dann wie einen „Fernseher mit Mehrwert”, aber „das bitte nicht mehr als maximal eine Stunde am Tag.” Doch in dem Alter ist ihr ganz wichtig: „Bitte lasst eure Kinder auch niemals allein mit diesen Geräten.”
Ab sechs Jahren lauten die internationalen Empfehlungen maximal zwei Stunden am Tag Bildschirmzeit. „Davon ausgenommen werden Hausaufgaben, also wenn in Schulen bereits auf digitalen Medien unterrichtet wird, dann kommt das natürlich hinzu und darf auch hinzukommen.”
Wann empfiehlt die Expertin das erste eigene Smartphone?
„Das Thema Smartphone – oder überhaupt das erste Telefon – ist ein heiß diskutiertes Thema. Ich sage ganz klar: Ein Kind bis zum zwölften Lebensjahr braucht kein Smartphone. Das ist eindeutig ein zu gewaltiges Tool. Es reicht völlig aus, dem Kind ein normales Flipp-Phone zur Verfügung zu stellen, wenn man möchte, dass man es erreicht und umgekehrt.”
Expertin bittet Eltern: „Verschließt niemals die Augen!”
Auch wenn es manchmal schwer ist, den Überblick zu behalten, Eltern sollten sich bemühen, die (digitalen) Lebenswelten ihrer Kinder zu verstehen. Das sieht auch Stephanie zu Guttenberg so: „Bitte, bitte, bitte, liebe Eltern, beschäftigt euch unbedingt mit der Welt eurer Kinder und Jugendlichen. Auch wenn uns einige Trends ein bisschen fremd sind. Selbst, wenn uns Spiele in der Idee nicht gefallen, bitte tut sie nicht ab, sondern interessiert euch für das, was eure Kinder interessiert. Ladet es euch selbst herunter, spielt es selbst mal durch, schaut es euch genau an, besprecht es miteinander. Warum? Das signalisiert Interesse und schafft Vertrauen. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, der mir sehr am Herzen liegt.”
Umgang mit Sozialen Medien
Ein großes Thema für viele Kinder und Jugendliche sind auch die sozialen Medien: Plattformen wie Instagram, Snapchat und TikTok spielen für junge Menschen eine große Rolle. Die Expertin sieht das kritisch:
„Es gibt einen Grund, warum soziale Medien vom Gesetz her eine Altersbeschränkung haben. Also international sind die sozialen Medien erst ab dem 13. Lebensjahr erlaubt. In Deutschland muss man unter 16 die Einverständniserklärung seiner Eltern haben und das ist auch gut so. Wenn ihr euch als Eltern entscheidet, die sozialen Medien für eure Kinder zu öffnen, dann bitte macht das gemeinsam, installiert das gemeinsam und setzt alle Jugendschutzvorrichtungen, die diese Anwendungen vorgeben, auch in die Tat um.”
Kindern den richtigen Umgang vorleben
Laut Stephanie zu Guttenberg müssen sich einige Eltern an die eigene Nase fassen: „Erfahrungsgemäß ist es so, dass Kinder gerne das nachmachen, was ihnen vorgelebt wird und nicht, was ihnen vorgeredet wird. Wenn ihr also selbst ein Online-Verhalten habt, was sehr stark ausgeprägt ist und ihr aber eigentlich nicht wollt, dass eure Kinder das so machen, dann muss man sich an die eigene Nase fassen und gucken, wie kann ich das verbessern.
Wie kann ich eventuell meine eigene Bildschirmzeit reduzieren und vor allem, wie kann ich die Zeit, wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, so organisieren, dass der Bildschirm nicht in der Nähe ist. Sei es bei gemeinsamen Essenszeiten, sei es bei gemeinsamen Spielzeiten, da ist nicht nur das Gerät von den Kindern und Jugendlichen nicht dabei, sondern natürlich mein eigenes auch nicht.”
Geheimtipp „Familienverträge” zur Mediennutzung
Stephanie zu Guttenberg ist ein großer Fan von Familienverträgen: Damit sind Vorgaben gemeint, mit denen man gemeinsam Bildschirmzeiten regelt, Zugänge regelt, das gemeinsame Verhalten im Netz festhält.
„Am Ende unterzeichnen dann beide Parteien und es müssen sich auch beide daran halten. Je älter die Kinder und Jugendlichen werden, desto mehr können die Verträge angepasst werden. Das nimmt beide Parteien in die Pflicht und in die Verantwortung, kann sogar Spaß machen, erhöht die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern und setzt einen kleinen Grundpfeiler in das gemeinsame Leben.”
Ein Patentrezept für die richtige Mediennutzung gibt es nicht
Stephanie zu Guttenberg kann Eltern aber auch Mut machen: Wenn ihr euer Kind nicht alleine in die digitale Welt schickt, sondern es dabei begleitet, können alle Seiten davon profitieren:
„Grundsätzlich ist es so, dass das Thema unglaublich komplex ist. Jedes Kind ist sehr individuell. Oft sage ich, dass es nicht nur starre Altersgrenzen sind, sondern auch vor allem die Reife des Kindes, die ausschlaggebend ist. Also guckt euch euer Kind ganz genau an und mit ein bisschen positiver Kraft und nicht zu viel Angst vor großen Fehlern, sondern einfach gemeinsam und mit sehr, sehr offener Kommunikation, schaffen wir auch, diese digitale Welt zu meistern.
Vielen Dank an unsere Expertin Stephanie zu Guttenberg!
Stephanie zu Guttenberg ist seit mehr als 20 Jahren eine bekannte Expertin und gern gebuchte Rednerin in Sachen digitale Bildung und Medienaufklärung. Ihr Know-how möchte zu Guttenberg nutzen und teilen, um die digitale Entwicklung unseres Landes proaktiv voranzutreiben. Seit Januar 2019 setzt sie sich daher als Mitgesellschafterin und im Bereich des Corporate Developments beim Social Impact Startup BG3000 für digitale Bildung ein und knüpft in dieser Funktion Verbindungen zwischen Wirtschaft, Politik und Bildung