Kinderärztin klärt auf: „Das sind die größten Irrtümer bei Notfällen!“

Ein Kind zu bekommen, löst ganz neue Gefühle in uns aus: Von bedingungsloser Liebe und purem Glück über ungeahnte Müdigkeit bis hin zur Sorge ist alles dabei. Denn Kinder werden auch mal krank oder tun sich weh. In diesen Situationen heißt es dann, einen klaren Kopf zu bewahren und die Situation einschätzen zu können, um schnell und richtig handeln zu können. Und genau das ist häufig gar nicht so einfach!

Das weiß auch Dr. med. Katharina Rieth. Sie ist Kinderfachärztin, Intensivmedizinerin und Notärztin. Katharina gibt ihre Erfahrung in Sachen Kindernotfallmedizin sowohl in Präsenz- als auch in Onlinekursen weiter und hat ein wunderbares Buch zum Thema geschrieben. (Mehr dazu findet ihr ganz unten im Text.)

Sie weiß, dass immer wieder leichtfertig Tipps und Infos zum Thema Hilfe für’s kranke Kind weitergegeben werden, die eher kontraproduktiv sind – und im Ernstfall die Situation sogar noch verschlimmern kann.

Für uns hat sie die 6 häufigsten Irrtümer zusammengefasst und natürlich erklärt, wie Eltern es besser machen können:

1. Um meinem Baby das Zahnen zu erleichtern, macht es Sinn, Schnuller oder Beißring vor dem Gebrauch ins Tiefkühlfach zu legen.

Nein! Schnuller und Beißring sollten niemals ins Gefrierfach, sondern höchstens kurzzeitig in den Kühlschrank gelegt werden. So bieten sie ausreichende Kühlung, selbst, wenn sie nur mit Wasser gefüllt sind. Sind sie zu kalt, können sie am sowieso schon gereizten Zahnfleisch, der Mundschleimhaut des Babys und dessen Lippen zu Kälteschäden führen.
Außerdem wird das Material durch die hohen Temperaturunterschiede porös. Aus diesem Grund genügt es auch, den Beißring zum Reinigen gründlich mit heißem Wasser abzuspülen. Auf Reinigungsmittel und Auskochen sollte verzichtet werden. Vorsicht auch bei einigen Zahnungshilfen, in deren Packungsbeilage im Kleingedruckten von einer Auskochmöglichkeit gesprochen wird. Dort genau nachlesen, ob der Ring dafür zuvor auseinandergebaut werden muss.
Manche Beißring-Produkte mit Kühlgel enthalten zudem hormonell wirksame Parabene zu Konservierungszwecken. Auf diese sollte besser verzichtet werden. Deshalb genau nachlesen. Die Art der Füllung sollte deklariert sein. Manche Hersteller weisen z. B. darauf hin, bei anderen sucht man nach dem Hinweis leider vergeblich!“

2. Ich konnte bei meinem Kind eine Zecke nicht komplett entfernen! Schnell ab zum Arzt!

Nein! Falls noch Reste der Zecke in der Haut verbleiben, ist dies nicht schlimm! Sie wachsen von alleine heraus. Viel wichtiger ist es, die Einstichstelle sowie den übrigen Körper des Kindes im Verlauf zu beobachten und auf Warnzeichen wie ,rote Flecken` (Wanderröte), Grippesymptome, Nackensteifigkeit, Gelenkschwellungen oder ein schiefes Gesicht wie bei einem Schlaganfall zu achten, bei deren Auftreten sofort ein Arzt aufgesucht werden und dieser auf den Zeckenstich in der Vorgeschichte hingewiesen werden sollte!“

5. Mein Kind hat nach einem Treppen- oder Leitersturz keine blauen Flecken, also war’s nicht so schlimm.

Nein! Der kindliche Körper hat im Allgemeinen eine höhere Elastizität, weshalb viele Eltern fälschlicherweise davon ausgehen, dass Kinder sich nicht so leicht verletzen, da ,sie sich besser verbiegen können`. Doch dies ist ein Irrglaube. Anstatt dessen können gerade bei Kindern durch von außen einwirkende Kräfte, die in den Brust- und Bauchraum übertragen werden, schwere innere Verletzungen auftreten und zwar ganz ohne äußere Anzeichen wie z.B. Prellmarken (,blaue Flecke`) oder Frakturen (,Knochenbrüche`). Dadurch besteht die Gefahr, dass Verletzungen übersehen bzw. zu spät erkannt werden. Deshalb ist nach schweren Stürzen ein Arztbesuch angezeigt und eine genaue Schilderung des Unfalls (Unfallkinematik) ausschlaggebend.“

6. Nur Insektenstiche in Hals- und Mundbereich sind Notfälle.

Nein! Egal, in welcher Körperregion das Insekt zusticht: Es kann auch beim Erstkontakt grundsätzlich immer eine allergische Reaktion (Anaphylaxie) entstehen, die den gesamten Körper betrifft (systemische Reaktion). Es kann somit zu ernsthaften Schwellungen, Luftnot, Kreislaufstörungen bis hin zu Krampfanfällen, Bewusstlosigkeit, Atem- und zum Herz-Kreislauf-Stillstand kommen. Deshalb ist es wichtig, sein Kind im weiteren Verlauf zu beobachten, um beim Auftreten von Symptomen bedarfsgerecht direkt gegensteuern zu können.“

Unsere Expertin:

Dr. med. Katharina Rieth Foto: privat

Dr. med. Katharina Rieth ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatzbezeichnung Intensiv- und Notfallmedizin. Durch Ihren Erfahrungsschatz und Ihr Fachwissen ist sie als Profi täglich aktiv, um Kinderleben zu retten. Mit ihrer eher seltenen Kombination aus Kinder- und Notärztin ist sie die perfekte Expertin in Sachen Kindernotfälle.

Unbedingt empfehlenswert für jeden Haushalt mit Kindern ist Katharinas neues Buch „Fit für den Kindernotfall von Fieber bis Reanimation“, (Affiliate Link), medhochzwei, 29,99 Euro).

Auf der Elternplattform mapadoo.de bietet sie ihr absolutes Herzensprojekt, den Kindernotfall-ABC-Onlinekurs. an.

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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