Bei dieser Meldung weiß man wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll: Eine Hartz-IV-Empfängerin bat um ein Darlehen beim Jobcenter, da ihr Kühlschrank den Geist aufgegeben hat – und erhielt eine Antwort, mit der sie definitiv nicht gerechnet hatte.
Ihre Anfrage wurde abgelehnt und stattdessen erhielt sie einen unmöglichen Rat.
Die (ernstgemeinte) Ansage des Jobcenters lautet, dass „aufgrund der Witterungsverhältnisse” Lebensmittel draußen gelagert werden können. Die Anschaffung eines neuen Kühlschranks ist damit für das Jobcenter offenbar unnötig. Die Voraussetzungen für eine darlehensweise Bewilligung seien in ihrem Fall nicht gegeben. Ähm, wie bitte?
Öffentlich wurde der Fall, weil Helena Steinhaus, Gründerin des Vereins „Sanktionsfrei e.V.“, über den Fall der Antragstellerin aus dem Ruhrgebiet twitterte. Die Betroffene hatte sich zuvor hilfesuchend an den Verein gewendet, wie RTL berichtet. Das im Tweet zitierte Ablehungsschreiben des Jobcenters liegt RTL vor.
Das #jobcenter antwortet auf die Anfrage nach einem zinslosen Darlehen für einen Kühlschrank, dass „aufgrund der Witterungsverhältnisse“ Lebensmittel draußen gelagert werden und während dessen Ansparungen vom Regelsatz gemacht werden könnten. #hartzIV #armut
— Helena Steinhaus (@SteinhausHelena) January 25, 2022
Das Jobcenter gibt darin an, dass es keinen „unabweisbaren Bedarf” für einen neuen Kühlschrank gäbe, da es möglich ist, „Lebensmittel auch z.B. auf dem Balkon“ zu lagern. Viele Menschen, die Leistungen vom Staat beziehen, fühlen sich durch den Vorschlag erniedrigt. Kein Wunder, oder? Außerdem stellt sich die Frage, was man tun soll, wenn man keinen Balkon oder Garten zur Verfügung hat. Soll man seine Lebensmittel dann „dekorativ auf den Außenfensterbänken deponieren”, wie eine Person bei Twitter zynisch vorschlägt?
Ein anderer Nutzer kommentiert: „Als Antwort sollte man ein zinsloses Darlehen für eine Terrasse beantragen. Alternativ: Könnte man die Eiseskälte deutscher Bürokratie hinreichend kanalisieren, ließen sich damit sämtliche Kühl- und Gefrierschränke dieser Welt überflüssig machen.” Andere berichten, dass sie schon mal versuchsweise Lebensmittel draußen gelagert hätten und diese dann von der Nachbarskatze oder Ratten angenagt wurden. Keine schöne Vorstellung.
Ist die Vorgehensweise des Jobcenters denn wirklich rechtens?
Anwältin Nicole Mutschke sagt zu dem Fall: „Natürlich wird dies vermutlich am Ende ein Gericht entscheiden, aber ich halte die Begründung nicht für tragfähig.“ Die Anwältin rät dazu, einen „Antrag auf einstweilige Anordnung bei Gericht“ zu stellen. Sie glaubt, dass es dabei auch keine Rolle spielt, ob man über einen Balkon verfügt oder nicht.
Inzwischen hat das Jobcenter auf den Vorfall reagiert: Man könne den geschilderten Vorfall nicht bestätigen. „Die Begründung der Ablehnung entspräche in keinster Weise der gängigen Praxis im Jobcenter. Selbstverständlich gehört ein Kühlschrank zur notwendigen Ausstattung einer Wohnung.” Möglicherweise gibt es nun sogar Konsequenzen für den zuständigen Sachbearbeiter.