„Liebe Bonus-Mama, gib dir und der Tochter deines Mannes eine Chance!”

„Liebe Mama, in deiner Geschichte hast du davon geschrieben, dass es dir so, so schwer fällt, das Kind deines Partners zu akzeptieren. Dein Text hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Ich bin eine Mama, die eine Tochter mit in ihre neue Beziehung gebracht hat.

Mein Freund musste mich von Beginn an teilen. Also schreibe ich dir praktisch aus der Perspektive deines Mannes, und vielleicht helfen dir meine Worte und meine Erfahrungen ja ein bisschen weiter.

Ja, ich kenne all die Einschränkungen, von denen du erzählst – nur aus der umgekehrten Sicht. Was ich mir wünschen würde: Dass du den Fokus ein bisschen mehr auf das legst, was du durch die Bonustochter gewinnen kannst – und nicht auf das, was du durch sie verlierst.

Ich hoffe, ich kann dir dabei helfen, den Blick dafür zu schärfen.

Du fragst dich, ob Euer Leben nicht einfacher wäre, wenn es die Tochter deines Partners nicht geben würde. Bestimmt ist das so – aber wäre dein Partner dein Partner, ohne das Kind? Du hast dich in einen Mann verliebt, der schon Vater und durch seine Lebenserfahrung geprägt war. Er ist ein Gesamtpaket, in das du dich vermutlich mal verliebt hast.

Einige seiner typischen Verhaltens-/Sichtweisen bringt er mit, weil es die Bonustochter gibt.

Mein Freund sagt immer, er hat sich gerade deshalb in mich verliebt, weil ich schon eine Mutter war – eine Frau mit Erfahrung im Leben, die schon bewiesen hat, wie viel Verantwortung sie tragen kann und die genau weiß, wie es ist, sich um ein kleines Wesen zu kümmern. Vielleicht ist das ja auch eine Eigenschaft, die du an deinem Mann besonders schätzt.

Du hast geschrieben, dass ihr deine Traumhochzeit nicht ausrichten konntet, weil er so viel Unterhalt für sie zahlt. Ich kann gut verstehen, wie traurig das für dich sein muss. Sprich mit ihm darüber, wie wichtig dir das ist – vielleicht lässt sich das nachholen, wenn genügend Geld da ist?

Mein Freund musste gerade zu Beginn unserer Beziehung wegen meiner Tochter auch auf vieles verzichten.

Er war der typische Single, der gern in den Sporturlaub im Süden flog, Party machte, frei und unabhängig lebte. Ich konnte mir so ein Leben gar nicht leisten, weil ich viele Kosten für meine Tochter tragen musste.

Wir haben viel darüber gesprochen und gemeinsam gespart, ein bisschen gewartet und die Reisen nachgeholt, als es dann ging. Ich hätte ihn auch alleine in den Urlaub fahren lassen, aber das wollte er gar nicht mehr. Er wollte Zeit mit uns verbringen.

Liebe Bonus-Mama, als du schwanger wurdest, hast du dich gefragt, ob dein Mann sich bei seinem ersten Kind mehr gefreut hat.

Klar, das erste Mal ist bestimmt meist aufregender als das zweite. Natürlich nutzt sich das ein bisschen ab.

Aber es ist sein erstes Kind mit dir – also auch etwas Neues. Frag ihn doch mal, wie er das wahrgenommen hat, vielleicht konnte er seine Aufregung nur nicht so zeigen.

Mein Freund und ich haben uns bewusst gegen weitere, eigene Kinder entschieden.

Ihm war das nie so wichtig, Vater zu werden. Ich hätte gern noch mehr Kinder gehabt. Er hätte es sich auch vorstellen können, aber hätte auch nur mitgemacht, wenn es mein dringender Wunsch gewesen wäre.

Aber ich wollte meiner Tochter nicht zumuten, mich teilen zu müssen, und mit ansehen zu müssen, wie ein weiteres Kind es viel leichter hat als sie: Mama und Papa am selben Ort, nie wechseln müssen, kein Streit zwischen den Eltern – und sie immer das fünfte Rad am Wagen.

Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihr das zuzumuten und dafür meinen Kinderwunsch zurückgestellt.

Das ist mit Sicherheit auch diskutabel, aber auch eine sehr individuelle Entscheidung. Für mich und meine Tochter hat sich das richtig angefühlt. Heute denke ich, sie wäre eine gute, große Halbschwester geworden. Ich bin damals meiner Intuition gefolgt. Vielleicht war ich zu vorsichtig.

Für euch stand das gar nicht zur Debatte, weil du Kinder wolltest und noch keine hattest. Und das ist für euch bestimmt auch sehr richtig so. Aber du schreibst, als euer Sohn geboren wurde, fühltest du dich wie die böse Stiefmutter, als du nicht wolltest, dass die Tochter deines Mannes das Brüderchen mal hält.

Mein Gedanke dazu: Lass los, lass sie machen, Du gewinnst so viel dazu!

Eine große, gute Schwester für deinen Sohn zum Beispiel, die sich eingebunden fühlt und gerne bei euch ist. Wie muss es für sie sein, immer zwischen zwei Elternteilen zu pendeln und dann auch noch den Papa zu teilen? Würdest du dir an ihrer Stelle nicht auch wünschen, liebevoll eingebunden zu werden in diese neue Familienstruktur und nicht außen vor zu sein?

Aber dazu musst du dem Ganzen Raum geben. Ich musste das übrigens auch erst lernen – meinem Freund und meiner Tochter Raum zu geben, sich kennenzulernen und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Und niemand verlangt, dass er sie liebt wie ein eigenes Kind! Meine Tochter hat schon einen liebevollen Papa, die Rolle ist ohnehin vergeben.

Es reicht schon vollkommen, wenn sie und mein Freund gut miteinander auskommen.

Dazu müssen sie aber die Chance haben, sich kennenzulernen, auch mal was zu zweit machen. Es hat gedauert, bis ich das zulassen konnte, weil ich Angst hatte, es geht schief. Aber Angst ist bei sowas ein ganz schlechter Ratgeber.

Als ich losließ und die beiden ihr Ding machen ließ, konnte sich zwischen ihnen erst eine Beziehung entwickeln. Heute hilft er ihr ganz selbstverständlich bei Mathe, sie klettern durch Hochseilgärten, spielen zusammen Konsolenspiele, und wir lieben gemeinsame Brettspielabende.

Außerdem sagt er immer öfter so Sätze wie: ‚Es ist so still, wenn sie nicht da ist!‘ und langweilt sich inzwischen alleine mit mir. Und oft bin ich richtig abgemeldet, sobald sie da ist. So kann’s gehen. So geht es aber nur, weil ich das auch zugelassen habe.

Liebe Bonus-Mama, hab keine Angst und setz dich nicht so sehr unter Druck.

Lass ab und zu mal los und lern Dein Bonuskind selbst besser kennen. Nimm Dir Zeit dafür, auch, wenn Zeit rar ist. Es wird sich lohnen. Du wirst mit Sicherheit Dinge entdecken, die euch beiden Spaß machen – Gemeinsamkeiten.

Niemand verlangt, dass du die zweite, perfekte Mutter für deine Stieftochter wirst, niemand verlangt, dass du tiefe Liebe für sie empfindest, aber eine böse Stiefmutter möchtest du doch auch nicht sein, oder?

Du sagst, dass du manchmal das Gefühl hast, dass es leichter wäre, wenn dein Mann noch keine Kinder gehabt hätte.

Mag sein. Aber dann wäre er auch in gewisser Weise ein Anderer, und eure Familie wäre nicht eure Familie.

Ich wünsche dir alles Gute!”


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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