„Liebe kinderlose Freundin, danke, dass du mir mein Glück gönnst!“

„Meine liebe Freundin,

wir kennen uns schon ewig. Und fast genau so ewig weiß ich, dass du dir ein Kind wünscht.

Es war dir schon immer klar, es war gar keine Frage: Du wirst verheiratet sein und Mama werden. Während meine Meinung zu Kindern über die Jahre ständig wechselte, warst du dir einfach sicher. Während ich durch die Partynächte zog und viele Männer kennen- und „lieben“lernte (das dachte ich zumindest jedes Mal), fandest du deinen Seelenverwandten und warst deinem Ziel damit noch einen Schritt näher.

Irgendwann hast du mir dann erzählt, dass du keine Kinder bekommen kannst.

Nachdem dein Mann und du es lange probiert hattet, habt ihr euch untersuchen lassen. „Es ist mir nicht vergönnt, Mama zu werden.“ So erzähltest du mir von den Ergebnissen der Untersuchung, von der ich vorher gar nichts gewusst hatte.

Du warst in deinen Grundfesten erschüttert. Ich kann nur ahnen, aber sicher nicht ganz nachfühlen, wie es für dich sein muss, dass dein Lebensplan in einer Sekunde zerplatzt ist. Du warst so tapfer, aber ich machte mir große Sorgen um dich.

Dann, kurze Zeit später, verliebte ich mich, das erste Mal wirklich. Das wirbelte nun wiederum mein Leben durcheinander und ein Jahr später war ich schwanger. Ein absolutes Wunschkind, von dem Wunsch hatte ich dir bis da aber lieber noch nichts erzählt.

Es brach mir das Herz, dir von meiner Schwangerschaft zu erzählen.

Am liebsten hätte ich gekniffen, feige, wie ich war. Als mein Bauch sich ein wenig vorzuwölben begann, sagte ich sogar ein paar Treffen hintereinander ab. Bis mein Mann ein Machtwort sprach, denn er kann sich mich ohne dich eben auch nicht vorstellen und hatte Angst um unsere Freundschaft.

Du hast dich für mich gefreut. Und zwar ehrlich und von ganzem Herzen. Du gabst mir ein gutes Gefühl und hast es mir immer leicht gemacht. Deine Tränen, die es gab, da bin ich mir sicher, hast du ohne mich vergossen. Du gingst in meiner Schwangerschaft auf, hast dich gekümmert, eine Babyparty geschmissen, hast mir den schmerzenden Rücken massiert, wenn mein Mann beruflich unterwegs war.

Du warst wunderbar und ich musste einmal mehr erkennen, dass du die Stärkere und Bessere von uns beiden bist.

Dann kam mein Baby und mit ihm waren auch meine Schuldgefühle wieder da. Hatte ich dieses Glück verdient, von dem ich so lange nicht mal gewusst hatte, dass ich es wollte? Solltest du nicht an meiner Stelle sein?

Ich tat das Schlimmste, was ich tun konnte: Ich zog mich von dir zurück. Aus Angst, wie ich heute weiß, aus Angst, mit deinem Kummer konfrontiert zu werden und mich in meiner Babyblase mit Negativem auseinandersetzen zu müssen. Ich redete mir aber lieber ein, dass ich dich schützen würde.

Das alles muss ein Schlag ins Gesicht gewesen sein für dich.

Eines Tages standest du bei mir einfach vor der Tür. Ich erschrak – und war glücklich. Du hast mir keine Vorwürfe gemacht, du warst einfach da. Als wäre nichts gewesen. Und so ging unsere Freundschaft weiter. Als wäre nichts gewesen.

Mein Sohn hat sich schnell in dich verliebt und er freute sich jedes Mal riesig, wenn er dich sah. Und du warst einfach zauberhaft mit ihm. Nie zu einnehmend, immer auf ihn eingehend. Ein paar Monate nach deiner Rückkehr saßen wir auf dem Sofa, er war auf deinem Schoß eingeschlafen. Du sahst mich mit Tränen in den Augen an und hast gesagt: „Halte dein Kind nie wieder von mir fern.“

Ein Satz wie ein Hieb. Aber auch die einzigen Worte, die du je über diese Sache verloren hast.

Mein Sohn ist jetzt zwei und verrückt nach dir. Das macht mich einfach nur glücklich. Wenn ich euch zusammen erlebe, weiß ich, dass du eine wundervolle Mutter wärst. Vielleicht eine bessere, als ich es bin.

Aber es ist, wie es ist. Ich musste erst lernen, das anzunehmen – du konntest es von Anfang an.

Alles, was ich dir sagen kann, ist danke. Danke, dass du mir verzeihen konntest und danke, dass du mir mein Glück gönnst.

Und bitte denke dran: Du bist unglaublich stark, ich weiß das. Aber wenn du jemanden zum Ausweinen brauchst, wenn du deinen Kummer herausschreien willst – komm zu mir. Ich weiß jetzt, dass der Verlust deines Traumes durch meinen Sohn nicht mehr oder weniger schlimm wird. Es hat einfach nichts miteinander zu tun. Weil du so ein großartiger Mensch bist.

Auf immer, deine Freundin.“

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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