Glänzende Kinderaugen, Tage voller Vorfreude, vielleicht ein Gedicht, das auswendig gelernt wird, falls er höchstpersönlich vor der Tür steht: Die Mär vom Weihnachtsmann gehört im Dezember einfach dazu. Und ich liebe sie! Ich selbst habe (trotz großem Bruder, der hat aber lange dichtgehalten) ziemlich lange an den Weihnachtsmann geglaubt. Und auch, als ich dann älter war und längst alles „gecheckt“ hatte, gab es an Heiligabend noch diesen Running Gag bei uns zu Hause: Mein Bruder und ich mussten in den ersten Stock und mein Vater hat an der Tür geklingelt und gaaaanz laut mit dem Weihnachtsmann gesprochen – der aber stumm war und auch ganz schnell los musste. Ich weiß nicht, wem diese Tradition besser gefallen hat: Uns oder unseren Papa.
Auf jeden Fall war es schön.
Und meiner Tochter habe ich auch erzählt, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Jaaaa, auch inklusive lauten Klopfens an die Haustür, wenn sie grad auf Klo war – und danach die Geschenke auf der Fußmatte gefunden hat. Dieses Jahr hat sie das erste Mal den (Weihnachts-)Braten gerochen und gefragt, ob eigentlich wir die Geschenke besorgen? Davon hab ich euch hier schon erzählt. Mit dem Ergebnis, dass sie eine Halb-Wahrheit kennt, die sie völlig okay findet und mit der ich alte Romantikerin auch noch einigermaßen leben kann. Ihrem Papa übrigens ist das alles total schnuppe. Er fand es eh „albern“, dieses „Weihnachtsmann-Gedöns auf Krampf“ durchzuziehen ?. Also ehrlich! Na, dafür hat er aber tapfer mitgemacht, mir zuliebe.
Andere sind da viel strenger, was die Weihnachtsmann-Lüge angeht
Denn (mindestens) zwei Psychologen sind der Meinung, dass es eben genau das ist: Eine handfeste Lüge, die wir unseren Kindern da auftischen. Und die im Nachhinein üble Folgen haben kann.
Christopher Boyle und Kathy McKay haben ein Essay veröffentlicht, indem sie genau das thematisieren. Sie sind sich sicher, dass es schwerwiegende Folgen für unsere Kinder haben kann, wenn wir ihnen „einen vom Pferd“, äh, Rentier und seinem rotbemantelten Chef erzählen.
Ihre Argumente klingen erstmal schlüssig:
Denn, auch wenn Eltern uns das erstmal nicht vorstellen mögen: Irgendwann merkt jedes Kind, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Und weiß dann, dass seine Eltern (und viele andere Vertrauenspersonen auch) sie jahrelang angelogen haben. Die Psychologen meine, dass manchen Kindern durch diese Erkenntnis den Rest ihres Lebens der Spaß an Weihnachten genommen wird – weil sie sich jedes Jahr aufs Neue daran erinnern, dass sie bei diesem Fest das erste Mal verraten wurden.
Hmm, also – was denkt ihr denn darüber?
Ich würde hier sogar so weit gehen, einen Satz zu schreiben, der eigentlich gar nicht geht: Das hat uns doch früher auch nicht geschadet! Davon bin ich in diesem Fall nämlich fest überzeugt. Boyle und McKay sehen das anders. Sie meinen, dass fast jeder, dem mal das Märchen vom Weihnachtsmann erzählt wurde, mehr oder weniger einen Knacks davon bekommen hat! Okay….
Am schlimmsten finden sie es, und das kann ich sogar einigermaßen nachvollziehen, wenn man darauf beharrt, dass es den Weihnachtsmann gibt. Soll heißen, dass das Kind nachfragt oder sogar sagt, dass es ihn nicht gibt – und die Eltern energisch dagegenhalten. Das kann das Kind dann natürlich wirklich verwirren, das sehe ich ein.
Ach ja… Aber ist es nicht irgendwie zu schade, wenn die Kinder nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben? Geht dann nicht der ganze Zauber der Weihnacht verloren? Das ist doch zu niedlich, wenn die Kleinen aufgeregt darauf warten, dass er endlich kommt…
Ha – genau da wollen die Psychologen mich drankriegen!
Sie sind der Meinung, dass Eltern ihren Kindern eigentlich nur für sich selbst vom Weihnachtsmann erzählen. Weil wir uns dann selbst wieder von dieser Magie umgeben sehen. Und weil wir dann so putzige Geschichten über unsere Kleinen zu erzählen haben… Genießen wir diese Weihnachtsmann-Geschichte etwa viel mehr als unsere Kinder?
Also, nee, das glaube ich nicht. Ja, ich mag (mochte, buhuuuuuu) es sehr, meiner Tochter vom Weihnachtsmann zu erzählen, klaro. Aber sie fand es noch viel aufregender als ich.
Aber: Wie macht man es denn nun „vorbildlich“?
Das kann zum Glück ja jeder selbst entscheiden. Ich weiß nicht, ob die beiden „Grinch-Psychologen“ ihren Kindern tatsächlich von klein auf an gesagt haben, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Wenn ja, ist das ja auch okay. Ich hätte nicht drauf verzichten mögen, und jetzt ist es eben (fast) raus, dass der Weihnachtsmann nicht bei uns vorbeikommt.
Hat meine Tochter denn jetzt einen Knacks?
Ich glaube (und hoffe) natürlich nicht. Ich denke da eher wie eine andere Psychologin, Gail Heyman von der University of California. Sie ist nämlich der Meinung, dass das Vertrauen von Kindern in ihre Eltern von zu vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist, als dass ein Weihnachtsmann ganz allein das Vertrauen zerstören könnte….