Ich liebe meine Tochter. Mehr, als ich es mir vor ihrer Geburt je hätte vorstellen können. Und ich versuche, ihr eine gute Mama zu sein. Es soll ihr an nichts fehlen, sie soll sich sicher und geborgen fühlen, eine unbeschwerte und glückliche Kindheit haben. Dafür gebe ich täglich vieles…
… aber gebe ich auch alles? Bin ich die perfekte Mama?
Nun, was das Perfekte angeht: Ganz sicher nicht. Ich versuche, meiner Maus die mir bestmögliche Version einer Mama zu sein. Und das ist nun mal keine Mama wie aus dem Eltern-Ratgeber (und von denen kenne ich eine ganze Menge). Es ist meistens eine zugewandte und liebevolle Mutter.
Aber ab und zu ist das leider auch eine ungeduldige, bequeme und genervte Mama. Und ungerecht noch dazu.
Denn natürlich weiß ich, dass Trotzanfälle ganz normal sind und meine Kleine mindestens genau so mitnehmen wie mich. An guten Tagen erinnere ich mich auch mitten in diesen Situationen daran, bleibe ruhig und lieb, lasse sie sich austoben und bin für sie da, wenn sie es braucht. Aber manchmal, wenn sie vorher seit Stunden gequengelt hat und der Tag an sich kein besonders netter war, wüte ich mit. Nicht in ihrem Ausmaß. Aber mehr, als es angemessen ist. Bis wir uns hinterher in den Armen liegen – ich mit einen höllisch schlechten Gewissen.
Niemals wollte ich mein Kind mit etwas zu knabbern oder Medien „ruhigstellen“. Furchtbar fand ich das! Das Ende vom Lied? Ich weiß nun, wie grantig ein hungriges Kind werden kann und verlasse ohne Snacks nicht das Haus. Gegessen wird bei uns ganz sicher nicht nur zu den Mahlzeiten. Und nachdem wir wirklich furchtbare Kämpfe beim Zähneputzen ausgetragen haben, die zu vielen Tränen auf beiden Seiten, aber ganz sicher nicht zu blitzeblanken Zähnchen geführt haben – darf sie beim Putzen ein Handyvideo schauen.
Ich weiß, es ist eigentlich ein Armutszeugnis, laut zu werden. Ich stelle es mir aus. Denn wenn der kleine Trotzbär hier richtig loslegt, nach dem Klogang unten ohne durch die ganze Wohnung tobt, um nicht Händewaschen zu müssen oder es lustig findet, sein Essen mehrfach auf den Boden zu werfen… dann wird meine blöde Schimpf-Stimme deutlich lauter, als es hier die Regel ist.
Ach, ich könnte noch so viel mehr aufzählen… Abendessen, die manchmal nur aus Würstchen bestehen, weil das Vollkornbrot und der Salat nicht angerührt werden. Abgebrochene „fördernde“ Baby-Kurse, die vielleicht pädagogisch wertvoll waren, mir aber den letzten Nerv geraubt haben… Eine Beule am Kopf, weil ich meine Baby-Tochter etwas zu schwungvoll ins Bettchen gelegt habe… Morgendliches Antreiben, weil ich selbst zu spät aufgestanden bin… Abende mit Freundinnen, an denen ich eine Pause von meiner Tochter so richtig genossen habe… Heimlich hinter der Kühlschranktür verputzter Schokolade, weil ich kurz vorher behauptet hatte, wir hätten keine mehr…
Die perfekten Mamas schlagen jetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Aber: Ich höre gar kein Klatsch-Geräusch… Kein Wunder, ich glaube, die perfekte Mama gibt es gar nicht. Wir sind doch auch nur Menschen. Und geben uns selbst hoffentlich nicht völlig auf, um alles so richtig richtig zu machen. Denn, und daran glaube sogar noch, wenn ich grad völlig an mir zweifle: Ist die Mama glücklich, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es das Kind auch ist.
Manchmal sagt meine Tochter mir, dass ich blöd bin. Das höre ich dann natürlich nicht so gerne, aber es ist völlig okay. Sie hat recht: Natürlich bin ich manchmal blöd. So richtig scheiße sogar.
Zum Glück sagt sie mir kurze Zeit später ja auch wieder, dass sie mich lieb hat – und wiiieee! Denn das ist ja das Gute: Eine Liebe zwischen Kind und Eltern ist belastbar. Stimmt die Basis, versaut man sie nicht durch eine laute Ansage oder ein ungeduldiges Nölen. Andersrum gilt es ja genauso: Ich liebe meine Tochter ja keinen Deut weniger, wenn ich mal so richtig wütend auf sie bin.
Und genau deshalb bin ich vielleicht nicht perfekt. Aber perfekt passend zu meiner Tochter. Und unserem Familienleben. Denn so ist es doch, ich wiederhole es nochmal: Wir Mamas sind auch nur Menschen.
Aber weil wir so viel für unsere Kinder geben und meistens genau den Weg einschlagen, der zu unserem Schatz passt, sind wir gut so, wie wir sind. Besser muss gar nicht.