„Mama, sei nicht traurig. Ich möchte jetzt abends lieber alleine lesen…“

Meine Tochter ist neun Jahre alt. Ich könnte jetzt Phrasen schreiben wie „Ich weiß gar nicht, wann sie so groß geworden ist!“ Aber ganz ehrlich: Ich weiß es doch. All die Monate und Jahre, die wir jetzt schon miteinander verbringen durften. Natürlich sind sie auf der einen Seite schnell vergangen, auf der anderen Seite aber auch nicht. Wir haben so viel gemeinsam erlebt, geschafft, gelernt. Sie ist mir näher als irgendein anderer Mensch.

Meine Tochter braucht mich wie kein anderer. Das ist wunderschön! Und manchmal auch ganz schön anstrengend.

Ich gebe es ganz ehrlich zu, ich habe es so manches Mal verflucht. Wenn ich statt meines „Feierabends“, an dem ich noch so viel erledigen – oder auch nur auf dem Sofa herumliegen – wollte, neben ihr im Bett lag, weil sie nicht einschlafen konnte. Wenn meine kinderlosen Freunde am Sonntag die Sonne mit dem Rollo aussperren und ganze Serien durchgucken konnten – und ich partout noch auf den Spielplatz musste.

Na, ihr Mamas wisst schon. Manchmal/oft fehlt es einfach an ein wenig Zeit für sich selbst.

In Normalfall allerdings habe ich es genossen. Und liebe es immer noch! Was für ein Geschenk, dass ein Mensch mir so blind vertraut. Dass ich Tipps geben darf, Tränen trocknen und Wutanfälle aushalten.

Natürlich wird das alles ganz langsam, kaum spürbar weniger. Die Meinung der Freundin ist jetzt in manchen Dingen ein wenig wichtiger als meine. Meine Tochter verhält sich genau entgegengesetzt zu dem, was ich ihr geraten habe. Ein Drücker ist nicht mehr jederzeit willkommen. Sie geht alleine zur Schule.

Das ist der Lauf der Dinge. Manchmal tut er weh, aber ich versuche immer, das Gute daran zu sehen: Sie wird allmählich selbstständig.

Ganz normal. Und wichtig!

Woran ich aber wirklich zu knabbern habe: Wenn es an unsere Rituale geht. Momente, die nur uns gehören und die wir seit Jahren beide lieben.

Als ich mir gestern abend das Buch zum Vorlesen schnappen wollte, meinte meine Tochter:

„Mama, sei nicht traurig. Aber ich möchte jetzt abends vielleicht lieber alleine lesen…Tut mir leid!!!!“

Uff, okay. Ich sagte laut und totaaal heiter: „Quatsch, wieso denn!? Ist doch schön … und völlig in Ordnung!“ Ich dachte leise und total traurig: „Neeeeein, nicht das Vorlesen….“ Denn „das Vorlesen“ ist für mich so viel mehr, als nur eine Geschichte vorzulesen. Es ist ein letztes Kuscheln vorm Schlafengehen, bei dem wir uns auch immer wieder wortlos vertragen, wenn es Streit gab. Es schenkt meiner quirligen Kleinen Ruhe, es bringt uns zum Lachen oder Weinen. Es kitzelt bei ihr heraus, was sie den Tag über bedrückt hat und vorher nicht erzählen wollte.

All das soll jetzt also wegfallen? Ich bin ganz wehmütig. Was mag wohl als nächstes kommen!?

Tja, auf einmal fühlt sich die Aussicht auf einen früheren „Feierabend“ gar nicht mehr so reizvoll an… Kennt ihr das auch? Dieses Wechselbad der Gefühle?
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Kommt ihr gut damit klar, dass die Kids selbstständiger werden?x
Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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