Irgendwie schaffen es unsere Kinder, genau die Knöpfe zu drücken, die uns (innerlich) ausrasten lassen. Nicht, weil sie bösartig sind, sondern weil wir uns überfordert fühlen. Manchmal ist unser Kopf so voll mit Aufgaben, an uns gerichtete Erwartungen, Sorgen und Unsicherheiten. Manchmal sind wir einfach nur vollkommen übermüdet und erschöpft. Dann nützt es nichts, dass auch unser Herz randvoll ist, und zwar mit Liebe. Plötzlich sind wir zu laut und ungerecht, vielleicht packen wir sogar ein wenig zu fest zu, wenn das Kind schon wieder nicht hört oder seinen x-ten Trotzanfall hinlegt.
Unsere Echte Mama Tanja schildert, wie es sich anfühlt, immer wieder in die Wutfalle zu tappen, obwohl man es eigentlich nicht möchte:
„Regelmäßig sehe ich rot, wenn…
…die Kinder körperlich werden. Wenn sie nach mir schlagen oder treten, obwohl ich nichts weiter möchte, als ihnen zum Beispiel einen Pullover anzuziehen. Beim letzten Mal habe ich die Hände meiner Tochter so grob festgehalten, dass mir im Nachhinein fast übel wurde. Wie konnte ich zu dieser aggressiven Mutter werden? Ich schüttele meine Kinder nicht, ich schlage meine Kinder nicht. Aber schon dieses Festhalten, mit dem ich den Willen meines sich windenden Kindes bezwungen habe, fühlte sich gewalttätig an. Dabei möchte ich eigentlich nicht einmal brüllen.
Trotzdem passiert es mir immer wieder – zuletzt gestern, als mein Sohn mein ,Stop!` an der Ampel immer wieder ignoriert hat und beinahe mit seinem Fahrrad vor ein Auto gefahren wäre. Auch wenn er mich nachäfft, was er gerne tut, reagiere ich nicht immer gnädig. An guten Tagen lache ich darüber, an schlechten flippe ich aus, wenn er auch dann nicht damit aufhört, wenn ich ihn tausendmal freundlich erklärt habe, warum mich das stört.
Ich habe schon oft in Kissen geboxt und einmal sogar das Sofa getreten – immerhin erst, nachdem ich den Raum verlassen hatte. Ich habe meine Kinder erpresst und sie emotional unter Druck gesetzt (,Du hast Mama jetzt wirklich sehr traurig gemacht.`). Nein, keine Sorge, das ist nicht der Normalzustand bei uns, aber für meinen Geschmack passiert es mir zu oft. Bestimmt klinge ich wie eine schlimme Rabenmutter, oder?
Ich weiß ja, dass sie nicht absichtlich gemein zu mir sind.
Vor allem hat es mit mir selbst zu tun, wenn ich zu heftig reagiere, auch das weiß ich. Klar, ich würde sie lieber jederzeit achtsam und liebevoll begleiten, aber das gelingt mir nun einmal nicht immer. Wenn sie dann weinen oder mich aus großen Augen ansehen, werde ich manchmal noch wütender – weil es weh tut, an ihrem Verhalten zu kennen, wie ätzend ich mich gerade benehme.
Meistens beruhige ich mich dann ganz schnell wieder und entschuldige mich – und zwar richtig und nicht à la ,Tut mir leid, dass ich gebrüllt habe, aber du hast mich einfach so wütend gemacht.` Eine Entschuldigung mit einem Aber darin ist keine. Natürlich macht eine Entschuldigung nicht alles wieder gut. Deswegen bemühe ich mich, es jedes Mal ein Stück besser zu machen. Immer öfter gelingt es mir, durchzuatmen und mich zu fragen, was mich gerade so wütend macht. Wirklich das Kind? Oder nur meine eigene Hilflosigkeit? Aber meinen Idealvorstellungen von mir als Mutter werde ich wohl niemals gerecht.“
Danke, liebe Tanja, für deine Offenheit! Wir können dich so gut verstehen. Das immer noch verbreitete Idealbild der stets gelassenen Mutter macht viel Druck, als hätten wir davon nicht eh schon genug. Deshalb kann (so gut wie) keine von uns andauernd die Ruhe bewahren.
Hier haben wir Tipps gesammelt, um das Wutmonster in den Griff zu kriegen. Logo: Nicht alles funktioniert für jede. Probier einfach aus, was dir hilft.
Tipps, um mit der Wut umzugehen:
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- Raus aus der Situation. Aber nicht einfach abhauen, sondern dem Kind kurz erklären, dass du gerade wütend bis und einmal kurz durchatmen musst.
- Frischluft atmen, zum Beispiel am geöffneten Fenster.
- Du wirst immer in den gleichen Situationen wütend? Vielleicht gibt es dafür einen Grund, der nichts mit deinem Kind zu tun hat. Sein Verhalten ist dann nur der Auslöser, der uns mit eigenen Problemen oder unverarbeiteten Erfahrungen konfrontiert. Wenn du deine „Trigger“ kennst, überfällt dich die Wut nicht so „hinterrücks“ und ist besser in den Griff zu bekommen.
- Überleg die vorher eine Wenn-Dann-Strategie. Zum Beispiel: „Wenn ich kurz davor bin, auszuflippen, setze ich erstmal Teewasser auf.“ Klingt doof, kann aber helfen, weil es erst einmal deine Aufmerksamkeit von deinem Kind ablenkt, und du so etwas Abstand gewinnst.
- Wenn wir sehr erschöpft sind, fällt es uns schwerer, ruhig zu bleiben. Vielleicht kannst du an miesen Tagen typische Zoff-Situationen (Supermarktkasse, Hektik, etc.) meiden.
- Verurteile dich nicht, falls du doch mal laut geworden bis, das erzeugt nur neuen Stress. Es ist menschlich, sich nicht immer im Griff zu haben. Aber entschuldige dich bei deinem Kind.
- Wut ist normal, Eskalation gefährlich. Falls du fürchtest, dass du vielleicht sogar handgreiflich werden könntest (oder es bereits zu einem Ausrutscher gekommen ist), suche dir unbedingt Hilfe bei einer Familienberatungsstelle. Das gilt auch, wenn du sehr oft die Kontrolle verlierst, zum Beispiel weil du dich total überfordert fühlst.
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