Manche Dinge kannst du dir gar nicht vorstellen, bevor du Kinder hast. Ich habe zum Beispiel noch nie darüber nachgedacht, was passiert, wenn dein Kind Wasser aus dem Badesee oder dem Meer trinkt – bis mir eine Kollegin davon erzählte, dass ihr kleiner Sohn genau das getan hat.
Ist das jetzt schlimm?
Ihr Vierjähriger und sein Freund haben gemeinsam im flachen Wasser eines Badesees gespielt. Zu spät bemerkten die Mütter, dass es leider auch zum Spiel gehörte, sich gegenseitig das Wasser aus ihren kleinen Sandeimern zum Trinken zu reichen. Einem der Jungs ging es dann wenig später gar nicht mehr gut, ihm wurde schlecht und er musste sich mehrfach übergeben.
Wir haben deswegen Dr. Aaron Pfisterer, Assistenzarzt in Weiterbildung und angehender Kinderarzt, gefragt, was Eltern beachten sollten, wenn ihre Kinder das Wasser aus dem Meer oder dem Badesee trinken. Er kann erst einmal alle Eltern beruhigen: „Normalerweise muss man sich keine Sorgen machen, wenn ein Kind See- oder Meerwasser schluckt.” Zur Sicherheit beobachtet euer Kind aber ganz, denn bei Symptomen solltet ihr es auf jeden Fall ärztlich vorstellen.
„Meerwasser enthält einen hohen Salzgehalt, der den Magen-Darm-Trakt reizen kann. Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen können auftreten. In schweren Fällen kann der hohe Salzgehalt zu einer Dehydratation führen”, erklärt Dr. Aaron Pfisterer. „Achtet auf Anzeichen wie trockene Lippen, Müdigkeit, Schwindel oder eine verminderte Urinausscheidung.”
Ein weiteres Problem: Krankheitserreger
Der Salzgehalt ist aber nicht das einzige Problem: „In See- und Meerwasser können Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder Parasiten vorkommen. Diese können Magen-Darm-Infektionen verursachen.” Auch hier gibt es Anzeichen, bei denen Eltern stutzen sollten: „Symptome wie Fieber, Bauchkrämpfe, Durchfall oder Erbrechen können Anzeichen einer Infektion sein. Insbesondere bei anhaltendem Durchfall oder wiederholtem Erbrechen sollte ein Arzt aufgesucht werden”, rät Dr. Aaron Pfisterer.
Mögliche Erreger, die dein Kind aufgenommen haben könnte:
- Bakterien: Escherichia coli (E. coli) und Salmonellen in Süßwasser, Vibrio spp. in Meerwasser.
- Viren: Noroviren und Adenoviren in verunreinigtem Wasser.
- Parasiten: Giardia lamblia und Cryptosporidium in Süßwasser.
Vorsicht, wenn Wasser in die Lunge geraten ist
Wenn das Kind nicht nur Wasser geschluckt, sondern auch Wasser in die Atemwege bekommen hat, kann dies zu einer Lungenentzündung führen. Symptome, auf die man achten sollte, sind Fieber, Husten, Atemnot und Brustschmerzen. Dass beim „normalen“ Toben und Planschen größere Mengen Wasser in die Lunge geraten, die zu Problemen führen, ist aber sehr unwahrscheinlich.
Schaut euch dazu auch gerne noch mal unser Reel mit Dr. Aaron Pfisterer an, in dem er den Mythos des „sekundären Ertrinkens” beleuchtet.
Wieder etwas gelernt, oder? Dem Kind meiner Kollegin und seinem kleinen Spielkameraden geht es übrigens gut. Der Aperitif aus dem Badesee hatte zum Glück keine schlimmeren Folgen für die zwei.
Vielen Dank an unseren Experten Dr. Aaron Pfisterer!
Der Assistenzarzt und Kinderarzt in Weiterbildung teilt hilfreiches Wissen für Eltern auch über seinen Instagram-Account @deinkinderdoc. Hier findest du außerdem seinen Erste-Hilfe-Guide.