„Mein liebes Kind, warum ich so stolz bin, deine Mama zu sein.“

Hey Große!

Du tolles, selbstbewusstes, schlaues Mädchen! Das Mädchen, das ich mit Riesen-Stolz meine Tochter nennen darf. Weißt du noch, wie sich vor eineinhalb Jahren unser Leben auf den Kopf stellte? 

In einer Sommernacht 2016 kam dein Bruder zur Welt und machte dich ganz plötzlich zu einer großen Schwester. Seiner großen Schwester. Du hattest dir diesen Titel schon ewig gewünscht. Und es tat mir so leid, ihn lange nicht erfüllen zu können.

Gleichzeitig dachte ich, dass du doch gar nicht wissen kannst, wie es ist, eine große Schwester zu sein. Dass es auch unglaublich anstrengend sein kann, dass ich nicht mehr nur für dich da bin, sondern mich auch noch um ein anderes Kind kümmere. Dass ich immer so müde bin. Während der Schwangerschaft redete ich mit dir darüber. Und du? Hast mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Dann helf ich dir eben, Mama.“ 

Meine Große war von Anfang an neugierig auf den Kleinen. Foto: privat

Das fand ich süß. Und ich sah ein, dass du deine Erfahrungen machen wirst. So oder so. Du warst eine sehr engagierte Puppen-Mama, konntest alle deine „Kinder“ perfekt wickeln, mit (echtem) Joghurt füttern und warst sehr fürsorglich (wenn sie schliefen, mussten Papa und ich immer leise sein). Ich überlegte, wie ich dich wohl in die Baby-Pflege einbinden konnte, wenn es so weit war.

Und dann war es so weit. Er war da. Du hattest eine sehr kurze Nacht bei deiner Freundin hinter dir (eigentlich bei deren Mutter im Bett, weil du nicht schlafen konntest). Aber als Papa mit dir in die Klinik kam, hattest du das schon wieder vergessen. Völlig verzaubert standst du an seinem Bettchen, berührtest ihn ganz vorsichtig und strahltest die ganze Zeit. Aber als er schrie, da ging es dir schlecht. Es überforderte dich total, und du hast schlimm geweint. Erst nach zwei oder drei Tagen hattest du dich an das Organ deines Bruders gewöhnt (und es war wirklich gewöhnungsbedürftig).

Dem kleinen Bruder beim Schlafen zuzusehen ist toll. Foto: privat

Im Lauf der kommenden 19 Monate hast du viel durchgemacht. Der kleine Mann war nicht immer einfach und forderte sehr viel Mama-Zeit. Und manchmal warst du auch echt sauer und eifersüchtig. Zu Recht. Wie schwer muss es sein, die Mama plötzlich zu teilen. Schlimmer noch: Sie zu sehen, aber nicht mehr das mit ihr machen zu können, was früher so schön war? Ständig stillte ich oder schleppte den Kleinen im Tragetuch herum.

Trotzdem liebst du ihn so sehr. Immer wieder war ich überrascht, wie viel Liebe so ein kleiner Mensch wie du schon empfinden und zeigen kann. Du hattest dir ganz schnell abgeguckt, was ich machte, wenn er weinte. Und ranntest schon beim ersten Quaken des Babys zum Bettchen, nahmst seine Hand und machtest „Schschsch…“. Mit Erfolg. Du warst wirklich eine Hilfe.

Und bist es bis heute. Du konntest ihn füttern, sein Gesicht abputzen, ihm im Auto den Schnuller geben und Händchen halten, ihm auf dem Spielplatz zehn Mal den Sonnenhut aufsetzen, den er absolut nicht tragen wollte und und und. Um das alles hab ich dich selten gebeten. Du hast es mir abgeguckt und, im Fall des Fütterns, so lange gefragt, bis ich es erlaubte. Und ihr habt es beide super gefunden.

Als er laufen lernte, bist du ihm nicht von der Seite gewichen. Als er dann endlich seine ersten Schritte alleine machte, bist du ausgeflippt vor Freude. Stolz hast du es allen erzählt. Auch der Verkäuferin im Supermarkt. Jetzt läuft er mit dir Hand in Hand durch die Fußgängerzone.

Du bist nicht nur die große Schwester, sondern auch sein Schutzengel. Foto: privat

Du guckst mit ihm im Fahrradanhänger Bücher an, zerteilst dein Brot für ihn in winzige Stücke (weil er das dann besser essen kann, wie du sagst). Du rennst vom Garten ins Haus und wieder zurück, weil er Durst hat und du ihm Wasser holen willst. Du bist zur Furie geworden, als ein großer Junge deinen kleinen Bruder auf dem Spielplatz geschubst hat. Du baust Duplohäuser nur für ihn, „zum Kaputtmachen“. Du gibst wirklich alles für ihn. Denn du bist seine große Schwester und du liebst ihn.

Nun ist er so alt, dass er dir seine Liebe zeigen kann. Er streichelt deinen Rücken, wenn wir morgens im Bett kuscheln. Mit sorgenvollem Gesicht sagt er „Aua“ und zeigt auf dein aufgeschürftes Knie. Er versucht, dich zu füttern. Und er nimmt deine Hand, wenn du traurig bist.

Du bist eben die beste große Schwester, die man haben kann.

Ich liebe dich und bin so stolz, deine Mutter zu sein.“

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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