„Meine Schwester stand an 1. Stelle, anders ging es nicht.”

„Hallo Mamas, ich bin Tanja, 21 Jahre alt und selbst noch keine Mama. Ich bin mit einer Zwillingsschwester aufgewachsen, die das Down-Syndrom hat.

Ich liebe meine Schwester sehr und ich bin froh, dass es sie gibt. Trotzdem verbinde ich nicht nur positive Gefühle mit unserer Kindheit. Weil meine Schwester mehr Unterstützung brauchte als ich, musste ich mich meistens an ihr Tempo anpassen. Vieles habe ich mir selbst beigebracht, während meine Mama sich um sie gekümmert hat.

Egal bei welcher Entscheidung, die Bedürfnisse meiner Schwester standen an erster Stelle.

Zum Beispiel bei der Suche nach einem Kindergarten für uns oder der Entscheidung, wohin wir in den Urlaub verreisen. Das ist okay für mich, es ging eben oft nicht anders. Trotzdem glaube ich, dass es seine Spuren hinterlassen hat, dass ich mich immer anpassen oder eben damit arrangieren musste, was für meine Schwester das Beste war.

Auch ich habe meine Schwester seit ich denken kann unterstützt. Die meisten Dinge habe ich schneller gelernt als sie und mir schon sehr früh angewöhnt, es dann mit ihr zu üben oder es für sie zu übernehmen. Schon mit fünf Jahren band ich ihre Schnürsenkel zu und half ihr beim Anziehen. Das habe ich gerne gemacht, aber manchmal glaube ich, dass ich so auch zu früh zu viel Verantwortung tragen musste.

Meine Eltern sagten früher immer zu mir: ‚Tanja, du bist unsere Selbstläuferin, um dich müssen wir uns keine Sorgen machen.‘

Sie haben das als Kompliment gemeint und früher war ich in solchen Momenten stolz. Rückblickend denke ich, dass sie es sich vielleicht manchmal etwas zu leicht gemacht haben. Ich hatte ja eigentlich keine andere Wahl, als gut alleine klarzukommen. Dabei hätte ich mich auch über etwas mehr exklusive Zeit mit Mama oder Papa gefreut. Wenn ich bei Freundinnen zuhause war, war ich immer ganz erstaunt, dass sie so viel ‚bemuttert‘ werden, das hatte ich nie.

Ich musste sehr früh lernen, selbstständig zu sein. Auch in der Schule hörte ich oft, dass ich sehr reif und erwachsen für mein Alter bin. Das hat natürlich auch seine positiven Seiten. Ich studiere gerade Grundschullehramt und ich glaube, das liegt auch daran, dass ich mich von kleinauf gerne um andere gekümmert habe. Außerdem habe ich nicht nur gegeben, sondern auch viel bekommen – wenn auch leider nicht immer von meinen Eltern, dann aber dafür umso mehr von meiner Schwester.

Ein Leben ohne sie ist für mich unvorstellbar.

Sie hat so viel Lebensfreude in sich, die sie freigiebig mit den Menschen in ihrer Umgebung teilt. Wir haben ein sehr enges Verhältnis, dafür bin ich dankbar. Trotzdem möchte ich heute darüber sprechen, dass es nicht immer leicht ist, die Schwester von dem Kind mit besonderen Bedürfnissen zu sein. Es gehört dann einfach dazu, dass man mehr zurückstecken muss.

Oft habe ich gedacht: ‚Meine Eltern haben schon so viel zu tun, ich kann sie nicht auch noch belasten.‘

Mitleid möchte ich deswegen nicht. Wie gesagt, ich sehe auch viele bereichernde und positive Aspekte darin, so aufgewachsen zu sein, wie ich es bin. Aber es liegt mir am Herzen, aus meiner Perspektive zu berichten.”


Liebe Marie, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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