Soll ich das Kind bekommen oder nicht? Eine Abtreibung ist für keine Frau eine leichte Entscheidung, aber man muss sie treffen.
Unsere echte Mama Jasmin aus der Steiermark in Österreich (Name von uns geändert) war noch ein Teenager, hatte gerade ihr Studium begonnen und fieberte allem Neuen, das dieser Lebensabschnitt mit sich bringen sollte, begeistert entgegen. Dann wurde sie ungeplant schwanger. Wie sich das anfühlte und wie es weiterging mit ihrem Leben, das erzählt uns die 26-Jährige hier:
„Ich war 19 Jahre alt und war frisch verliebt. Mein neuer Freund war ein Studienkollege, den ich erst seit ein paar Monaten kannte.
Schon in meiner Vergangenheit hatte ich ein buntes Leben gehabt und Einiges erlebt. Mit 16 war ich ein halbes Jahr im Ausland und bin dort zur Schule gegangen, mit 18 und 19 hatte ich im Sommer jeweils sechs Monate in Kroatien als Animateurin verbracht.
Jetzt lag mein Studium vor mir, ich wollte weiter die Welt entdecken, habe mich auf mein Leben in den 20ern und auf den Berufsalltag sehr gefreut.
Mit der Pilleneinnahme war ich noch nie sehr konsequent gewesen. Als Teenager hatte ich andere Dinge im Kopf. Ich weiß, es war unverantwortlich, aber es war mir egal: „Wird schon nichts passieren!“ war meine Devise, obwohl meine beste Freundin mit 17 schwanger wurde.
Beim ersten Mal Sex mit meinem neuem Freund ist es dann tatsächlich passiert. Ich war schwanger.
Meine Gefühle? Zuerst Freude, dann Angst, dann pure Ahnungslosigkeit, was ich tun sollte. Das Kind bekommen oder mich für eine Abtreibung entscheiden?
Meine Eltern haben mich sehr selbstständig erzogen. Ich habe früh begonnen, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen und diese meinen Eltern dann nur noch mitzuteilen – ohne sie vorher darüber zu informieren, dass überhaupt eine Entscheidung gefordert ist.
In diesem Fall jedoch, da habe ich sofort meine Eltern um Rat gefragt. Ich wusste, ich würde ihre Unterstützung brauchen.
Ich war 19, stand endlich auf eigenen Beinen und tatsächlich waren meine Eltern froh, nun endlich wieder mehr Zeit für sich zu haben. Das haben sie mir auch deutlich gesagt, als ich ihnen von meiner Schwangerschaft erzählt habe – mit dem Zusatz, dass sie mich in allem unterstützen würden, ich mir aber bitte bewusst sein solle, dass es eigentlich nicht zu ihrem Plan gehöre, demnächst Großeltern zu werden.
Ich weiß noch, wie mein Papa sagte: ,Irgendwann, wenn du eine stabile Beziehung hast und fest im Leben stehst, werde ich mich unendlich freuen, Opa zu werden! Momentan kann ich das nicht so richtig.`
Klingt hart und egoistisch? Ja, auch ich habe ihn für diesen Satz verurteilt, mit meinen 19 Jahren, noch immer leicht pubertierend… Ich habe meinen Eltern vorgeworfen, dass sie mich in meiner Entscheidung manipulieren würden und egoistisch seien. Mehrmals betonte ich, dass es sowieso meine Entscheidung sei und dass sie mich nicht zu einer Abtreibung zwingen könnten. (Was sie im Übrigen natürlich auch niemals vorhatten).
Den berühmten Satz ,Wir wollen nur das Beste für dich und deine Zukunft!` konnte ich damals nicht mehr hören – und schon gar nicht verstehen. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, ich kann mich zwar für das Kind entscheiden, aber, auch wenn mich meine Eltern in allem unterstützen würden, wäre es irgendwie gegen ihren Willen.
Ich habe eine sehr gute Beziehung zu meinen Eltern, hatte eine traumhafte Kindheit und habe ihnen immer vertraut. Sie haben mir immer das Gefühl gegeben, dass sie richtige Entscheidungen treffen.
Ich habe mich letztendlich für die Abtreibung entschieden.
Ich weiß, dass ich tief im Inneren ebenfalls der Meinung war, dass eine Abtreibung die richtige Entscheidung ist. Zumal ich schon zu diesem Zeitpunkt wusste, dass mein Freund nicht der Mann fürs Leben sein würde. Ich wusste, dass es trotz all der Gespräche allein MEINE Entscheidung ist und ich zu jeder Zeit selbst bestimme.
Heute bin ich meinen Eltern tatsächlich unendlich dankbar, dass sie so ehrlich zu mir waren. Ich bin dankbar, dass sie mir den Weg bei dieser Entscheidung gezeigt haben. Sie haben mich nicht hingeführt und abgesetzt, nein, sie haben nur die Richtung vorgegeben. Den Weg gegangen bin ich selbst. Und ich habe es tatsächlich niemals bereut.
Ich bin heute 26 Jahre alt und schwanger mit meinem ersten Kind.
Mein Partner (den ich etwa zehn Monate nach dieser Geschichte kennengelernt habe) sind seit mehr als sechs Jahren zusammen und wir unendlich glücklich über die baldige Geburt unseres absoluten Wunschkindes. Natürlich weiß er von meiner ersten Schwangerschaft und der Abtreibung.
Übrigens habe ich habe mein Studium mit 20 Jahren aufgegeben und eine Ausbildung zur Reisebürokauffrau gemacht. Danach habe ich bei einem Reiseveranstalter gearbeitet dort das Produktmanagement für Fernreisen übernommen. So habe ich mein Hobby, das Reisen, zu meinem Job gemacht. Ich durfte die Malediven besuchen, Sri Lanka, Mexico, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, Mauritius, Karibik und viele Destinationen mehr. Ich durfte Erfahrungen machen, die mir niemand mehr nehmen kann.
Ich habe eine Abteilung geleitet und mein eigenes Team geführt. Hätte ich mich gegen eine Abtreibung und für ein Kind entschieden, hätte ich all das nicht erlebt. Hätte meinen jetzigen Partner nicht kennengelernt. Würde wohl nicht mein Leben genauso leben wie jetzt – und ich liebe es sehr.
Aktuell bin ich in Mutterschutz, psychisch sowie finanziell gut vorbereitet und jeden Tag voller Freude auf die Ankunft unserer kleinen Johanna – und meine Eltern auch.
Ich habe immer offen über meine Abtreibung gesprochen. Sobald das Thema aufkam, habe ich meine Geschichte erzählt. Ich habe meine Entscheidung niemals bereut und stehe dazu, denn auch dies ist eine Erfahrung, die mir niemand nehmen kann.“