Der plötzliche Kindstod ist eine der grausamsten Erfahrungen, die junge Eltern treffen kann. Die Babys versterben dabei meistens nachts im Schlaf – ohne erkennbare Ursache. Eine neue Studie hat sich mit möglichen Risikofaktoren auseinandergesetzt und dabei erstaunliche Erkenntnisse geliefert.
Plötzlicher Kindstod oder auch SIDS (englisch für „Sudden Infant Death Syndrome“), ist der unerwartete Tod von gesunden Kindern im ersten Lebensjahr. Laut der AOK stirbt eines von 2.000 Kindern durchschnittlich daran. Mit der Studie „Risk Factors for Suffocation and Unexplained Causes of Infant Deaths” (deutsch: Risikofaktoren für Erstickung und ungeklärte Ursachen von Säuglingstod), versuchen Wissenschaftler*innen zu erklären, warum und wie diese Todesfälle auftreten. Dafür zogen sie Daten aus den Jahren 2016 bis 2017 zu Rate. Die Ergebnisse wurden im Januar 2023 von der American Academy of Pediatrics veröffentlicht.
Die drei Risikofaktoren für den Plötzlichen Kindstod
Grundlage für die Studie bildete die bekannte „Triple-Risk-Hypothese”. Sie besagt, dass der Plötzliche Kindstod dann auftritt, wenn drei Risikofaktoren zusammenkommen.
- eine kritische Phase der kindlichen Entwicklung
- umweltbedingte oder externe Auslöser oder „Stressoren“ (z.B. Zigarettenrauch oder eine belastende Schlafposition des Kindes)
- Körperliche Anfälligkeit des Säuglings, wie z. B., dass die Fähigkeit der Atmung und des Blutkreislaufs unausgereift ist
Spannend sind die Ergebnisse der Studie vor allem deshalb, weil sie bereits bekannten Risikofaktoren eine neue Gewichtung geben. Diese Erkenntnisse sind wichtig für Eltern, um mögliches Gefahrenpotenzial für ihr Baby besser einschätzen zu können.
Bisher unterschätzt: Der größte Risikofaktor für den Plötzlichen Kindstod
Die größte Wahrscheinlichkeit sowohl für schlafbedingtes Ersticken als auch für Plötzlichen Kindstod hatten Säuglinge, die kein Zimmer mit ihrer Bezugsperson teilten. Diese Säuglinge erstickten 19-mal häufiger im Schlaf und verstarben fast 8-mal häufiger an ungeklärtem Kindstod.
Außerdem identifizierten die Wissenschaftlerinnen diese Risikofaktoren:
- nicht auf dem Rücken liegende Position
- das Baby ist Tabakrauch ausgesetzt
- Verwendung von weicher oder lockerer Bettwäsche
- Mehrlingsgeburten
- Frühgeburten
- Rauchen in der Schwangerschaft
- Das Kind teilt sich das Bett mit anderen Personen oder Haustieren (Dies muss aber kein Argument gegen das Familienbett sein, da in der Studie nicht unterschieden wurde, ob sich das Kind mit Eltern, Haustieren, Geschwistern oder dem Babysitter das Bett teilte. Außerdem wurde nicht differenziert, ob diese Personen alkoholisiert oder Raucher waren.)
Die Studie bestätigte außerdem eine Vermutung: Erstickungsfälle bei Säuglingen und der Plötzliche Kindstod haben ähnliche Risikofaktoren. Besonders hoch war das Risiko für Babys im Alter zwischen zwei und drei Monaten.
Schlafposition war nur selten Grund für den Plötzlichen Kindstod
Interessanterweise birgt die Schlafposition in der neuen Untersuchung nur ein geringes Risiko. Sie zeigte, dass sich ein Zusammenhang nicht ausschließen lässt, aber nur wenige Kinder aufgrund einer ungünstigen Schlafposition sterben. Dieser im Vergleich zu früheren Studien geringere Zusammenhang von Schlaf ohne Rückenlage und dem Plötzlichen Kindstod lässt sich wahrscheinlich auf ein erhöhtes Problembewusstsein der Eltern zurückführen.
Überraschend: Schutzwirkung des Stillens höher als bisher angenommen
Schon zuvor hatten Untersuchungen gezeigt, dass Kinder, die gestillt werden, deutlich seltener vom Plötzlichen Kindstod betroffen sind. „Nur zwei Monate lang zu stillen, reduziert das Risiko von SIDS um fast die Hälfte, und je länger Babys gestillt werden, desto größer ist der Schutz”, erklärte der Dr. Fern Hauck von der UVA School of Medicine und der UVA-Kinderklinik (Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte).
Doch in der neuen Studie ist die Schutzwirkung des Stillens noch höher ausgefallen. Kinder, die gestillt wurden, hatten mehr als ein um die Hälfte reduziertes Risiko (o,5), es lag sogar bei 0,2. Das Risiko war also fünffach geringer als das von Kindern, die nicht gestillt wurden.