Eigentlich möchte sich keine Mama mit diesem Thema beschäftigen: Sexueller Kindesmissbrauch ist eines der schlimmsten Verbrechen, die es gibt. Trotzdem machen uns Fälle wie der Missbrauchskomplex Wermelskirchen schmerzhaft bewusst, dass es leider doch immer wieder passiert – und oft viel zu spät bemerkt wird.
Viele Eltern fragen sich: Was kann ich tun, um mein Kind vor Missbrauch zu schützen?
Es ist schließlich keine Lösung, jeden Fremden unter Generalverdacht zu stellen. Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer erklärt in der Welt, worauf Bezugspersonen von Kindern achten können.
Schmidbauer ist überzeugt, dass Eltern und auch andere Bezugspersonen des Kindes (wie zum Beispiel Erzieher*innen) die Möglichkeit haben, die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass das Kind Opfer von sexuellem Missbrauch wird.
Die Beziehung des Kindes zu seinen Bezugspersonen spielt eine wichtige Rolle
Der Schlüssel liegt in der Beziehung des Kindes zu seinen Eltern: Diese sollte von Vertrauen geprägt sein. Ein Kind, das zuhause Liebe und Sicherheit erfährt, hat in der Regel ein besseres Selbstwertgefühl und ist weniger anfällig für die geschickten Methoden der Täter.
„Das in seinen Bedürfnissen nach Nähe und Zärtlichkeit unterversorgte Kind wird es schwerer haben, sich gegen Übergriffe zu wehren. (…) Täter sind vielfach „lieb“ zu Kindern. Sie wecken das kindliche Interesse, spielen aufmerksam – und wollen die Grenze nicht einhalten, die das Wohl des Kindes schützt und das egoistische Interesse an sexueller Befriedigung hemmt.”
Vernachlässigte Kinder werden schneller Opfer von sexuellem Missbrauch
Grausam: Die Kinder, die es sowieso schon schwer haben, weil sie aus einem problematischen Elternhaus kommen, werden schneller Opfer von sexuellem Missbrauch. „Das wichtigste Frühwarnsystem sind also Eltern und Erzieher, die sich ganz umfassend für das Erleben der ihnen anvertrauten Kinder interessieren und möglichst wenig Tabuzonen in Kontakt und Dialog schaffen”, erklärt der Psychoanalytiker.
Seine Kinder nicht zu kontrollieren, sondern ihnen mit Vertrauen und Empathie zu begegnen, sei die beste Methode, sie vor Tätern zu schützen. Doch Schmidbauer räumt ein, dass das nicht immer reicht, um einen entschlossenen Täter abzuhalten. Wenn Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch werden, dann heißt das im Umkehrschluss also nicht, dass es sich zwangsläufig um vernachlässigte Kinder handelt.
Das machen viele Eltern falsch, wenn sie Kinder vor Missbrauch schützen wollen
Manche Erwachsene würden Kinder bestrafen, wenn sie sich und ihren Körper entdecken. Aber ein Kind, das sich seines Körpers schämt, wird später nicht zu seinen Eltern gehen und Hilfe suchen, wenn dessen Grenzen verletzt wurden.
Aus Angst davor, dass ihr Kind ihnen etwas Wichtiges verheimlichen könnte, versuchen andere, ihre Kinder verzweifelt zum Reden zu bringen. Der Psychoanalytiker mahnt jedoch, dass ständiges Ausfragen oder kleine Bestechungen der falsche Weg seien, damit sich Kinder öffnen. Vielmehr sollten Mütter und Väter dem Kind unabhängig von einem Verdacht oder der Sorge vor einem Übergriff vermitteln, dass es mit ihnen immer über alles reden kann.
Der schlimmste und häufigste Fehler: Das „Nichtsehenwollen”.
Viele Kinder versuchen durchaus, sich mitzuteilen. Umso schlimmer, wenn niemand in ihrem Umfeld darauf eingeht – oder ihnen Glauben schenkt. Das bestätigt auch Schmidbauer: „Die Opfer wollten sprechen, aber niemand hörte zu. Sie mussten entdecken, dass den Eltern mehr daran lag, keinen Ärger zu bekommen, niemanden zu Unrecht zu verdächtigen, als ihr Kind zu schützen und jedem Verdacht nachzugehen”, erklärt der Psychoanalytiker.
Info: Wie reagiere ich, wenn ich vermute, dass ein Kind missbraucht wird
Bitte schau nicht weg, wenn du den Verdacht hast, dass ein Kind sexuell missbraucht wird. Am besten wendest du dich ans Jugendamt, das geht auch anonym. Falls es um eine Straftat geht, informiere bitte auch die Polizei.
Oder du wendest dich an:
Dunkelziffer. e.V.: 040 – 42 10 700 10
Hilfe für Kinder und Jugendliche, die Missbrauch erlebt haben gibt es auch hier:
Nummer gegen Kummer: Telefon: 116 111
Auf der Website gibt es die Möglichkeit, mit Beratern zu chatten.
Ansprechpartner für Menschen, die das Gefühl haben, pädophile Neigungen zu besitzen:
Kein Täter werden : Tel.: 030 – 450 529 450. Es gilt die ärztliche Schweigepflicht.