Es war der Ehemann, der sich bei Marei Theunert meldete, als in der Familie nichts mehr ging. Er und seine Frau hatten ein drei Monate altes Baby. Ein Wunschkind, eigentlich sollte alles beim besten sein. War es aber nicht. Denn die Mutter hatte eine Postpartale Depression entwickelt.
„Sie wirkte sehr antriebslos und verzweifelt“, erinnert sich Theunert, die als Familientherapeutin in der Nähe von Hamburg arbeitet. Die Frau war vom üblichen Babyblues, den mindestens jede vierte Mutter nach der Geburt erleidet, in die Postpartale Depression gerutscht. Sie weinte nicht mehr. Stattdessen umgab sie nur noch Traurigkeit und Gefühllosigkeit. „Sie konnte ihr Kind nicht so lieben, wie sie es erwartet hatte. Das verursachte wiederum schwere Schuldgefühle und zog sie noch weiter nach unten“, erzählt Theunert von ihren ersten Begegnungen.
Während die typischen Heultage oder auch Babyblues genannten Stimmungsveränderungen nach der Geburt spätestens 14 Tagen später vorbei sind, bleibt die Depression. Oder sie tritt erst Monate später überhaupt auf. Bis zum zweiten Geburtstag des Kindes sprechen Ärzte von postpartaler Depression. Zehn bis 20 Prozent aller Mütter leiden, wie bei der gewöhnlichen Depression, unter anderem unter Energiemangel, Teilnahmslosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Der Körper reagiert ebenfalls mit Kopfschmerzen, Taubheitsgefühlen oder auch Panikattacken. Mütter können zudem häufig keine normale Bindung zu ihrem Baby aufbauen. „Im schlimmsten Fall kommt es zu Aggressionen gegenüber dem Kind oder die Frauen sehen in ihrem Leben keinen Sinn mehr“, so Theunert.
„Wenn Gedanken an Selbstmord dazu kommen, muss ich sofort handeln“, sagt die Familientherapeutin. Unter Umständen muss eine Mutter dann in die Klinik. „In weniger schweren Fällen beginne ich meistens damit, den Müttern die Krankheit erst einmal zu erklären. Ihnen klar zu machen, dass sie nicht schuld sind, an ihrem Zustand und ihren negativen Gefühlen“, so Theunert. Bei jedem ihrer Besuche schaut sie, was für die Frau an diesem Tag gerade wichtig ist, was sie braucht, welche konkreten Maßnahmen ihr zu diesem Zeitpunkt helfen.
Sie arbeitet aber auch ganz praktisch mit den Müttern: „Ich unterstütze die Familie dabei, ein Helfernetzwerk aufzubauen und zeige ihnen, wie man besser mit dem Stress klar kommt.“ Vieles wusste die Mutter schon, denn sie hatte auch in der Zeit vor der Familiengründung schon depressive Phasen und war in therapeutischer Behandlung. „Das Risiko einer Erkrankung ist bei solchen Frauen größer. Oftmals kann das Erlebnis der Geburt dann eine weitere depressive Episode hervorrufen“, erklärt Theunert.
Auch trifft es häufiger Mütter, die eine schwere oder sogar traumatische Geburt hatten, nach Frühgeburten oder unverarbeiteten traumatischen Erlebnissen in der Vergangenheit. Die Erkenntnis, dass das Leben mit Baby teilweise sehr anstrengend sein kann, nicht alles so läuft, wie vor der Geburt erträumt oder eine Frau sehr hohe Ansprüche an sich hat, können ebenfalls eine Wochenbettdepression auslösen.
Theunert betreute vor einiger Zeit eine Familie mit einem herzkranken Baby. Viele Operationen, Klinik-Aufenthalte und Sorgen hatten der Paarbeziehung geschadet. Bei ihren Treffen mit der Familie zeigte sich, dass die Frau unter einer Wochenbettdepression litt. Also kümmerte sich Theunert in Einzelsitzungen auch um sie und ihre Erkrankung. „Das war ein besonderer Fall. Wichtig ist, dass ich immer immer die ganze Familie im Auge behalte.“ Denn manchmal sieht Theunert auch Väter, die am Ende ihrer Kräfte sind. Und tatsächlich trifft die Postartale Depression auch etwa vier Prozent aller Väter.
Marei Theunert bietet Einzel-, Paar und Familientherapie an. Sie ist Diplom-Pädagogin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Sie ist Mutter eines kleinen Sohnes. Unter www.elbfamilienglueck.de ist sie erreichbar.