Kinder, die an Corona erkrankt sind, haben meist milde Krankheitsverläufe. Ein Glück! Dennoch kann die Pandemie 1,2 Millionen Kindern weltweit das Leben kosten, ohne dass sie das Virus überhaupt gehabt haben müssen, so nach der Rechnung von Forschern. Durch die entstandenen Umstände sind Kinder vielen großen Nöten ausgesetzt und ihre medizinische Versorgung ist beeinträchtigt.
Kleinere Portionen und ausfallende Mahlzeiten – Kinder bekommen weniger zu essen
In Deutschland haben viele Angst um ihren Job oder sie sind bereits in Kurzarbeit. Die Ungewissheit darüber, wie lange dieser Zustand noch anhält, macht den meisten zu schaffen. Reicht das angesparte Geld?
In den USA wird das Ausmaß dieser Probleme aktuell aber noch deutlicher. Durch die Corona-Krise haben dort bereits mindestens 30 Millionen Menschen ihren Job verloren. In Deutschland würde das bedeuten, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung keinen Job mehr hätte. Eine Studie zeigt, dass dadurch fast jedes fünfte Kind in den USA nichts oder zu wenig zu essen bekommt. Mütter mit Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren gaben bei einer Untersuchung der Brookings Institution an, dass sie aufgrund von Geldmangel ihren Nachwuchs nicht ausreichend ernähren könnten. Die Lage sei schlimmer als 2008, zu Zeiten der Finanzkrise.
Viele Familien kochen kleinere Portionen oder es werden Mahlzeiten ausgelassen. Auch der Ausfall von Schulessen während der Schließungen könnte dazu beitragen, dass Kinder nicht genug zu essen bekämen.
Massive Gewalt an Kindern: Ärzte sehen schlimme Verletzungen
Es gibt Studien, die belegen, dass es in gesellschaftlichen Krisensituationen vermehrt zur Gewalt gegen die Kleinsten und Schwächsten kommt. Kein Wunder also, dass die Zahl der Anrufe bei der Kinderschutzhotline, die vom Bundesfamilienministerium ins Leben gerufen wurde, steigt. Dort können sich Menschen, die in medizinischen Berufen arbeiten, melden und sich bei Verdachtsfällen beraten lassen.
Der Kinderärztepräsident Thomas Fischbach warnt gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vor einem rein virologischen Blick. Zwar werden weniger Fälle gemeldet, jedoch dürfe man nicht vergessen, dass die meisten in der Regel von den Kindergärten oder Schulen gemeldet würden, diese aber ja derzeit geschlossen sind. Sorge habe man vor dem Tag, an dem die Zahlen explodieren könnten, nämlich wenn Schulen und Kindergärten wieder öffnen.
Weltweite Zunahme von Gewalt an Kindern
Doch nicht nur in Deutschland ist die Lage kritisch. Laut einem Bericht der Hilfsorganisation World Vision hat auch weltweit die Gewalt an Kindern zugenommen. Während der Pandemie wurden beispielsweise in Bangladesch Kinder von ihren Erziehungsberechtigten 42 Prozent häufiger geschlagen. World Vision rechnet von einem weltweiten Anstieg um mindestens 20 Prozent. Dana Buzducea, Advocacy-Direktorin von World Vision International, kennt einen Grund dafür. „Das Zuhause ist nicht für alle Kinder ein sicherer Ort und durch Kontaktsperren sind viele Familienmitglieder mit gewalttätigen Menschen isoliert.“
Forscher berechnen: Im schlimmsten Fall könnten 1,2 Millionen Kinder sterben
Forscher berechneten drei unterschiedliche Szenarien:
- eine Verschlechterung des Gesundheitssystems
- größere Beeinträchtigungen im Gesundheitssystem wie Knappheit an Arbeitskräften
- Zunahme von Mangelernährung und Rückgang der gesundheitlichen Abdeckung
Letzteres wäre der schlimmste Fall und würde knapp 1,2 Millionen Kindern innerhalb sechs Monaten das Leben kosten.
„Unsere Schätzungen basieren auf vorsichtigen Vermutungen und repräsentieren ein weites Spektrum möglicher Ausgänge“, so die Forscher. Sie hoffen, dass ihre Berechnungen bei künftigen Beschlüssen mit in Betracht gezogen werden, um so die notwendigen Ressourcen richtig zu verteilen.
Für Länder mit schwachen Gesundheitssystemen ist die Corona-Pandemie umso gefährlicher. Sie schwäche diese noch mehr, so dass allein in Südasien im kommen halben Jahr täglich zusätzlich 2.400 Kinder sterben könnten, befürchtet Unicef. „Wir befürchten, dass die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften Lebensjahr sterben, erstmals seit Jahrzehnten wieder steigen wird“, erklärte Unicef-Südasien-Regionaldirektorin Jean Gough in einer in Nepal veröffentlichen Erklärung.
Nicht nur das Virus macht zu schaffen, sondern viel schlimmer sind die aus der Pandemie resultierenden Folgen, denen Kinder auf der ganzen Welt ausgesetzt sind.