Lesen macht schlau, haben wir alle von klein auf gelernt. Doch in Zeiten des allwissenden Google und jeder Menge kurzweiliger Unterhaltung im Internet, lesen wir immer seltener ein ganzes Buch. Klar, die Zeit spielt natürlich auch eine Rolle, denn davon haben wir als Mamas ohnehin nie genug.
Doch mal ehrlich, ab und zu könnten wir wirklich mal eine Stunde abendliches Netflix gegen ein paar Buchseiten eintauschen. Das nützt am Ende nicht nur uns selbst, denn wer möchte, dass auch seine Kinder fleißige Leser werden, muss selbst (wieder) zum Leser werden.
Das sagen zumindest die beiden New York Times Redakteurinnen Pamela Paul und Maria Russo. In ihrem Artikel „How to raise a reader“ (deutsch „Wie man einen Leser heranzieht“) erläutern sie, warum das (Vor-) Lesen so wichtig ist und wie es am besten klappt.
Paul und Russo empfehlen, schon im Säuglingsalter mit dem Vorlesen zu beginnen. Dabei ist es egal, was man liest, denn es kommt vor allem auf die Stimme, die Harmonie des Textes und die Wörter selbst an. Dein Baby wird es also nicht stören, wenn du ihm eine Kochanleitung oder einen Groschenroman vorträgst.
Wer jetzt denkt: „Fein, wenn der Inhalt egal ist, dann mache ich ihm einfach ein Hörbuch oder den Fernseher an“, liegt jedoch falsch. Laut der beiden Journalistinnen muss die Sprache live, in Person und an das Kind gerichtet vorgetragen werden. Nur so hat das Vorlesen eine positive Wirkung auf die Sprachentwicklung und die spätere Lesefähigkeit des Kindes – und das ist sogar wissenschaftlich erwiesen.
Je lebendiger und leidenschaftlicher du vorliest, desto wirkungsvoller wird es. Am besten beziehst du dein Kind auch ein, indem du Blickkontakt herstellst. Auch, wenn es dich nur verträumt oder scheinbar teilnahmslos anschaut, es nimmt alles wahr und saugt deine Stimme und Mimik auf wie ein Schwamm.
Wenn dein Baby mit Lauten reagiert, dann „antworte“ ihm. Auch ein Glucksen, Quietschen oder Brabbeln ist Kommunikation und will gehört und erwidert werden. Dieser positive „Dialog“ wird dein Baby ermutigen und motivieren und gleichzeitig das Lesen als intensive gemeinsame Zeit mit Mama abspeichern lassen.
Im Idealfall begleitet euch das Lesen auf diese Weise durch das gesamte Baby- und Kleinkindalter. Dein Kind wird dabei so viel aufnehmen: Worte, die Struktur der Sprache, Zahlen und das mathematische Grundkonzept, Farben, Formen, Gegensätze, Tiere und jede Menge weitere Informationen darüber, wie unsere Welt geschaffen ist.
Die körperliche Nähe beim Lesen und der vertraute Klang deiner Stimme werden zusätzliche positive Erfahrungen sein, die es stets mit dem Lesen verbinden wird. Beste Voraussetzungen also, dass es selbst später gern lesen wird.
Dieses Wissen ergänzen die beiden Journalistinnen mit einigen weiteren Tipps, wie das Lesen dir und deinem Kind Spaß macht. Wir haben sie hier für euch zusammengestellt:
Tagsüber vorlesen: Nicht nur die Gute-Nacht-Geschichte ist ein beliebtes Ritual. Auch tagsüber genießen Kinder eine kleine Auszeit, um zum Beispiel nach dem Kindergarten oder dem Besuch auf dem Spielplatz ein wenig zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Bietet euren Kleinen also auch tagsüber eine Geschichte in kuschliger Atmosphäre an.
Lass Dein Kind auswählen: Auch wenn dein Kind am liebsten nur Bücher über Feen oder Feuerwehrmänner lesen will – akzeptiere seine Wahl und unterstütze dein Kind dabei, seinen eigenen Lesegeschmack zu entwickeln.
Dein Kind als Regisseur: Die Vorlesezeit soll dir UND deinem Kind Spaß machen. Wenn dein Kind also zum Beispiel deine Stimme der bösen Hexe oder des tapferen Schneiderleins nicht mag, dann nimm darauf Rücksicht und versuche eine andere Version.
Über den Tellerrand schauen: Habe keine Angst, auch mal Kinderbücher mit Sachthemen anzubieten, die dein Kind noch nicht kennt. Kindern fällt es leicht, sich auf völlig neue Dinge einzulassen, denn sie sind von Natur aus wissbegierig. Außerdem wird dein Kind schon die richtigen Fragen stellen, falls es mal etwas nicht versteht.
Zwischenrufe erlaubt: Wenn dein Kind während des Vorlesens etwas in der Geschichte kommentiert oder Fragen stellt, dann gehe darauf ein. Es zeigt damit sein Interesse und will möglicherweise die Zusammenhänge besser verstehen. Mache das Lesen also zum Dialog und verstärke dadurch den positiven Lerneffekt.
Und nun wünschen wir euch ganz viel Spaß beim Vorlesen!