Tod nach Hirntumor: „Emma ist jetzt mein Engel“

Ihr Lieben, vor ein paar Monaten haben wir euch von der kleinen Emma erzählt, die an einem unheilbaren Hirntumor erkrankt war. Mittlerweile ist Emma gestorben. Hier erzählt ihre Mama Marion, wie die letzten Stunden für sie waren. “Ich möchte euch vom Tod meiner Tochter Emma erzählen, von unseren letzten gemeinsamen Stunden, die so ganz anders waren, als ich es erwartet hatte.

Vor Emmas Tod hatte ich große Angst. Ich hatte von vielen Kindern gehört, die sehr leiden. Sie haben Atemnot, können einfach nicht loslassen. Die letzten Stunden sind dann furchtbar, für alle Beteiligten.

Bei uns war es ganz anders. Am Tag vor Emmas Tod hatte ich Besuch von einer lieben Freundin, die ebenfalls ein Kind durch DIPG verloren hat. Wir saßen zusammen, neben Emma, haben uns gegenseitig Mut gemacht. Und meine Emma spürte genau: Meine Mama ist nicht allein. Ihr geht es gut.

Vielleicht war es für sie wie ein Zeichen: Jetzt kann ich loslassen, kann gehen. Die restlichen Stunden des Tages haben wir verbracht wie immer. Ich saß bei Emma und spielte mit ihren Puppen, zog sie an, machte ihre Haare schön. All das, was wir früher gemeinsam gemacht haben. Ob sie etwas davon mitbekommen hat? Das weiß ich nicht genau. Aber ich hoffe es.

Eigentlich war alles wie immer. Aber mir fiel auf, dass Emmas Hände sehr kalt waren. Das erste Zeichen, dass es jetzt dem Ende entgegen geht – oder auch einem neuen Anfang.

Abends war Emmas Sauerstoffsättigung im Blut schlecht. Ich schrieb einer befreundeten Krankenschwester, die mir einige Ratschläge gab. Dann schlief ich neben Emma ein.

Nachts wurde ich wach, denn Emma atmete anders als sonst. Irgendwie tiefer und unregelmäßiger. Mein Mann gab ihr Morphin gegen die Schmerzen und ein Beruhigungsmittel, ich legte mich zu ihr ins Bett. Dann nahm ich ihre Hand und begann zu erzählen.

“Du bist so tapfer, meine Maus”, sagte ich. “Du hast so sehr gekämpft. Und wir hatten eine tolle Zeit miteinander.” Dann habe ich mich entschuldigt bei Emma, für die Fehler, die ich gemacht habe. Ich habe mein allerbestes gegeben, aber in den letzten Wochen konnte sie mir nicht mehr sagen, was ihr gefällt und was nicht. Und vor allem habe ich ihr gesagt, dass ich dankbar bin. Dankbar für die gemeinsame Zeit. Und dafür, dass ich ihre Mama sein durfte und dass sie meine Tochter ist. Denn das wird sie immer bleiben. Ich hatte den Text des Liedes “Ein Elefant für dich” von „Wir sind Helden“ im Kopf. In dem Lied heißt es:

Ich trag dich so weit wie ich kann
Und am Ende des Wegs,
wenn ich muss
Trage ich dich
Trag ich dich über den Fluss

Uns hat dieses Lied begleitet. Und es gab mir auch jetzt Kraft. Emma machte immer längere Atempausen, lag aber friedlich und ruhig da, während ich ihre Hand hielt und mit ihr redete. Emmas Atemzüge wurden mit der Zeit immer seltener, bis sie schließlich ganz ausblieben. Ich schaute sie an, meine Emma, und ich wusste: Jetzt ist sie in den Himmel gereist.

Ich holte meinen Mann, wir verabschiedeten uns in Ruhe. Dann legte ich mich wieder zu Emma ins Bett und schlief noch einmal ein. Emmas letzte Stunden sind mir in friedvoller Erinnerung geblieben. Es ist fast so, als ob sie mir meinen großen Wunsch erfüllt hätte. Ich wollte bei ihr sein, wenn sie geht. Und ich wollte, dass sie friedlich geht und nicht leidet. Genauso ist es gewesen.

Nun schaut meine Emma aus dem Himmel auf mich, meinen Mann und ihre zwei Brüder herab. Uns verbindet ein unsichtbares Band der Liebe. Und ich weiß, dass wir uns irgendwann wiedersehen werden. Ich bin dankbar dafür, mit Emma diesen Weg gegangen zu sein, durch ihre Krankheit. Ich habe gelernt, bin gewachsen. Und Emma mit mir.

Marions Tochter Emma leidet an einem Hirntumor

Foto: Privat

Das körperliche Vermissen ist sehr stark. Ich kann Emma nicht mehr fühlen, sie nicht mehr in den Arm nehmen. Das fehlt mir sehr. Manchmal sitze ich nun in ihrem Zimmer, spreche mit ihrem Lieblingskuscheltier und ihrer geliebten Baby Born Puppe „Lotta“. Aber das ist nicht dasselbe.

Aber ich glaube fest daran, dass Emma bei mir ist. Und dass sie mich hört, wenn ich mit ihr spreche. Emma ist mein Engel, der immer auf mich herab schaut und sagt: Mama, ich liebe dich.”

Foto: Privat

Die kleine Emma

Foto: Privat

Sarah Wiedenhoeft

Hamburger Deern, Journalistin, Mutter eines Sohnes. Immer auf der Suche nach besonderen Menschen und dankbar, ihre Geschichten zu erzählen.

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