Toxischer Ex-Partner – So kannst du dich und dein Kind schützen

Toxische Ex-Partner können das Leben von alleinerziehenden Mamas zu einem echten Albtraum machen. Sie nutzen emotionale Manipulation und rechtliche Kniffe, und belasten den Alltag, indem sie ständig Konflikte schüren, die finanzielle Stabilität untergraben und das Wohlbefinden der Kinder gefährden.

Wir haben dem Juristen Dr. Otto N. Bretzinger und Silke Wildner vom Blog „Gut Alleinerziehend“ deshalb die fünf häufigsten Fragen gestellt, die immer wieder in unserer Community zum Umgang mit toxischen Ex-Partnern fallen. Hier kommen die Antworten der Experten:

Ich will den Kontakt auf ein absolutes Minimum beschränken, was sind meine rechtlichen Möglichkeiten?

Dr. Otto N. Bretzinger: „Das Gewaltschutzgesetz ermöglicht in Fällen von Gewalt oder Bedrohungen die Anordnung von Betretungsverboten für Wohnungen, Annäherungsverbote und Kontaktaufnahmeverbote durch das Gericht. Leben getrennte Eheleute in der gleichen Wohnung, kann das Gericht die Wohnung auch nur einem Partner zuweisen.

Das Gewaltschutzgesetz findet nicht nur bei häuslicher Gewalt Anwendung, sondern auch bei getrennten oder geschiedenen Ehepartnern. Unzumutbare Belästigungen wie wiederholtes Nachstellen und Verfolgen unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln fallen ebenfalls darunter.

Dazu zählen eine Vielzahl von Verhaltensweisen, die erhebliche Belästigungen für das Opfer darstellen können, wie

  • wiederholte Überwachung und Beobachtung,
  • ständige Anwesenheit des Täters in der Nähe der Person,
  • ‚körperliche‘ Verfolgung, Annäherungsversuche
  • oder Telefonterror.

Auch digitales Stalking, etwa durch Telefon, E-Mail, WhatsApp oder SMS, wird erfasst.“

Wie kann ich ein Kontaktverbot erwirken? Und was umfasst es?

Dr. Otto N. Bretzinger: „Ein Kontaktverbot kann beim Familiengericht beantragt werden, wobei die Gewalt an Eides statt versichert werden muss. Eine Anzeige bei der Polizei und ärztliche Dokumentationen können dabei hilfreich sein. Das Gericht kann dann ohne Anhörung des Betroffenen und eine Verhandlung einen Beschluss erlassen und anordnen, dass der Täter

  • die Wohnung der verletzten Person nicht betreten darf,
  • sich in einem bestimmten Umkreis nicht aufhalten darf,
  • bestimmte Orte meiden muss,
  • keine Verbindung zur verletzten Person aufnehmen darf oder
  • kein Zusammentreffen herbeiführen darf.“

Wann wird „toxisches“ Verhalten strafrechtlich relevant?

Dr. Otto N. Bretzinger: „In jedem Fall ist ein widerrechtliches Verhalten des Täters strafbar, wenn er einem Kontaktverbot zuwiderhandelt. In diesem Fall kann er mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Auch ohne Zuwiderhandlungen gegen ein Kontaktverbot können strafrechtliche Konsequenzen drohen, etwa bei

  • Beleidigungen
  • Nachstellungen
  • Gewalt- oder Sexualdelikten.

Sind starke Emotionen im Spiel, werden scheinbar harmlose Vorgehensweisen im Hinblick auf ihre Strafbarkeit leicht unterschätzt.

Falsche Vorwürfe im Sorge- oder Umgangsverfahren gegen den anderen Elternteil können z.B. als falsche Verdächtigung oder Vortäuschen einer Straftat strafbar sein. Eigenmächtige Aufteilungen oder das heimliche Mitnehmen gemeinsamer Haushaltsgegenstände durch einen Ehegatten können als Diebstahl gelten.

Auch Verfügungen vom Konto des Ex-Partners nach der Trennung können den Tatbestand der Unterschlagung erfüllen, wenn eine Vollmacht besteht. Werden im Unterhaltsverfahren die Einkünfte nicht vollständig angegeben oder Änderungen nicht mitgeteilt, kann dies hingegen als (versuchter) Prozessbetrug bewertet werden.“

Wie kann ich mich finanziell absichern/vor einem toxischen Ex schützen?

Silke Wildner: „Oft ist der eigene Selbstwert das Problem, wenn man in eine toxische Beziehung gerät und die Finanzen nicht abgesichert hat. Das eigene Geld steht einem auch in einer Partnerschaft zu, selbst wenn man zugunsten der Kinderbetreuung weniger oder gar nicht erwerbstätig ist.

Der finanzielle Ausgleich dieser dann ungleich verteilten Care-Arbeit ist mit dem Familienunterhalt zumindest bei Eheleuten gesetzlich im § 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verankert. Wenn man sich also mehr um den Haushalt und die Kinder kümmert, hat das durchaus einen Wert, den man bemessen kann. Das wissen nur leider die wenigsten.

Und auch nach der Trennung steht einem oftmals mehr Geld zu, als man durch Hören-Sagen oder eine Internetrecherche weiß.

Aus Angst vor Konflikten oder Druck vom Ex gibt man oft zu früh nach, informiert sich nicht ausreichend und hat dann jahrelang das Nachsehen. Und das ist kein Pappenstiel: Existenzängste sind emotional höchster Stress, gehen stark an die eigene Substanz und sind der Nährboden für Krankheiten.

Alleinerziehende sollten sich daher unbedingt mit dem eigenen Selbstwert auseinandersetzen und diesen parallel aufbauen, damit sie lernen, ihre Rechte einzufordern und sich gut um ihre eigenen Finanzen zu kümmern. Ein starker Selbstwert ist der beste Schutz vor einer weiteren toxischen Beziehung!“

Wie kann ich mein Kind vor Manipulation schützen?

Silke Wildner: „Kinder eifern ihren Eltern nach und sehen sie als Vorbilder. Wenn also Eltern anfällig für Manipulation sind und ihre Meinung nicht vertreten, sind auch die Kinder anfällig für Manipulation.

Ich rate daher dazu, den eigenen Umgang mit Gefühlen zu reflektieren. Manipulation beginnt oft mit der Abwertung eigener Gefühle. Sätze wie „Hab dich nicht so“ oder „Du übertreibst“ sind Sätze die wir nicht nur einmal von unseren eigenen Eltern gehört haben und die zur Folge haben, dass wir unseren eigenen Gefühlen nicht vertrauen – und das, obwohl sie immer wahr sind.

Ich empfehle Eltern, ganz bewusst darauf zu achten, ob sie sich ihrem Kind gegenüber ähnlich verhalten.

Es gilt, ein anderes Verhalten einzuüben, damit das Kind seine eigene emotionale Intelligenz aufbauen und Resilienz entwickeln kann. Denn Gefühle sind Freunde, keine Feinde. Sie haben alle eine wichtige Aufgabe und wollen helfen. Was für Aufgaben das sind, erfährst du zum Beispiel über entsprechende Filme, Bücher oder Podcasts.”

Wo kann ich kostenlose Hilfe bekommen?

Silke Wildner: „Kostenlose Hilfe gibt es an ganz unterschiedlichen Stellen. Eine wichtige Anlaufstelle ist häufig das Jugendamt, denn hier hat man Anspruch auf kostenlose Beratung und Unterstützung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung sowie der Ausübung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechtes.

Auch den Unterhalt kann man hier kostenlos berechnen lassen, sofern beide Elternteile ihre finanzielle Situation offenlegen. Mit dem Antrag auf Ehescheidung wird das Jugendamt automatisch vom Familiengericht informiert, wenn minderjährige Kinder involviert sind und bietet Beratungstermine an. Es besteht aber keine Verpflichtung, diese in Anspruch zu nehmen.

Es gibt zudem viele freie Träger, Verbände und Vereine, die kostenlose Beratungen zu unterschiedlichen Themen anbieten.

Wer Angst vor einer rechtlichen Auseinandersetzung hat und selbst nur über geringe finanzielle Mittel verfügt, der kann unter Umständen auch durch die Beratungshilfe des Amtsgerichts anwaltliche Hilfe bekommen und im Falle eines Gerichtsverfahrens Prozesskostenhilfe beantragen.”

Übrigens: Viele Ex-Partner drohen nach einer Trennung mit vermeintlichen Pflichten der Mama ihnen gegenüber als Vater. Aber lass dich nicht verunsichern! Oder wie unser Rechtsexperte kurz und knapp zusammenfasst: „Als ‚Mama‘ bestehen Pflichten gegenüber dem Kind und nicht gegenüber dem Vater des Kindes.“

Noch mehr wertvolle Tipps und leicht verständliches, juristisches Fachwissen für Alleinerziehende findest du übrigens auch im Ratgeber der beiden Experten:

Alleinerziehend auf der sicheren Seite: Der einzige Rechts- und Finanzratgeber, den du für euch brauchst
In diesem umfassenden Ratgeber wird das geballte Wissen und die Erfahrung zweier Experten verknüpft: Dr. Otto N. Bretzinger liefert als Jurist und Fachbuchautor juristisch fundierte Ratschläge und Bloggerin und Alleinerziehende Silke Wildner weiß, worauf es im realen Alltag von Alleinerziehenden wirklich praktisch ankommt.

Musstest du auch die Erfahrung mit einer schwierigen Trennung mit Kind oder sogar mit einem toxischem Ex-Partner machen?

Ich freue mich, in einem Kommentar zu hören, was dir geholfen hat oder was du anderen alleinerziehenden Mamas empfehlen würdest! 
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Jana Krest

Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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