Wie läuft eine vertrauliche Geburt ab?

Leider ist eine Schwangerschaft nicht immer ein Grund zur Freude. Manche Frauen leben in besonders schwierigen Verhältnissen oder fürchten sogar eine Gefahr für sich und das Baby. In solchen Fällen bietet eine vertrauliche Geburt die Möglichkeit, das Kind anonym zur Welt zu bringen, ohne auf medizinische Hilfe zu verzichten. Das Hilfsangebot soll Mutter und Baby eine geschützte und sichere Entbindung ermöglichen und gleichzeitig verhindern, dass Schwangere ihr Baby aus Überforderung heimlich bekommen, aussetzen oder im schlimmsten Fall sogar umbringen. Wie eine vertrauliche Geburt abläuft, ob sie zwingend eine Adoption nach sich zieht und alle anderen wichtigen Infos haben wir hier für dich zusammengestellt.

1. Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die vertrauliche Geburt ermöglicht Frauen in einer besonderen Notlage, ihre Schwangerschaft geheim zu halten und/oder das Baby anonym in einem Krankenhaus zur Welt zu bringen.
  • Vor, während und nach der Schwangerschaft werden die Frauen von Beratungsstellen unterstützt.
  • Von dieser Beratungsstelle bekommt die Schwangere ein Pseudonym, um ihre eigene Identität zu schützen.
  • Entscheidet sich eine Schwangere für eine vertrauliche Geburt, kommt der Bund für die Kosten von Entbindung, Vor- und Nachsorge auf.
  • Nach der Geburt übernimmt im Normalfall das Jugendamt die Vormundschaft.
  • Die Mutter muss ihr Baby nach einer vertraulichen Geburt nicht zwingend zur Adoption freigeben, hat aber die Möglichkeit dazu.

2. Definition: Vertrauliche Geburt – was ist das?

Wenn Frauen ihre Schwangerschaft geheim halten und/oder das Baby unter einem Pseudonym entbinden möchten, gibt es die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt. Der genaue Ablauf, die Voraussetzungen und Kosten sind im „Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt“ geregelt. Nimmt eine Schwangere das Hilfsangebot in Anspruch, kann sie nach der Geburt entscheiden, ob sie sich ein Leben mit ihrem Kind vorstellen kann oder es zur Adoption freigegeben werden soll.

An dem Verfahren selbst sind eine Reihe von Behörden beteiligt, wie zum Beispiel Beratungsstellen, Geburtskliniken, Hebammen, Jugend- und Standesämter, Adoptionsvermittlungsstellen und das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA)

Welche Gründe können für eine vertrauliche Geburt sprechen?

Frauen, die sich für eine vertrauliche Geburt entscheiden, tun dies häufig aufgrund schwieriger Lebenssituationen. Schlimmstenfalls besteht sogar eine Gefahr für das eigene Wohl und/oder für das Wohl des ungeborenen Babys. Um diesen Frauen und ihren Kindern den benötigten Schutz zu bieten, gibt es das Hilfsangebot der vertraulichen Geburt. Sie ermöglicht es den Schwangeren, das Baby sicher und anonym zu entbinden – im Krankenhaus, einem Geburtshaus oder zu Hause.

Und welche Nachteile kann eine vertrauliche Geburt haben?

Ein Nachteil der vertraulichen Geburt kann sein, dass der Ablauf mit sehr viel Bürokratie verbunden ist. Dadurch kann es sein, dass die Möglichkeit vielleicht nicht allen Schwangeren zur Verfügung steht, obwohl sie das Hilfsangebot vielleicht gerne in Anspruch nehmen würden.

Was ist der Unterschied zwischen anonymer und vertraulicher Geburt?

Im Gegensatz zur anonymen Geburt besteht für das Kind mit der Vollendung des 16. Lebensjahres die Möglichkeit, den Herkunftsnachweis einzusehen und damit die Personalien der leiblichen Mutter zu erfahren. Bei einer anonymen Geburt ist das nicht möglich.

3. Wie ist der Ablauf einer vertraulichen Geburt?

Gesteuert wird das Verfahren der vertraulichen Geburt von Schwangerschaftsberatungsstellen (gemäß §§ 3 und 8 SchKG) und besteht grundsätzlich aus zwei Stufen:

1. Stufe: Vor der Geburt

  • Betroffene Frauen wenden sich an eine geeignete Beratungsstelle (oder das Hilfetelefon) und werden umfassend über die vertrauliche Geburt informiert.
    Wichtig: Die Beratung ist eine Grundvoraussetzung, um das Hilfsangebot in Anspruch zu nehmen.
  • Die Beratungsstellen sind dafür zuständig, die Personalien der Schwangeren aufzunehmen.
  • Anschließend vermittelt die Beratungsstelle die Schwangere unter einem von ihr gewählten Pseudonym an eine Geburtsklinik und/oder Hebamme.
  • Das zuständige Jugendamt am Geburtsort des Kindes wird von der Beratungsstelle über den voraussichtlichen Geburtstermin sowie das Pseudonym der werdenden Mutter informiert.

2. Stufe: Nach der Geburt

  • Die Schwangere wird während der Geburt unter ihrem gewählten Pseudonym (medizinisch) im Krankenhaus, Geburtshaus oder zu Hause betreut.
  • Nach der Geburt übermittelt die Klinikleitung bzw. die Hebamme das Geburtsdatum sowie den Geburtsort des Kindes an die Beratungsstelle, welche die Daten in den Herkunftsnachweis (zusammen mit den Personalien der Mutter sowie dem gewünschten Vornamen des Kindes) einträgt und an die BAFzA schickt.
  • Das Standesamt stellt anschließend eine Geburtsurkunde für das Kind aus. Der beurkundete Name des Kindes wird zusammen mit dem Pseudonym der Mutter wiederum an das BAFzA weitergeleitet.

Beratungsstellen sind erste Anlaufpunkte für eine vertrauliche Geburt

Wer in Deutschland eine vertrauliche Geburt in Anspruch nehmen möchte, kommt um eine Beratungsstelle (zum Beispiel Pro Familia oder Diakonie) nicht drumherum. Diese dienen für Betroffene als zentrale Anlaufstelle und steuern das gesamte Verfahren. Sie informieren Schwangere kostenlos über Möglichkeiten, die infrage kommen könnten – unter anderem über die vertrauliche Geburt oder die Babyklappe.

Das Hilfetelefon für Schwangere erreichst du unter der Telefonnumer: 0800 – 40 40 020
Mehr Infos dazu findest du hier: Hilfetelefon für Schwangere

Ist bei einer vertraulichen Geburt ein Kaiserschnitt möglich?

Der Geburtsverlauf einer vertraulichen Geburt unterscheidet sich nicht von dem einer „normalen“ Entbindung. Das heißt, es spielt keine Rolle, ob das Kind im Rahmen einer natürlichen Geburt zur Welt kommt oder mithilfe eines KaiserschnittsWichtig: Untersuchungsergebnisse usw. werden stets unter dem Pseudonym der werdenden Mutter dokumentiert.

Was passiert, wenn der Rettungsdienst gerufen werden muss?

Benötigt die Schwangere einen Rettungsdienst (Blasensprung etc.), muss sie auch hier ihre Personalien nicht offenlegen, sondern bleibt weiterhin anonym. Die Rettungssanitäter sind angehalten, nicht nach der Krankenversicherungskarte zu fragen. Lediglich das Pseudonym der werdenden Mutter wird vermerkt. Alles Weitere klärt der Rettungsdienst dann mit der Beratungsstelle.

Jugendamt übernimmt nach einer vertraulichen Geburt die Vormundschaft

Nach einer vertraulichen Geburt ruht die mütterliche Sorge. Aus diesem Grund wird die zuständige Beraterin nach der Entbindung das zuständige Jugendamt informieren, das einen Vormund bestellt. Wichtig zu wissen ist, dass die Mutter ihr Baby anschließend nicht zur Adoption freigeben MUSS.

4. Welche Unterlagen brauche ich für eine vertrauliche Geburt?

Damit eine vertrauliche Geburt möglich ist, werden von der entsprechenden Beratungsstelle die Personalien der werdenden Mutter aufgenommen und als Herkunftsnachweis für das Kind sicher in einem Umschlag beim BAFzA aufbewahrt. Die persönlichen Daten sind also dementsprechend nachzuweisen. 

5. Wie sieht es bei einer vertraulichen Geburt mit der Kostenübernahme aus?

Alle Kosten, die im Zusammenhang mit der vertraulichen Geburt aufkommen, übernimmt der Bund. Dazu zählen nicht nur die Kosten für die Entbindung, sondern genauso die für Vor- und Nachsorge. Gleichzeitig muss die Schwangere nichts für die meist umfassende Unterstützung der Beratungsstellen bezahlen.

Hinweis: Das Krankenhaus bzw. die Einrichtung, in dem die Geburt und/oder die Geburtshilfe erfolgte, rechnet direkt mit dem Bund ab, der durch das „Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ vertreten wird.

6. Wird das Baby direkt nach der vertraulichen Geburt zur Adoption freigegeben?

Nein, nach einer vertraulichen Geburt muss nicht zwingend eine Adoption erfolgen. Zwar ruht die mütterliche Sorge, sodass das Jugendamt einen Vormund bestellt. Allerdings hat die leibliche Mutter die Möglichkeit, sich für oder gegen eine Freigabe zur Adoption zu entscheiden, und zwar bis ein Gericht die Adoption festlegt. Das ist meistens nach ungefähr einem Jahr der Fall.

Möchte die Mutter ihr Baby zur Adoption freigeben, leitet das Jugendamt ein entsprechendes Adoptionsverfahren ein. Das wird nach dem für Findelkinder geltenden Recht durchgeführt, wodurch der Aufenthaltsort der Mutter als „dauerhaft unbekannt“ gilt.

Kann sich die Mutter ein Leben mit ihrem Kind vorstellen, steht ihr diese Option ebenfalls offen. Dabei wird sie weiterhin von Beratungsstellen unterstützt, um bestehende Konflikte (weshalb sie beispielsweise den Weg der vertraulichen Geburt gewählt hat) zu lösen.

Wer sucht den Namen des Kindes für die Geburtsurkunde aus?

Auch bei einer vertraulichen Geburt darf die Mutter den Namen für ihr Kind aussuchen. Dieser wird von der Beratungsstelle zusammen mit dem Geburtsdatum und dem Geburtsort in den Herkunftsnachweis eingetragen.

Gewünschter Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort sowie das Pseudonym der Mutter gehen anschließend weiter ans Standesamt. Wichtig: Es wird vermerkt, dass es sich um eine vertrauliche Geburt handelt. Das Standesamt trägt das Kind unter den übermittelten Angaben in das Geburtenregister ein und stellt die Geburtsurkunde aus.

Anschließend wird der Herkunftsnachweis an das Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) weitergeleitet. Dort kann das Kind ihn im Normalfall mit 16 Jahren einsehen.

Welche Rechte hat der Vater?

Wird eine Entbindung als vertrauliche Geburt durchgeführt, ruht im Anschluss die mütterliche Sorge. Für die väterliche Sorge gilt dies jedoch nicht. Laut „Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt“ bleibt die elterliche Sorge des leiblichen Vaters unberührt. Die Beratungsstellen sind angehalten, die Schwangere darüber aufzuklären.

Ist der Vater des Kindes unbekannt, und/oder benennt die werdende Mutter diesen nicht, sind eine Anerkennung der Vaterschaft sowie eine gerichtliche Feststellung nach der Geburt nahezu unmöglich.

Ist nach einer vertraulichen Geburt eine Rückführung des Kindes grundsätzlich möglich?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist die Rückführung des Kindes nach einer vertraulichen Geburt denkbar. Dafür ist es jedoch notwendig, dass die leibliche Mutter ihre Anonymität ablegt. Gleichzeitig muss zweifelsfrei die Mutterschaft festgestellt werden. Ob es zu einer Rückführung des Kindes kommt, entscheidet (unter Berücksichtigung des Kindeswohls) zudem das dafür zuständige Familiengericht.

Hinweis: Gibt die leibliche Mutter ihre Anonymität auf, darf der Bund die entstandenen Kosten für die vertrauliche Geburt von der Krankenversicherung zurückzufordern.

7. Wo bekomme ich Infomaterial zur vertraulichen Geburt?

Wenn du dich genauer über die vertrauliche Geburt informieren möchtest, findest du alle wichtigen Infos in einer Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

8. Wissenswertes über die Möglichkeit der Adoption

Wenn du dich für eine Adoption interessierst, ob in Deutschland und/ oder im Ausland, kannst du dich bei uns über die wichtigsten Dinge informieren:

Hier haben wir noch mehr hilfreiche Tipps und wichtige Infos rund um die Themen Adoption, Pflegekinder und Leihmutter zusammengestellt.

Du möchtest dich innerhalb unserer Community über die Möglichkeit der Adoption austauschen? Dann komm in unsere geschlossene Facebook-Gruppe „Wir sind Echte Mamas – Unsere Fragen und Antworten“.

Wiebke Tegtmeyer

Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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