Erinnert ihr euch noch an die Sommer eurer Kindheit? Ich schon. Ich bin ein Kind der Neunziger (ja, wirklich!) und die Sommer damals waren magisch.
Inzwischen bin ich in einem Alter, in dem ich sagen darf: „Früher war alles besser!“ – und wenn es um die Sommermonate geht, dann mache ich das auch tatsächlich.
Vielleicht liegt es daran, dass ich auf dem Dorf aufgewachsen bin und meine Familie jetzt in einer Stadt lebt, aber die Sommer-Aktivitäten der Kinder haben sich sehr verändert.
Draußen gegen „Draußen“
Im Sommer wurden wir am Morgen rausgeschickt, wenn es dunkel wurde, mussten wir wieder reinkommen. Dazwischen rannten wir frei herum. Wenn uns heiß war, sprangen wir durch den Rasensprinkler. Aufpustbares Planschbecken? Unnötiger Luxus. Outdoor-Spiele gab es auch keine, wenn man mal vom Federball-Set absieht. Stattdessen spielten wir Ticken oder (Schuh)verstecken, bauten Baumhäuser aus nichts und Flugzeuge aus heruntergefallenen Ästen.
Wenn ich jetzt mit meinen Kindern nach „Draußen“ gehe, dann nicht ohne eine riesige Tasche voll mit Spielsachen und wir gehen nicht auf eine Wiese, sondern auf den Spielplatz. Dort wird geschaukelt und gerutscht, meine Kinder bauen mit mitgebrachten Sandspielsachen Burgen. Würde ich sie dort aber ganz alleine lassen? So völlig ohne erwachsene Aufsicht? Niemals! Damit bin ich nicht die einzige, die meisten anderen Kinder sind ebenfalls von Erwachsenen begleitet – bis sie um die 11, 12 Jahre alt sind.
Manchmal gehen wir auch zum städtischen Planschbecken oder ins Freibad, wo sie sich unter meinen wachsamen Augen im Wasser austoben dürfen. Man darf es vielleicht gar nicht erzählen, aber wir sind damals auch schon in der Grundschule alleine an den Baggersee und ins Freibad gefahren. Wenn ich nur daran denke, stellen sich mir schon die Nackenhaare auf! Was da alles hätte passieren können! Und doch war es normal. Wir waren frei wie die Vögel.
Freiheit gegen Aufsicht
Überhaupt wussten unsere Eltern fast nie, wo wir waren. Es gab keine Smartphones, nicht mal Handys. Hätten sie uns zwischendurch erreichen wollen, hätten sie uns suchen müssen. Und unter uns gesagt: Gut, dass sie das nicht getan haben….
Ich hingegen weiß immer, wo meine Tochter steckt, weil sie nirgends hindarf, ohne mir Bescheid zu sagen, wo sie ist und mit wem und wann sie wieder zurück ist. Und die Freundinnen meiner Tochter werden mit Smartwatches überwacht, damit auch deren Eltern immer wissen, wo sie stecken.
Manchmal zweifle ich an diesem System. Ich frage mich, ob unsere Kinder nicht ohne diese Überwachung glücklicher wären. Aber im gleichen Atemzug weiß ich, dass sich die Zeiten wirklich geändert haben und zu viele Kinder verschwinden. Und ich weiß, dass ich lieber als Helikopter-Mutter dastehe, als zuzulassen, dass das meinem Kind passiert.
Langeweile gegen Entertainment
An Regentagen war uns langweilig. So richtig. „Mamaaaaa, was soll ich nur tuuuuun?“, tönten wir alle paar Minuten. Interessiert hat die Mamaaaa das nicht wirklich. Sie machte weiter ihre Arbeit oder den Haushalt, völlig unbeeindruckt von unserer Qual der Langeweile. Sie machte Vorschläge wie „Lies doch ein Buch!“ oder „Üb‘ den Handstand!“, aber mehr passierte nicht. Weder reichte sie uns ein Tablet, noch ließ sie uns vor den Fernseher und schon gar nicht setzte sie sich hin und spielte mit uns. Rückblickend wäre besonders das Letztere manchmal sehr schön gewesen.
Allerdings sind sich Wissenschaftler weltweit einig, dass Langeweile gut für Kinder ist. Darum bemühe auch ich mich manchmal darum, nicht mitzuspielen, kein Tablet zu reichen und nicht den Fernseher einzuschalten. Oft klappt es nicht.
Meistens mache ich es sogar so, wie das die meisten Eltern machen, die ich kenne: Die Sommerferien sind für Ferienbetreuung da! Das Programmheft quillt jedes Jahr fast über, so viele Angebote gibt es, von Ponyreiten über Bastelwochen bis hin zu Schach oder Turnen – da muss man ja zuschlagen. Flugs sind die Kids angemeldet und dürfen die Ferien mit tollen Aktivitäten verbringen.
Terminplan gegen freie Zeit
Genau so sehen die Sommertage aus: Eine Aktivität folgt der nächsten. Wir laufen mit unseren Kindern von Spielplatz zu Spielplatz, vom Töpfern zum Zirkus, vom Rollschuhfahren zur Bücherei-Veranstaltung. Zwischendurch werden kleine Lern-Einheiten eingeschoben, damit die Schüler das Gelernte auf gar keinen Fall vergessen oder sogar schon den Stoff der nächsten Schulstufe beherrschen. Ja, ich mache das auch.
Meinen Eltern wäre davon nichts in den Sinn gekommen. Wir beschäftigten uns mit uns und unseren Freunden und dem, was wir eben so fanden. Den ganzen (!) Tag. Lediglich in der Woche vor Schulanfang mussten wir uns morgens nach dem Frühstück eine Stunde vor unsere Schulbücher setzen. Ob wir tatsächlich lasen oder rechneten oder einfach nur ins Leere starrten – pupsegal.
„Früher war eben wirklich alles besser!“ Oder!?